Rn 2

Trotz des Annahmeverzugs des Gläubigers wird der Schuldner von seiner Leistungspflicht nicht befreit (Grüneberg/Grüneberg § 300 Rz 1). Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aus dem Gesetz (§ 615, hierzu Schreiber JURA 09, 295) oder Treu und Glauben. Der Schuldner erhält aber grds nur die Möglichkeit, die Schuld nach §§ 372, 383, 303 zum Erlöschen zu bringen; ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht steht dem Schuldner nur zu, wenn im Verhalten des Gläubigers zugleich eine Pflichtverletzung liegt. § 300 I ordnet daher im Interesse des Schuldners eine Haftungserleichterung an; er hat im Gläubigerverzug nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

 

Rn 3

Die Haftungserleichterung bezieht sich auf den Untergang oder die Beschädigung des Leistungsgegenstandes, aber auch auf die in den Schranken des § 302 herauszugebenden Nutzungen (AnwK/Schmidt-Kessel § 300 Rz 3). § 300 I ist auf alle Schuldverhältnisse anwendbar (MüKoBGB/Ernst § 300 Rz 2); einschließlich des Rückgewährschuldverhältnisses (RG 56, 270; Köln NJW-RR 95, 53; Grüneberg/Grüneberg § 300 Rz 2) und der Obhutspflichten des Mieters (BGHZ 86, 208; BRHP/Lorenz § 300 Rz 3), Pächters oder Werkunternehmers (BGH MDR 58, 335; BRHP/Lorenz § 300 Rz 3; aA Soergel/Schubel § 300 Rz 10). Auch allenfalls konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung fallen in den Anwendungsbereich (Köln NJW-RR 95, 53 [OLG Köln 06.06.1994 - 19 U 150/93]; MüKoBGB/Ernst § 300 Rz 2). § 300 I kommt demgegenüber nicht zur Anwendung bei der Verletzung von Nebenpflichten iSd § 241 II (BGH LM § 651 Nr 3 Bl 2 R, Saarbr NJW-RR 02, 529 [OLG Celle 25.05.2000 - 14 U 34/99]; Grüneberg/Grüneberg § 300 Rz 2; MüKoBGB/Ernst § 300 Rz 2 mwN; aA RG 57, 107) oder bei Handlungspflichten wie Dienst- oder Arbeitsleistungen (AnwK/Schmidt-Kessel § 300 Rz 4).

 

Rn 4

Keine Auswirkung hat die Haftungsbeschränkung des § 300 I auf die Verteilung der Beweislast nach § 280 I 2. Der Schuldner trägt im Falle des Annahmeverzugs lediglich die Beweislast für solche Umstände, aus denen sich ergibt, dass weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Unmöglichkeit der Leistung führten (MüKoBGB/Ernst § 300 Rz 3; Erman/Hager § 300 Rz 4).

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