Gesetzestext

 

1Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks verpflichtet, so kann er nach dem Eintritt des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. 2Das Aufgeben muss dem Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, dass die Androhung untunlich ist.

 

Rn 1

Zweck dieser Norm ist die Entlastung des Schuldners (BRHP/Lorenz § 303 Rz 1). Befindet sich der Gläubiger im Annahmeverzug, ist es dem Schuldner nicht zumutbar, sich weiterhin um die herauszugebende Sache zu kümmern (Staud/Feldmann § 303 Rz 1). Daher berechtigt § 303 den Schuldner zur Besitzaufgabe eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks. Zur Besitzaufgabe an Mieträumen Naumbg NJW-RR 19, 647 [BGH 27.02.2019 - XII ZR 63/18].

 

Rn 2

Befreien kann sich der Schuldner nicht von der Verpflichtung der Eigentumsübertragung, da er nur zur Besitzaufgabe, dh zur Aufgabe der tatsächlichen Gewalt über die Sache, und nicht zur Aufgabe des Eigentums berechtigt ist (Soergel/Schubel § 303 Rz 2). Die Aufgabe des Besitzes befreit den Schuldner lediglich von der Pflicht zur Besitzübertragung und von der Haftung für das Schiff oder Grundstück (Grüneberg/Grüneberg § 303 Rz 2; MüKoBGB/Ernst § 303 Rz 2). Eine Übereignungspflicht bleibt indes weiterhin bestehen. Wenn der Schuldner den Besitz noch nicht aufgegeben hat, besteht seine Obhutspflicht unter Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung aus § 300 I fort (BGHZ 86, 208; BRHP/Lorenz § 303 Rz 6).

 

Rn 3

Der Besitzaufgabe hat eine Androhung vorauszugehen. Eine Androhung ist eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, auf die die §§ 130 ff anzuwenden sind (RGZ 73, 70 f; MüKoBGB/Ernst § 303 Rz 3). Die Androhung hat vor der Besitzaufgabe zu erfolgen, so dass der Gläubiger rechtzeitig einen möglichen Schaden von der Sache abwenden kann (Soergel/Schubel § 303 Rz 3). Die Androhung kann auch entbehrlich sein, wenn sie untunlich ist. Das ist der Fall, wenn die Androhung mit einem erheblichen Aufwand von Kosten, Mühen oder Zeit verknüpft ist, die dem Schuldner nicht zugemutet werden kann (§ 242). Die Beweislast der Untunlichkeit hat der Schuldner zu tragen.

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