Rn 30

Der Ersatzwagen ist idR (nämlich wenn nicht ein neuwertiger Wagen beschädigt worden ist; die Grenze liegt bei einer Fahrleistung von ca 1.000 km, BGH VersR 83, 658) ein Gebrauchtwagen. Der Geschädigte wird dem oft mit Misstrauen begegnen, schon weil er die Eigenarten des ihm fremden Fahrzeugs nicht kennt. Daher hat der BGH der Reparatur einen Vorrang vor der Ersatzbeschaffung zuerkannt: Reparatur soll verlangt werden können, wenn ihre Kosten nicht mehr als 130 % der Ersatzbeschaffungskosten ausmachen (s.o. Rn 9).

 

Rn 31

Der Geschädigte kann einem Ersatzwagen noch aus zwei weiteren Gründen krit gegenüberstehen: weil dieser nicht so gut gepflegt worden sei wie sein eigener, und weil dieser Wagen einen Zweithandwagen darstelle. Der BGH hat jedoch sowohl einen Risiko- (NJW 66, 1454) wie einen Zweithandzuschlag (NJW 78, 1373) abgelehnt. Stattdessen soll der Wiederbeschaffungswert so hoch bemessen werden, dass der Geschädigte ›einen ähnlichen Wagen nach einer gründlichen technischen Überprüfung von einem seriösen Gebrauchtwagenhändler erwerben und sich von diesem Händler für eine gewisse Zeit eine Werkstättengarantie geben lassen‹ kann (BGH NJW 66, 1454, 1455 [BGH 17.05.1966 - VI ZR 252/64]; NJW 78, 1373 [BGH 07.03.1978 - VI ZR 237/76]). Bei der Beschädigung eines Wagens mit einer Laufleistung bis 1.000 km ist die sog. ›Abrechnung auf Neuwagenbasis‹ möglich, also der Ersatz durch Neukauf. Dies gilt aber nur, wenn der Wagen erheblich beschädigt ist und ein Neufahrzeug auch tatsächlich angeschafft wurde (BGH NJW 09, 3222; 20, 3591 [BGH 29.09.2020 - VI ZR 271/19]).

 

Rn 32

Nach BGHZ 162, 161, 166 sollen den Wiederbeschaffungswert nicht mehr als 30 % übersteigende Reparaturkosten nur verlangt werden können, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der SV zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Nach BGHZ 115, 364, 372 f darf bei der Berechnung der 130 % der Restwert des beschädigten Fahrzeugs unbeachtet bleiben. BGH NJW 11, 669 [BGH 14.12.2010 - VI ZR 231/09] hat einen wirtschaftlichen Totalschaden verneint, wenn zwar nach Gutachten die 130 %-Grenze überschritten war, eine tatsächlich vorgenommene Reparatur aber darunter blieb; ebenso BGH NJW 12, 52 [BGH 15.11.2011 - VI ZR 30/11]; BGH NJW 22, 539 [BGH 16.11.2021 - VI ZR 100/20]. Nach BGH NJW 11, 1435 [BGH 08.02.2011 - VI ZR 79/10] bleibt es aber bei der Erstattung (nur) des Wiederbeschaffungsaufwandes, wenn erst die Gewährung eines Rabattes bei der Reparatur die 130 %-Grenze unterschreitet vgl auch Rn 9 und Rn 28. Gleiches gilt (also: kein Ersatz der Reparaturkosten), wenn nach Gutachten die 130 %-Grenze überschritten ist und der Geschädigte nur deshalb mit seiner tatsächlichen Reparatur unter 130 % bleibt, weil er Teile der gutachterlich empfohlenen Reparaturarbeiten unterlässt, BGH NJW 15, 2958 [BGH 02.06.2015 - VI ZR 387/14] (hier: Zierleisten wurden nicht ausgetauscht).

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