Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Neuwagenentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abrechnung auf Neuwagenbasis bei wirtschaftlichem Totalschaden.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Urteil vom 06.01.2011; Aktenzeichen 16 C 225/10 (13))

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Homburg vom 06.01.2011 – 16 C 225/10 (13) – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger beansprucht restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 22.08.2010 in … ereignet hat und für den die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer einstandspflichtig ist.

Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers erheblich beschädigt, das am 23.07.2010 erstmals zugelassen worden war und zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 1.674 km hatte. Ein vorprozessual beauftragter Kraftfahrzeugsachverständiger ermittelte in seinem Gutachten vom 24.08.2010 (Bl. 6 d.A.) die Reparaturkosten mit 26.899,82 EUR brutto, den Wiederbeschaffungswert mit 14.800,– EUR und den Restwert mit 2.650,– EUR. Dieses Gutachten ist von den Parteien nicht angegriffen worden. Am 03.09.2010 erwarb der Kläger ein baugleiches Neufahrzeug zu einem Preis von 18.060,01 EUR, das am 06.09.2010 erstmals zugelassen wurde. Am 22.09.2010 veräußerte er das Unfallfahrzeug zu einem Kaufpreis von 2.650,– EUR. Die Beklagte hat dem Kläger einen Betrag von 12.150,– EUR ersetzt (Wiederbeschaffungswert 14.800,– EUR abzüglich Restwert 2.650,– EUR).

Der Kläger hat erstinstanzlich einen Anspruch auf Ersatz der Anschaffungskosten des Neufahrzeuges abzüglich des erzielten Restwertes und der von der Beklagten erbrachten Zahlung, mithin 18.060,01 EUR – 2.650,– EUR – 12.150,– EUR = 3.260,01 EUR nebst Verzugszinsen sowie außergerichtliche Anwaltskosten auf der Grundlage einer 1,6-Geschäftsgebühr geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dass er Anspruch auf eine Neuwagenentschädigung habe. Auch in einem Totalschadensfall müsse eine Abrechnung auf Neuwagenbasis erfolgen können. Die Voraussetzungen dieser Abrechnungsart lägen vor. Sein Fahrzeug sei zwar schon mehr als 1.000 km gefahren. Die Fahrleistung sei aber neben der Erheblichkeit des Schadens und dem Zulassungsdatum nur eines von drei Kriterien der Abrechnung auf Neuwagenbasis, das lediglich eine Faustregel, aber kein Ausschlusskriterium darstelle. Erst bei einer Laufleistung von 3.000 km werde die absolute Grenze gezogen.

Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis hat die Beklagte mit der Begründung abgelehnt, dass das Fahrzeug bereits eine Laufleistung von über 1.600 km gehabt habe. Darüber hinaus komme eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht in Betracht, da Voraussetzung dieser Abrechnung der Eintritt eines reparaturwürdigen Schadens sei. Das sei bei einem wirtschaftlichen Totalschaden nicht der Fall.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht von einer Neuwertigkeit des Fahrzeugs auszugehen sei, da dessen Laufleistung zum Zeitpunkt des Unfalls bereits 1.674 km betragen habe. Der Kläger könne deshalb nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Anspruch in vollem Umfang weiter. Er rügt zunächst, dass sich das Amtsgericht mit der Frage, ob ein Anspruch auf Neuwagenentschädigung auch bestehe, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, nicht auseinandergesetzt habe. Im Übrigen habe das Amtsgericht ohne nachvollziehbares Argument anhand des Überschreitens der 1.000 km-Grenze die Neuwertigkeit des Fahrzeuges verneint. Demgegenüber habe der Bundesgerichtshof eine Neuwagenentschädigung auch bei einer Laufleistung zwischen 1.000 und 3.000 km als gerechtfertigt angesehen, wenn bei objektiver Betrachtung der frühere Zustand durch eine Reparatur auch nicht annähernd wiederhergestellt werden könne.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis komme bei einer Laufleistung von 1.000 km bis maximal 3.000 km nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliege, sei nicht dargelegt worden. Eine Ausnahme liege auch deshalb nicht vor, weil ein reparaturwürdiger Schaden überhaupt nicht eingetreten sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere als die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger keine Abrechnung auf Neuwagenbasis verlangen kann.

1. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Erstrichter im Ausgangspunkt angenommen, dass der Eigentümer eines Neuwagens im Falle von dessen Beschädigung unter Um...

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