Gesetzestext

 

Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.

A. Bestimmung.

 

Rn 1

Jeder Verein muss einen Sitz haben, der bedeutsam ist für Behördenzuständigkeiten (§§ 21, 22, 45 III, 55), den allg Gerichtsstand (§ 17 ZPO) sowie die Eigenschaft als inländischer oder ausländischer Verein. Grds wählt der Verein seinen Sitz frei durch Satzungsbestimmung (§ 57 I), sog Satzungssitz. Ein fiktiver Sitz soll zulässig sein (BayObLG NJW-RR 88, 96 [BayObLG 23.07.1987 - BReg. 3 Z 72/87]), wenn er nicht rechtsmissbräuchlich ist (etwa bei Unerreichbarkeit an seinem satzungsgemäßen Sitz, LG Berlin NJW-RR 99, 335 [LG Berlin 10.06.1998 - 84 T 372/98]). Denn der Vereinssitz soll gerade die Greifbarkeit des Vereins für Zustellungen und für die Gläubiger sicherstellen.

 

Rn 2

Der Sitz muss bestimmt sein und sich idR auf eine politische Gemeinde beziehen. Gibt es innerhalb einer Gemeinde mehrere Gerichtsbezirke (Hamburg, Berlin), muss der Sitz zB durch eine Straßenbezeichnung die gerichtliche Zuständigkeit erkennen lassen (vgl Hamm Rpfleger 77, 275, 278). Ein Doppelsitz ist ausgeschlossen, da das Interesse an einer effektiven Registerpraxis und an der Vermeidung widersprechender Eintragungen höher wiegt, als ein etwaiges Interesse des Vereins, dem es frei steht, seine Verwaltung an einem anderen Ort zu führen. Der Verwaltungssitz ist Vereinssitz bei fehlender oder unwirksamer Satzungsbestimmung. Entscheidend ist der Ort, an dem die Vereinsorgane (Vorstand) ihre Hauptaktivität entfalten (zB durch eine Geschäftsstelle). Weder Satzung noch ihr Änderungsbeschluss müssen das zuständige Registergericht angeben (Karlsr NZG 14, 109 [OLG Karlsruhe 16.10.2013 - 11 Wx 39/13]).

B. Sitzverlegung.

 

Rn 3

Sie bedarf der Satzungsänderung, die beim eV in das Vereinsregister einzutragen ist (§ 71) und beim konzessionierten Wirtschaftsverein der Genehmigung durch die Verleihungsbehörde bedarf (§ 33 II). Ein eV kann innerhalb Deutschlands seinen Sitz verlegen, mit Wechsel des Sitzes in ein anderes Bundesland verliert der rechtsfähige Wirtschaftsverein seine Rechtspersönlichkeit (Reichert/Wagner Kap 2 Rz 507). Zum registergerichtlichen Verfahren nach der Anmeldung s § 6 I VRV.

 

Rn 4

Sitzverlegung in das Ausland ist als Auflösung des Vereins zu werten, die nach § 6 III VRV einzutragen ist. Da Art 49, 50 AEUV nach Art 54 II AEUV nicht für Vereinigungen ohne Erwerbszweck gelten, bleibt es dabei auch angesichts der Rspr des EuGH zur Niederlassungsfreiheit im Gesellschaftsrecht (NJW 03, 3331), zumal diese nicht die Sitzverlegung betrifft (Zweibr NJW-RR 06, 42, 43 f, dazu krit Behrens ZEuP 07, 327 [OLG Zweibrücken 27.09.2005 - 3 W 170/05]). Umgekehrt haben auch ausländische Vereine aus dem EU-Bereich keinen Anspruch, unter Wahrung ihrer Identität bei Sitzverlegung nach Deutschland in das deutsche Vereinsregister eingetragen zu werden (Zweibr NJW-RR 06, 42), sie müssen die Anforderungen des deutschen Rechts für die Eintragung erfüllen, sodass die Eintragung eines Vereins aus einem EU-Mitgliedsstaat im Wege des grenzüberschreitenden Formwechsels nicht von vornherein ausscheidet (KG NZG 21, 429 [OLG München 03.12.2020 - 23 U 5742/19]).

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