Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Unternehmensverkauf ist der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet, den Käufer auch ungefragt über konkrete Vorkommnisse zu informieren, die gewichtige Anzeichen für eine anhaltende Krise der Gesellschaft sind, z.B. erhebliche Zahlungsrückstände, mehrfache Mahnungen und Liquiditätsengpässe. In gleicher Weise muss er ggf. deutlich und unmissverständlich darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe die Gesellschaft bislang nur negative Ergebnisse erzielt hatte.

2. Eine in einer unwahren, irreführenden Angabe des Verkäufers eines Unternehmens (hier u.a. die Aussage, dass das Ganze jetzt "wieder erheblich ins Plus" gehe, obwohl die Gesellschaft zuvor noch niemals ein positives Ergebnis erzielt hatte) liegende Täuschung entfällt nicht dadurch wieder, dass dem Käufer Geschäftsunterlagen übergeben werden, die ihrerseits kein klares, vollständiges Bild der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zeichnen.

3. Ein vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss betreffend Rechte und Ansprüche des Erwerbers wegen Mängeln erfasst grundsätzlich nicht die Haftung des Unternehmensverkäufers für schuldhafte Aufklärungspflichtverletzungen aus c.i.c.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 18.09.2019 in Ziffer 2 des Tenors abgeändert und neugefasst wie folgt:

1.1 Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 1) 50.000 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Beklagten zu 1) an der F. GmbH & Co. KG, übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von 4.250 EUR.

1.2 Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 2) 50.700 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Beklagten zu 2) an der F. GmbH & Co. KG, übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von 4.250 EUR.

1.3 Der Kläger zu 1) wird verurteilt, den Beklagten zu 2) von den sich aus der zwischen Herrn Rechtsanwalt D. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung vom 31.10.2018 ergebenden Verpflichtungen freizustellen, Zug um Zug gegen Übertragung der von den Beklagten an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligungen in Höhe von 4.250 EUR.

1.4 Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) verpflichtet ist, den Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Übernahme einer Kommanditbeteiligung an der F. GmbH & Co. KG entstanden ist und künftig noch entstehen wird, Zug um Zug gegen Übertragung der von den Beklagten an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligungen in Höhe von 4.250 EUR.

1.5 Im übrigen bleibt die Widerklage abgewiesen.

2. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Berufung des Klägers zu 1) und die sofortige Beschwerde der Klägerin zu 2) werden zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt aufgeteilt: Von den Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1) 87 %, der Beklagte zu 1) 3 % und der Beklagte zu 2) 10 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt der Beklagte zu 1) zu 3 % und der Beklagte zu 2) zu 10 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 1) zu 93 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 1) zu 83 %. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

5. Die Kostenentscheidung des Landgerichts wird aufgehoben. Die Kosten der ersten Instanz werden wie folgt aufgeteilt: Von den Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1) 44 %, die Klägerin zu 2) 19 %, der Beklagte zu 1) 13 % und der Beklagte zu 2) 24 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt der Beklagte zu 1) zu 3 % und der Beklagte zu 2) zu 10 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt der Beklagte zu 1) zu 23 % und der Beklagte zu 2) zu 39 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 1) zu 46 % und die Klägerin zu 2) zu 22 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 1) zu 41 % und die Klägerin zu 2) zu 16 %. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

6. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin zu 2).

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

8. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem gesellschaftsrechtlichen Notarvertrag, durch den die Beklagten von dem Kläger eine Kommanditgesellschaft, die eine Diskothek in B. betrieb, übernahmen.

Im Jahr 2012 war der Kläger zu 1) der alleinige Kommanditist der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. KG), sowie der einzige Geschäftsführer der Komplementärin, der F. GmbH. Die F. KG betrieb eine Diskothek in B. sowie zumindest bis zum 30.06.2013 auch die Cocktailbar K...

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