Gesetzestext

 

Der Erblasser kann von dem Erbvertrag zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Vertrag vorbehalten hat.

A. Zweck.

 

Rn 1

Entspr historischen Vorbildern erlaubt das BGB dem Erblasser, sich den Rücktritt vom Erbvertrag vorzubehalten. Der Vorbehalt macht den Erbvertrag nicht zu einem Testament. Ähnliche Wirkungen können durch eine auflösende Bedingung (§ 158 II) erreicht werden (FA-ErbR/Krause Kap 2 Rz 133).

B. Vertraglicher Rücktrittsvorbehalt.

 

Rn 2

Im Vertrag muss der Rücktritt vorbehalten sein. Die Parteien können ihn aber auch in einem Nachvertrag vereinbaren. Enthält dieser nur einen Rücktrittsvorbehalt, gilt § 2290 II, nicht § 2275 (MüKo/Musielak Rz 4). Das Rücktrittsrecht aus § 2293 kann mit anderen Worten bezeichnet werden (›widerrufen‹, ›aufheben‹). Der Vorbehalt, abw letztwillige Verfügungen errichten zu können, wird idR einen Änderungsvorbehalt (§ 2289 Rn 6), nicht den Vorbehalt, vom ganzen Vertrag zurückzutreten, meinen (BayObLG FamRZ 89, 1353, 1354). Eine Wiederverheiratungsklausel in einem Ehegattenerbvertrag enthält idR einen (stillschweigenden) Rücktrittsvorbehalt des Überlebenden.

C. Rücktrittsvorbehalt.

 

Rn 3

Er ist ein höchstpersönliches (§ 2296 I), nicht vererbliches Recht. Es erlischt mit dem Tod des Berechtigten (§§ 2065, 2279 I). Auch beim Tod des anderen Vertragspartners erlischt es im Zweifel beim gegenseitigen Erbvertrag bei Nichtausschlagung (§ 2298 II 2, III). Beim einseitigen Erbvertrag berührt der Tod nur die Form der Ausübung (§ 2297). Der Vorbehalt kann sich auf den ganzen Erbvertrag oder auf einzelne vertragsmäßige Verfügungen beziehen und auf bestimmte Fälle bezogen, bedingt oder befristet ausgestaltet sein (FA-ErbR/Krause Kap 2 Rz 130).

D. Ausübung.

 

Rn 4

Der Rücktritt wird durch einseitige Erklärung ausgeübt. Die Form des § 2296 II oder § 2297 muss erfüllt werden. Der Erblasser kann den Rücktrittsvorbehalt nach seinem Ermessen und auch nur teilweise, aber nicht bedingt ausüben. Die Ausübung bedarf nicht der Zustimmung des anderen Vertragschließenden. Dieser kann ausschlagen. Ihm kann schuldrechtlich ein Rücktrittsrecht, zB bzgl seiner Verpflichtung zur Unterhaltsleistung (vgl § 2295), eingeräumt werden. Dieses richtet sich nach §§ 346 ff (RGRK/Kregel Rz 2). Für den Erblasser gelten die §§ 346 ff grds nicht.

E. Einschränkungen.

 

Rn 5

Bei Rücktritt des Erblassers wegen nicht ordnungsgemäßer Pflichterfüllung kann nach Treu und Glauben eine vorherige Abmahnung erforderlich sein (Hamm DNotZ 99, 142 f), zB wenn der Vertragserbe den Erblasser nicht pflichtgemäß pflegt (BGH MDR 67, 993; Ddorf FamRZ 95, 58). Duldet der Erblasser (stillschweigend) das pflichtwidrige Verhalten und tritt nicht zurück, wird der Rücktritt unzulässig (Oldbg NdsRpfl 55, 191). Bei eindeutigen Pflichtwidrigkeiten ist keine Abmahnung nötig (BGH NJW 81, 2299 [BGH 22.01.1981 - IVa ZR 97/80]).

F. Wirkung.

 

Rn 6

Die vertragsmäßigen Verfügungen, auf die sich der vorbehaltene Rücktritt bezieht, werden mit Ausübung unwirksam. Andere im Vertrag enthaltene vertragsmäßige Verfügungen bleiben im Zweifel wirksam (§ 2279 I iVm § 2085). Werden alle vertragsmäßigen Verfügungen aufgehoben, gilt für die einseitigen § 2299 III. Vertragsmäßige Verfügungen vTw des Vertragspartners werden im Zweifel nach § 2298 II 1 aufgehoben. Tritt der Erblasser nur von einzelnen Verfügungen vTw zurück, gilt für vertragsmäßige und einseitige Verfügungen des Partners §§ 2085, 2279. Die Wirksamkeit mit dem Erbvertrag rechtlich zu einer Einheit verbundener Verträge nach Rücktritt richtet sich nach § 139; zur Weitergeltung eines verbundenen Ehevertrags (§ 2276 II) s BGH NJW 59, 625 [BGH 19.12.1958 - IV ZR 136/58]. Rücktrittsrecht und -ausübung hat zu beweisen, wer sich auf den Rücktritt beruft.

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