Gesetzestext

 

1Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten. 2Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. 3Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen.

A. Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Allg.

 

Rn 1

Die Vorschrift enthält den Kern der Vollstreckerbefugnisse, insb den Nachlass zu verwalten und über Nachlassgegenstände zu verfügen. Diese Verfügungsbefugnis wird flankiert von § 2211, wonach die Erben über Nachlassgegenstände nicht verfügen können, so dass das Verfügungsrecht dem Testamentsvollstrecker ausschließlich zugewiesen ist. Zusätzlich ist der Testamentsvollstrecker berechtigt, die Nachlassgegenstände in Besitz zu nehmen. Dies dient der Verwaltungsfunktion. Folgerichtig muss der Testamentsvollstrecker solche Nachlassgegenstände, die er für die Verwaltung des Nachlasses nicht benötigt, nach § 2217 I an den oder die Erben auf deren Verlangen herausgeben. IÜ aber muss der Erbe, der nach § 857 mit dem Erbfall den Besitz erwirbt, dem Testamentsvollstrecker den unmittelbaren Besitz nach § 2205 2 überlassen. Nach § 2041 (bei Miterben unmittelbar, beim Alleinerben analog) erstreckt sich die Verwaltung auch auf Ersatzgegenstände, die mit Mitteln der Erbschaft erworben werden (BGH NJW 68, 1824; Hamm ZEV 01, 275), aber nicht auf die Gegenleistung, die ein Erbe für den Verkauf seines Erbteils erhalten hat (Grüneberg/Weidlich Rz 26 mwN).

 

Rn 2

Der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt idR der gesamte Nachlass, soweit sich die Testamentsvollstreckung auf ihn bezieht. Dazu gehören ua Urheberrechte gem entspr letztwilliger Verfügung nach § 28 II UrhG (vgl Klingelhöffer ZEV 99, 421), Ausgleichsansprüche eines Handelsvertreters nach § 89b HGB (NK/Kroiß Rz 4 mwN), das Recht die Todeserklärung eines Beteiligten nach § 16 IIc VerschG zu beantragen (Staud/Dutta Rz 15), das Kündigungsrecht nach §§ 564, 580 (RGZ 74, 35), ein Pflichtteilsanspruch des Erblassers (BGH NJW 15, 59 [BGH 05.11.2014 - IV ZR 104/14]) und sogar der Schadensersatzanspruch nach § 2219 gegen einen früheren Testamentsvollstrecker (RGZ 138, 132). Versicherungen sind vom Testamentsvollstrecker zu kündigen, wenn das versicherte Interesse mit dem Tode des Erblassers weggefallen ist (zB private Kranken- und persönliche Haftpflichtversicherung, dazu genauer Staud/Dutta Rz 33). Andere Sachversicherungen (zB Gebäudeversicherung) sind als Versicherung für fremde Rechnung vom Testamentsvollstrecker fortzuführen. Lebens- und Unfallversicherungen fallen hingegen idR unmittelbar dem Bezugsberechtigten zu und gehören nach hM nicht zum Nachlass. Ausgenommen vom Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers sind persönliche Rechte, zu denen zB das Recht des Schenkungswiderrufs gehört (NK/Kroiß Rz 3). Beim fortwirkenden Persönlichkeitsrecht ist hingegen zu unterscheiden: Die vermögenswerten Bestandteile sind vom Testamentsvollstrecker zu verwalten (vgl BGHZ 143, 214), der auf der Würde des Menschen beruhende Kern des Persönlichkeitsrechts nicht.

 

Rn 3

Das Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers ist – abgesehen von 3 – gesetzlich unbeschränkt. Allerdings kann der Erblasser nach § 2208 I 1 Verfügungsbeschränkungen anordnen, nicht aber einen völligen Ausschluss des Verfügungsrechts. Außerdem sind die allg bei Geschäften mit Wirkung für andere geltenden Grenzen zu beachten: Auch für den Testamentsvollstrecker gilt § 181 (analog), obwohl er nicht Vertreter, sondern Inhaber eines Amtes ist (BGHZ 30, 67). Hiervon kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker jedoch testamentarisch (ausdrücklich oder nach Auslegung) befreien, soweit solche Geschäfte nach §§ 2216, 2220 iRd ordnungsgemäßen Verwaltung bleiben (BGH aaO).

B. Unentgeltliche Verfügung.

 

Rn 4

Unentgeltliche Verfügungen des Testamentsvollstreckers sind ohne Befreiungsmöglichkeit durch den Erblasser (arg § 2207 2) nach 3 idR unwirksam (zur Schenkungsvollmacht vgl Vor § 2197 Rn 3). Dies gilt auch für gemischte (teils entgeltliche, teils unentgeltliche) Verfügungen, und zwar insgesamt. Rechtsgrundlose Verfügungen sind nicht unentgeltlich. Wie zu §§ 816 I 2, 988 anerkannt, hat der Empfängerschutz richtigerweise Vorrang. Der Gegenstand der Verfügung wird dann durch den Bereicherungsanspruch surrogiert. Ob überhaupt Unentgeltlichkeit vorliegt, ist zunächst objektiv nach den Wertverhältnissen zu entscheiden, ohne dass es auf die Erkennbarkeit für den Geschäftspartner ankommt. Sodann ist zu prüfen, ob der Testamentsvollstrecker die (uU teilweise) Unentgeltlichkeit kannte oder hätte erkennen müssen (BGH NJW 63, 1613 [BGH 15.05.1963 - V ZR 141/61]; 91, 842 [BGH 24.10.1990 - IV ZR 296/89]). Verkauft der Testamentsvollstrecker zB zu einem für den Erwerber sehr günstigen Preis, um schnell zu einer Auseinandersetzung zu gelangen, liegt darin eine Ermessensentscheidung, die das Geschäft aus der maßgeblichen Sicht des Testamentsvollstreckers noch als (voll) entgeltlich erscheinen lässt. Str ist, ob es als unentgeltliche Verfügung zu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge