Gesetzestext

 

Ist jemand berechtigt, die Früchte einer Sache oder eines Rechts bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu beziehen, so gebühren ihm, sofern nicht ein anderes bestimmt ist:

1. die in § 99 Absatz 1 bezeichneten Erzeugnisse und Bestandteile, auch wenn er sie als Früchte eines Rechts zu beziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung von der Sache getrennt werden,
2. andere Früchte insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte in der Vergütung für die Überlassung des Gebrauchs oder des Fruchtgenusses, in Zinsen, Gewinnanteilen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung entsprechender Teil.
 

Rn 1

Die Vorschrift regelt die Verteilung der Früchte zwischen mehreren nacheinander fruchtziehungsberechtigten Personen, zB Veräußerer/Erwerber, Verpächter/Pächter, Erblasser/Vorerbe/Nacherbe (BGHZ 81, 8, 13). Sie gibt dem im Innenverhältnis Berechtigten einen unmittelbaren schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Fruchtzieher. Obwohl die Norm auf die Berechtigung zur Fruchtziehung abstellt, besteht der Anspruch nur, wenn die Früchte auch tatsächlich gezogen worden sind. Die bloße Möglichkeit der Fruchtziehung genügt nicht (BGH NJW 95, 1029 [BGH 10.01.1995 - VI ZR 247/94]). Für die Frage des Eigentums an den Früchten gelten die §§ 953 ff. Eine anderweitige Bestimmung durch Gesetz (§§ 987 II, 1039, 1214, 2111, 2133), Vertrag (BGH NJW 98, 1315 [BGH 08.12.1997 - II ZR 236/96]) oder Verfügung von Todes wegen hat Vorrang. Beweispflichtig ist derjenige, der sich hierauf beruht.

 

Rn 2

Unmittelbare Sachfrüchte (§ 99 I) gebühren demjenigen, der im Zeitpunkt ihrer Trennung der Berechtigte ist, auch wenn ihm diese als Rechtsfrüchte zustehen. Bei anderen Früchten (§ 99 II, III) differenziert das Gesetz. Grds tritt an die Stelle der Trennung die Fälligkeit. Eine Ausnahme gilt für regelmäßig wiederkehrende Erträge. Diese stehen unabhängig von der Fälligkeit dem Berechtigten zeitanteilig für die Dauer seiner Berechtigung zu. Hierunter fallen Miet- und Pachtzinsen, aber auch Zinsen und Gewinnanteile (Schlesw ErbR 22, 709 [OLG Schleswig 08.12.2021 - 9 U 86/20] Rz 113), die in Ihrer Höhe auch variieren können, sofern sie nur fortlaufend sind. Erfasst werden schließlich auch Renten (nach § 1199), Leistungen aufgrund einer Reallast (§ 1105) oder Entschädigungen für Überbau (§ 912 II). Für die Gewinnausschüttung bei Veräußerung von GmbH-Anteilen kann ein Gleichlauf von § 102 Nr 2 Hs 2 und § 20 V EStG nach BFH DStR 18, 1756 [BFH 13.03.2018 - IX R 35/16], durch die Vereinbarung einer Vorab-Gewinnverteilung erzielt werden (dazu Wanner/Laufer NJW 19, 1269. Zur analogen Anwendung des § 101 Nr. 2 2 Hs auf den Ausgleichsanspruch beim Squeeze-out BGH NZG 11, 701 und 780; Köln ZIP 10, 519; Wackerbarth EWiR 10, 377; Dreier/Riedel BB 09, 1822; Mennicke/Leyendecker, BB 10, 1426; Bödeker/Fink NZG 11, 816; Bayer/Schmidt ZHR 178, 150.

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