Rn 11

Der Gläubiger hat die Nichtvornahme bzw die unvollständige und unzureichende Vornahme der geschuldeten Leistung trotz Handlungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Vollstreckung (hM; statt vieler Köln MDR 03, 114) und vergeblicher Aufforderung darzulegen. Andere, auch nachträglich entstandene, Einwendungen gegen den titulierten Anspruch können nur mit Rechtsmitteln gegen diesen Titel oder im Wege des § 767 geltend gemacht werden (LAG Köln 8.4.21 – 6 Ta 34/21 Rz 13; LAG Hessen 3.8.21 – 10 Ta 56/21 Rz 25).

1. Erfüllungseinwand.

 

Rn 12

Ein Erfüllungseinwand des Schuldners ist vom Prozessgericht im Rahmen des Verfahrens nach § 888 zu berücksichtigen (unstr, vgl nur BGH NJW-RR 13, 1336 f [BGH 06.06.2013 - I ZB 56/12], BGH NJW-RR 11, 470, 471 [BGH 20.01.2011 - I ZB 67/09], Saarbr ZEV 14, 170, Ddorf FGPrax 17, 118 [BGH 21.02.2017 - II ZB 16/15] Rz 18; LAG Köln BB 17, 1011 [LAG Köln 14.02.2017 - 12 Ta 17/17]; München AfP 18, 436 [OLG München 14.08.2018 - 18 W 1166/18]; Kobl ZEV 18, 413 [OLG Köln 16.04.2018 - 17 W 39/18] Rz 13; LAG Berlin-Brandenburg 8.11.18 – 21 Ta 1443 Rz 30; LAG Köln 8.4.21 – 6 Ta 34/21; München FamRZ 21, 258 Rz 22; zum früheren Streit mwN BGH NJW 05, 367, 369; LG Berlin NZM 13, 360). Der Erfüllungseinwand kann also während des anhängigen Verfahrens nicht vom Schuldner im Wege des § 767 geltend gemacht werden (München FamRZ 21, 258, 260 Rz 21 ff). Für die Präklusion gilt § 767 II entsprechend (LG Berlin NZM 13, 360 Rz 8). Dass erfüllt wurde, muss mit den begrenzten Erkenntnismöglichkeiten des Vollstreckungsverfahrens zur Überzeugung des Gerichts feststehen (VGH BaWü ZUR 20, 555, 556 [VGH Baden-Württemberg 14.05.2020 - 10 S 461/20] Rz 9). Im Vollstreckungsverfahren ist zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin die Verpflichtung bestand und ob das Urteil zu Recht ergangen war (LAG Köln 8.4.21 – 6 Ta 34/21 Rz 13). Gleichwohl erfolgt im Vollstreckungsverfahren keine ›Prüfung light‹ des Erfüllungseinwands (München FamRZ 21, 258 Rz 22). In ähnlicher Weise wie im Fall des § 362 I BGB ist ein Einwand nach § 888 unbegründet, wenn titulierte Pflicht des Schuldners eine Dauerverpflichtung ist (Karlsr 17.1.20 – 12 U 27/19 Rz 25 ff).

 

Rn 12a

Beispiele zum Erfolg/Misserfolg des Erfüllungseinwands in der Sache: Eine Verpflichtung, Zugang zum vollständigen Benutzerkonto einer Person bei Facebook zu gewähren, wird erfüllt, indem ein USB-Stick mit einer 14.000-seitigen PDF-Datei übergeben wird (BGH FamRZ 20, 1756). Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses ist erst dann erfüllt, wenn das Zeugnis die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers trägt (ArbG Bonn 17.5.21 – 3 Ca 2321/20 Rz 2, insoweit nicht beanstandet durch LAG Köln 11.8.21 – 3 Ta 106/21); der Zusatz ›iV‹ schadet nicht (LAG München 12.7.21 – 3 Ta 160/21 Rz 17). Für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben genügen keine abstrakten Angaben (›das gesamte Anlagevermögen‹), erforderlich sind konkrete Zahlen (Kobl ZEV 22, 91 Rz 4). Bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses sind Nachlassgegenstände grds einzeln und übersichtlich darzustellen; Gegenstände von offensichtlich geringem Wert können in Gruppen zusammengefasst werden, sofern diese Darstellung übersichtlich ist (LG Mainz 18.3.21 – 5 O 126/20 Rz 14; insoweit nicht beanstandet von Kobl 26.4.21 – 12 W 145/21).

 

Rn 12b

Es darf kein Zwang bei der Vollstreckung von Auskunftsansprüchen angewendet werden, wenn die Auskunft in formaler Hinsicht vollständig und hinreichend substanziiert ist, aber ihre Richtigkeit in Zweifel steht (Köln DGVZ 18, 235). Ein Auskunftstitel kann nach Erteilung einer Auskunft mit Erfüllungswirkung auch bei Zweifeln an deren Richtigkeit nicht mehr vollstreckt werden (BayObLG NZG 22, 118 Rz 31 – gilt auch im aktienrechtlichen Erzwingungsverfahren, ebd Rz 33 ff). Es bleibt daher nur die eidesstattliche Versicherung gem §§ 259 II, 260 II, 261 BGB; ggf iVm §§ 410 Nr 1, 411 I FamFG (vgl nur LG Dortmund 7.6.21 – 9 T 126/21 Rz 2; AG Fürth (Odenwald) 25.3.22 – 1 C 362/20 Rz 7). Wegen dieser Möglichkeit ist das Recht des Auskunftsgläubigers auf effektiven Rechtsschutz nicht unangemessen beeinträchtigt (BayObLG NZG 22, 118 Rz 32). Anders verhält es sich bei einer offensichtlich unvollständigen Auskunft, in diesem Fall kann der Auskunftsanspruch nach § 888 weiterverfolgt werden (Frankf NJW-RR 16, 960 [BGH 03.03.2016 - I ZR 245/14]; NJOZ 21, 1108 Rz 12; Kobl 26.4.21 – 12 W 145/21 Rz 5; Frankf GRUR-RR 21, 477 Rz 8).

 

Rn 13

Nach rechtskräftigem Abschluss des Zwangsmittelverfahrens muss der Schuldner den Erfüllungseinwand stets nach § 767 vorbringen (Karlsr FamRZ 06, 284, 285; Zweibr FamRZ 98, 384).

2. Unmöglichkeitseinwand.

 

Rn 14

Aus dem Erfordernis der ausschl Abhängigkeit vom Willen des Schuldners folgt ferner, dass diese im Zeitpunkt der Zwangsmittelfestsetzung (Celle MDR 98, 923, 924) noch durchführbar sein muss und nicht objektiv oder subjektiv unmöglich sein darf (BGH MDR 09, 468 Rz 13). Im Fall vorübergehender Unmöglichkeit ist die Zwangsvollstrec...

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