Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Zwangsvollstreckungsverfahren wegen der Erteilung eines Arbeitszeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO ist bei erhobenemErfüllungseinwand hinsichtlich der titulierten Verpflichtung zur Zeugniserteilung (nur) zu prüfen, ob den formellen und inhaltlichen Mindestanforderungen an ein Arbeitszeugnis genügt ist.

2. Eine polemische und ironisch formulierte Leistungsbeurteilung genügt diesen Mindestanforderungen nicht. Ein derartiges "Zeugnis" erfüllt den titulierten Anspruch zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses nicht.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 24.11.2016; Aktenzeichen 7 Ca 3337/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.11.2016, 7 Ca 3337/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.146.- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Gläubigerin hat am 21.09.2015 Kündigungsschutzklage gegen den Schuldner erhoben. Im Gütetermin am 19.10.2015 haben die Parteien einen Beendigungsvergleich geschlossen, welcher die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 15.10.2016 sowie eine Abfindungszahlung vorsah. Ziffer 5) des Vergleichs lautet:"Der Beklagte wird der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis erteilen". Der Vergleich ist nach Ablauf der Widerrufsfrist rechtskräftig geworden.

Ein Zeugnis ist in der Folgezeit durch den Schuldner nicht erteilt worden.

Am 17.08.2016 hat die Gläubigerin deswegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, beim Arbeitsgericht beantragt.

Auf die erfolgte Anhörung hat der Schuldner unter dem 01.09.2016 über seine Prozessbevollmächtigte mitteilen lassen, Zahlung werde erfolgen, wenn die Gläubigerin Kleidung herausgebe. Eine Stellungnahme zum titulierten Zeugnis erfolgte nicht.

Das Arbeitsgericht hat unter dem 28.09.2016 darauf hingewiesen, dass der Zwangsvollstreckungsantrag begründet erscheint und eine Zwangsgeldfestsetzung angedroht. Der Schuldner hat hierauf unter dem 28.10.2016 mitteilen lassen, unter gleichem Datum sei nunmehr ein Zeugnis an die Gläubigerin übermittelt worden.Ein Zeugnistext wurde zunächst nicht beigefügt.

Die Gläubigerin hat unter dem 17.11.2016 mitteilen lassen, es sei kein Zeugnis eingegangen.

Daraufhin hat das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.11.2016 gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 500.- Euro - im Fall der Uneinbringlichkeit ersatzweise für jeweils 100.- Euro Zwangsgeld einen Tag Zwangshaft - zur Erzwingung der titulierten Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Schuldner die titulierte Verpflichtung nicht erfüllt habe.

Gegen den ihm am 05.12.2016 zugestellten Beschluss hat der Schuldner am 06.12.2016 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe versucht, der Gläubigerin auf dem Postweg ein Zeugnis zuzuleiten, dieses sei jedoch unter der bekannten Anschrift der Gläubigerin nicht zustellbar gewesen.

Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens hat der Schuldner der Gläubigerin alsdann ein auf den 27.10.2016 datiertes, mit "Zeugnis" überschriebenes Schreiben mit nachfolgendem Inhalt übermittelt (Bl. 67 d. A.):

"Aktenzeichen 7 Ca 2005/16 oder 413/15T der Kanzlei L

Zeugnis

Fr. N H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt.

Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Fr. H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt.

Wir wünschen Fr. H für die Zukunft alles Gute."

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 05.01.2017 nicht abgeholfen und dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das mit dem Wort "Zeugnis" überschriebene Schreiben vom 27.10.2016 stelle kein Arbeitszeugnis, sondern eine "Provokation" dar.

II.

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

1.) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß 793 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG statthaft. Sie wurde darüber hinaus form- und fristgerecht eingelegt.

2.) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat gegen den Schuldner zu Recht wegen der Nichterfüllung der titulierten Verpflichtung, ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, ein Zwangsgeld und ersatzweise Zwangshaft in nicht zu beanstandender Höhe festgesetzt.

a) Bei der titulierten Verpflichtung zur Zeugniserteilung handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist. Bei Nichterfüllung ist Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft durch das Prozessgericht festzusetzen.

b) Der Schuldner hat die titulierte Verpflichtung zur Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses nicht erfüllt. Das Schreiben vom 27.10.2016 stellt keine Erfüllung des Zeugnis...

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