Gesetzestext

 

Werden im Urkundenprozess Ansprüche aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes geltend gemacht (Wechselprozess), so sind die nachfolgenden besonderen Vorschriften anzuwenden.

A. Besonderheiten des Wechselprozesses.

 

Rn 1

Der Wechselprozess ist eine auf Vereinfachung und weitere Beschleunigung gerichtete Unterart des Urkundenprozesses. Er folgt daher den §§ 592 ff, soweit sich aus den § 603–605 nichts anderes ergibt. Die wichtigsten Besonderheiten sind die zusätzlichen Gerichtsstände des § 603 und die Verkürzung der Ladungsfristen gem § 604 II, III. Bezüglich der Wechselvorlegung und der Nebenforderungen gibt es Beweiserleichterungen (§ 605). In Abweichung von § 592 können als Ansprüche aus Wechseln auch Nichtzahlungsansprüche eingeklagt werden. Die Klage muss die Erklärung enthalten, dass im Wechselprozess geklagte werde (§ 604 I). Der weiteren Beschleunigung dient auch § 227 III Nr 4, wonach es im Wechsel- oder Scheckprozess (nicht aber auch im Nachverfahren) keine zwingende Terminsverlegung in der Zeit der früheren Gerichtsferien gibt. In der Zwangsvollstreckung findet eine Aussetzung der Verwertung gepfändeter Sachen nicht statt, § 813b VI. Bei der Kammer für Handelssachen (vgl §§ 95 I Nr 2 und 3, 96, 98 GVG) entscheidet der Vorsitzende, § 349 II Nr 8. Eine umfassende Schiedsabrede hindert bei sachgerechter Auslegung eine Klage im Wechselprozess regelmäßig nicht; sie ist erst im Nachverfahren erheblich (BGH NJW 94, 136; BGHZ 165, 376, 380).

B. Ansprüche aus Wechseln.

 

Rn 2

Klagefähig im Wechselprozess sind nur solche Ansprüche, die sich unmittelbar aus dem Wechsel (der nach den Regeln des Urkundenprozesses nicht notwendig im Original vorgelegt werden muss, vgl § 592 Rn 14) ergeben. Das sind die Ansprüche auf Zahlung der Wechsel- oder Rückgriffssumme (Art 48 WG) gegen alle Wechselverpflichteten (Art 8, 9, 15, 28, 32, 58 I WG), wohl auch der Bereicherungsanspruch aus Art 89 WG (vgl MüKoZPO/Braun/Heiß § 602 Rz 7), die Ansprüche aus einem abhandengekommenen Wechsel gem Art 90 I 2 WG und § 1018 I sowie die Ansprüche auf Erteilung oder auf Aushändigung einer Ausfertigung gem Art 64 III bzw 66 I 2 WG und auf Herausgabe der Urschrift gem Art 68 I 2 WG. Aktivlegitimiert sind auch Anspruchsinhaber ohne wechselmäßige Legitimation wie Erben, Zessionare oder Pfändungspfandgläubiger. Entsprechend ist die Passivlegitimation auch für Bekl begründet, die nicht kraft Unterschrift auf dem Wechsel, aber kraft Gesetzes für die wechselmäßige Verbindlichkeit haften, zB Erben (§ 1967 I BGB), Geschäftsübernehmer (§ 25 I HGB), OHG-Gesellschafter (§ 128 HGB) oder Komplementäre (§ 161 HGB).

C. Streitgegenstand und Urteil.

I. Streitgegenstand.

 

Rn 3

Im Wechselprozess ist Streitgegenstand allein der wechselrechtliche Anspruch. Dieser kann nicht zugleich (hilfsweise) im Urkundenprozess oder im ordentlichen Verfahren eingeklagt werden. Wohl aber kann der Anspruch aus dem Grundgeschäft im Urkunden- oder im ordentlichen Verfahren auch neben dem Wechselprozess geltend gemacht werden.

II. Wechsel der Verfahrensart.

 

Rn 4

Der Übergang vom Wechsel- in den Urkundenprozess ändert als solcher den Streitgegenstand nicht. Er ist jederzeit möglich, und zwar, anders als die Abstandnahme vom Urkundenprozess (vgl § 596 Rn 5), ohne weiteres auch im Berufungsverfahren (BGH NJW 93, 3135, 3136 [BGH 23.09.1993 - XI ZR 206/92]; vgl § 596 Rn 7). Umgekehrt ist dann auch ein Übergang vom Urkunden- in den Wechselprozess ebenso möglich (MüKoZPO/Braun/Heiß § 602 Rz 9). Eine nach § 603 begründete Zuständigkeit bleibt beim Übergang in den Urkundenprozess bestehen (Wieczorek/Schütze/Olzen § 602 Rz 10; aA St/J/Berger § 596 Rz 20).

III. Urteil.

 

Rn 5

Die Klagestattgabe erfolgt wegen Art 39 I WG nur Zug um Zug gegen Aushändigung des quittierten Wechsels; sie ist selbst bei Weglassung dieses Ausspruchs so zu verstehen (RGZ 37, 1, 5; Musielak/Voit/Voit § 602 Rz 8). Kann der eingeklagte Wechselanspruch nicht bejaht werden, etwa weil es an einem formgültigen Wechsel fehlt, ist die Klage als unbegründet (§ 597 I) abzuweisen (BGHZ 82, 200, 208). Die Forderung aus dem Grundgeschäft wird davon nicht erfasst; sie kann der Kl, bei Umdeutbarkeit des formungültigen Wechsels in einen Schuldschein auch im Urkundenprozess, nach wie vor einklagen (Musielak/Voit/Voit § 597 Rz 6; Wieczorek/Schütze/Olzen § 597 Rz 25).

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