Gesetzestext

 

(1) 1Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. 2Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) 1Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. 2Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. 3Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) 1Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. 2Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

A. Allgemeines (Abs 1 S 1).

 

Rn 1

Der Berufungsbeklagte, der in der 1. Instanz wenigstens tw unterlegen ist, kann seinerseits unter den Voraussetzungen des § 511 II Berufung einlegen. Hat er jedoch auf das Rechtsmittel verzichtet (§ 515) oder es nicht innerhalb der Monatsfrist des § 517 eingelegt, ist ihm dieser Weg grds versperrt. Er muss sich darauf beschränken, die Verwerfung oder Zurückweisung der Berufung des Gegners anzustreben.

 

Rn 2

Mit dem Institut der Anschlussberufung erhält der Berufungsbeklagte die Möglichkeit, auch ohne eigene Hauptberufung die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu seinen Gunsten herbeizuführen (BGH NJW-RR 04, 1502 [BGH 23.06.2004 - IV ZB 9/04]). Dies entspricht den Geboten der prozessualen Billigkeit, damit auch die zunächst das Urt des erstinstanzlichen Gerichts akzeptierende Partei dessen Änderung erreichen kann, wenn der Gegner dasselbe Ziel für sich beansprucht, und der Waffengleichheit, damit außer dem Berufungskläger auch der Berufungsbeklagte in der Berufungsinstanz neue Ansprüche verfolgen kann.

 

Rn 3

Für den Berufungskläger besteht die Gefahr, dass nicht nur sein Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt, sondern dass durch einen Erfolg der Anschlussberufung die erstinstanzliche Entscheidung zu seinen Ungunsten korrigiert wird. Dem kann er sich nur durch die Zurücknahme der Berufung (§ 516) entziehen, die allerdings seine Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Berufungsrechtsstreits zur Folge hat (§ 516 III 1). Somit hat die Möglichkeit der Anschlussberufung auch einen gewissen Disziplinierungseffekt; die tw unterlegene Partei muss wegen der Gefahr der Verschlechterung genau prüfen, ob sie das Rechtsmittel einlegt.

B. Anschließung.

I. Voraussetzungen.

 

Rn 4

Zwingende Voraussetzung für die Einlegung der Anschlussberufung ist, dass der Gegner bereits Berufung eingelegt hat; vorher gibt es noch keinen Berufungsbeklagten und auch kein Rechtsmittel, dem er sich anschließen kann. Eine verfrühte Anschlussberufung ist wirkungslos; sie wird jedoch ohne weiteres wirksam, wenn der Gegner später eine zulässige Berufung einlegt. Dies ist die Folge der Rechtsnatur der Anschlussberufung; sie ist kein Rechtsmittel, sondern eine Antragstellung innerhalb des von dem Berufungskläger in Gang gesetzten Berufungsverfahrens (s nur BGHZ 109, 41, 45).

 

Rn 5

Die Einlegung der Anschlussberufung setzt weiter voraus, dass die Berufung des Gegners nicht zurückgenommen, verworfen oder sonst erledigt ist. Legt der Berufungsbeklagte in diesen Fällen gleichwohl Anschlussberufung ein, ist die Anschließung wirkungslos.

 

Rn 6

Auf die Zulässigkeit und Begründetheit der Berufung des Berufungsklägers kommt es nicht an. Schließt sich der Berufungsbeklagte einer unzulässigen oder von vornherein unbegründeten Berufung des Gegners an, ist die Anschließung wirksam; sie verliert ihre Wirkung erst, wenn die Berufung des Gegners verworfen (§ 522 I) oder durch Beschl zurückgewiesen (§ 522 II) wird (Abs 4).

 

Rn 7

Die Anschlussberufung kann auch hilfsweise für den Fall eingelegt werden, dass die ebenfalls eingelegte Hauptberufung wegen Fristversäumung unzulässig ist (BGH NJW-RR 04, 1502f). Ist in diesem Fall die Hauptberufung tatsächlich unzulässig, darf sie gleichwohl nicht verworfen werden; denn die Hauptberufung und die hilfsweise eingelegte Anschlussberufung gelten als dasselbe Rechtsmittel, das im Ergebnis nur auf eine sachliche Überprüfung des angefochtenen Urteils gerichtet und über das einheitlich zu entscheiden ist (BGH NJW-RR 04, 1502, 1503 [BGH 23.06.2004 - IV ZB 9/04]). Auch für den Fall, dass der Antrag des Berufungsbeklagten auf Zurückweisung der Berufung des Gegners ohne Erfolg bleibt, kann er sich hilfsweise dieser Berufung anschließen (vgl BGH BeckRS 21, 10633 Rz 16) selbst wenn damit nur eine Klageerweiterung vorgenommen wird.

 

Rn 8

Eine unzulässige Hauptberufung des Beklagten kann auch ohne die hilfsweise erklärte Anschließung (Rn 7) in eine zulässige Anschlussberufung umgedeutet werden; dafür ist es notwendig, dass die Umdeutung von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt ist (BGH NJW-RR 16, 445 [BGH 02.02.2016 - VI ZB 33/15]). Umgekehrt ist auch die Auslegung eines als Anschlussberufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Hauptberufung möglich (...

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