Gesetzestext

 

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) 1Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. 2Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. 3Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) 1Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. 2Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2. die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3. die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4. die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1. die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2. eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

A. Begründungszwang (Abs 1).

 

Rn 1

Der Begründungszwang ist Zulässigkeitsvoraussetzung. Er dient in erster Linie dazu, dem Berufungsgericht und dem Berufungsgegner Klarheit darüber zu verschaffen, in welchem Umfang und aus welchen Gründen das erstinstanzliche Urt angefochten wird. Zugleich soll der Berufungskläger bzw sein Prozessbevollmächtigter veranlasst werden, anhand der Berufungsgründe die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu überdenken und ggf von der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens Abstand zu nehmen. Beides wird allerdings nicht in jedem Fall erreicht; denn die Ergänzung der Berufungsgründe ist außer in den Fällen des § 530 zulässig.

 

Rn 2

Einfache Streitgenossen (§§ 59, 60) müssen ihr Rechtsmittel jeweils gesondert begründen; es kann jedoch ein Streitgenosse auf die Begründung des/der anderen Streitgenossen Bezug nehmen, soweit die Begründungen übereinstimmen. Anders ist es beim Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62); es reicht aus, wenn einer der Streitgenossenschaft die Berufung begründet.

 

Rn 3

Der Nebenintervenient (§ 66) kann die von der Hauptpartei eingelegte Berufung ebenso begründen wie die Hauptpartei die Berufung des Nebenintervenienten.

B. Begründungsfrist (Abs 2).

I. Dauer, Beginn und Berechnung.

 

Rn 4

Die zweimonatige Frist zur Begründung der Berufung ist mangels gesetzlicher Bezeichnung (vgl § 224 I S 2) keine Notfrist. Sie beginnt mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils (dazu § 517 Rn 5 ff), welches angefochten werden soll, spätestens jedoch mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. Damit knüpft der Fristbeginn an dasselbe Ereignis an wie die Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517). Zur Fristberechnung und zu weiteren Einzelheiten des Laufes der Frist wird auf die Erläuterungen in § 517 Rn 2–15 verwiesen. Ob die Frist eingehalten ist, hat das Berufungsgericht ggf im Wege des Freibeweises zu klären (BGH NJW-RR 12, 509, 510 [BGH 22.12.2011 - VII ZB 35/11]).

 

Rn 5

Wurde dem Berufungskläger für die Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt (s § 517 Rn 17 f), ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die Bewilligung nach dem Ablauf der Begründungsfrist oder so kurz davor erfolgte, dass eine sachgerechte Begründung nicht mehr fristgemäß möglich war (§ 233). Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag beträgt einen Monat (§ 234 I 2); sie beginnt mit dem Zugang des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses. Die Berufung ist innerhalb derselben Frist zu begründen (§ 236 S 2). Somit ist die Begründungsfrist einen Monat kürzer als in einem Berufungsverfahren ohne Prozesskostenhilfeantrag des Berufungsklägers. Diese Ungleichbehandlung von bemittelten und mittellosen Rechtsmittelführern ist angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts hinzunehmen (vgl BGH NJW 06, 2857, 2858 [BGH 29.06.2006 - III ZA 7/06]).

II. Fristverlängerung.

 

Rn 6

Die Begründungsfrist kann verlängert werden, wenn der Berufungskläger dies vor ihrem Ablauf durch einen an das Berufungsgericht gerichteten schriftlichen Antrag seines Prozessbevollmächtigten (vgl § 519 Rn 3) beantragt hat. Einen solchen Verlängerungsantrag enthält der bloße Antrag, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, nicht (BGH MDR 10, 164, 165). Die D...

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