Gesetzestext

 

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift stellt strenge formale Anforderungen an die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen das Berufungsverfahren in Gang gesetzt werden kann. Dies ist gerechtfertigt, weil mit der rechtzeitigen Einlegung der Berufung der Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils gehemmt wird (§ 705 S 2). Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bedarf der Eintritt dieser Rechtsfolge einer eindeutigen und ohne weiteres nachzuweisenden Willenserklärung desjenigen, der seine aus dem erstinstanzlichen Urt folgende Beschwer (§ 511 Rn 17 ff) beseitigt haben will. Da jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art 2 I iVm Art 20 III GG, Art 19 IV, 103 I GG) die Hürden für den Zugang zur Berufungsinstanz nicht zu hoch gelegt werden dürfen (vgl nur BVerfGE 110, 339, 342 [BVerfG 04.05.2004 - 1 BvR 1892/03]), lässt die Rspr Abweichungen von der Formstrenge zu, wenn sich – ggf im Wege der Auslegung – aus dem Schriftsatz ergibt, wer gegen welches Urt Berufung einlegen will und gegen wen sich das Rechtsmittel richten soll.

B. Berufungsschrift.

I. Schriftform.

 

Rn 2

Abs 1 stellt klar, dass die Berufung schriftlich eingelegt werden muss. Eine telefonische oder mündliche Berufungseinlegung reicht nicht aus, auch wenn letztere – was in der Praxis kaum denkbar ist – von dem Berufungsgericht zu Protokoll genommen wird. In Verbindung mit der Regelung in Abs 4 ergibt sich, dass die Berufungsschrift nicht unbedingt im Original, sondern auch per Telefax (vgl § 130 Nr 6) dem Berufungsgericht übermittelt werden kann. Die Übermittlung per Telegramm, Fernschreiber und Computerfax ist ebenfalls zulässig. Ein elektronisches Dokument (E-Mail) wahrt dagegen nicht die gesetzliche Form (BGH NJW-RR 09, 357 [BGH 04.12.2008 - IX ZB 41/08]). Seit dem 1.1.22 sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anl sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen RA eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln, § 130d S 1. Das gilt auch für die Berufungsschrift (vgl § 519 Abs 4).

II. Anwaltszwang.

 

Rn 3

Da nur die Landgerichte und die Oberlandesgerichte als Berufungsgerichte tätig werden (§§ 72, 119 GVG), müssen sich die Parteien des Berufungsverfahrens nach § 78 I durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Dieser muss bei dem Berufungsgericht zugelassen sein; anderenfalls fehlen ihm dort die Postulationsfähigkeit und damit die Befugnis, wirksame Prozesshandlungen vorzunehmen. Da die Berufung wirksam nur bei dem Berufungsgericht eingelegt werden kann, muss bereits die Berufungsschrift von einem dort zugelassenen Rechtsanwalt stammen. Dessen Postulationsfähigkeit muss bei der Vornahme der Prozesshandlung gegeben sein (BGH NJW 05, 3773, 3774 [BGH 11.10.2005 - XI ZR 398/04]). Das ist hier der Zeitpunkt, in welchem er die Berufungsschrift unterzeichnet und auf den Weg zum Berufungsgericht bringt; bis zum Eingang dieses Schriftsatzes bei dem Gericht braucht die Postulationsfähigkeit nicht anzudauern (BGH NJW 90, 1305).

 

Rn 4

Hat ein nicht postulationsfähiger Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet, kann die Berufungseinlegung von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt – auch konkludent – genehmigt werden; Voraussetzung hierfür ist, dass der postulationsfähige Rechtsanwalt den Mangel der Berufungsschrift erkannt hat und ihn bewusst beseitigen will, und dass er dies schriftsätzlich tut (BGH NJW-RR 99, 855, 856). Allerdings wird hierdurch der Mangel nicht rückwirkend geheilt (BGHZ 111, 339, 343f). Deshalb muss die Genehmigung innerhalb der noch laufenden Berufungsfrist erfolgen.

 

Rn 5

Ist der nicht postulationsfähige Rechtsanwalt als amtlich bestellter Vertreter des postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten tätig geworden, muss sich sein Handeln als Vertreter aus einem Vertretungszusatz oder wenigstens aus den dem Berufungsgericht erkennbaren Umständen hinreichend deutlich ergeben (BGH NJW 05, 3415 [BGH 28.07.2005 - III ZB 56/05]).

 

Rn 6

Wie jeder Prozessbevollmächtigte, kann auch der Berufungsanwalt nur aufgrund einer wirksamen Prozessvollmacht für die Partei handeln (§ 85 I). Fehlt es daran, ist die Einlegung der Berufung bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel schwebend unwirksam. Sie kann bis dahin von der Partei genehmigt werden, also auch nach dem Ablauf der Berufungsfrist; damit wird der Mangel der fehlenden Vollmacht rückwirkend, somit von Anfang an geheilt (BGH NJW 95, 1901, 1902 [BGH 10.01.1995 - X ZB 11/92]).

III. Unterschrift.

 

Rn 7

Die Regelung in Abs 4 verleitet zu der Annahme, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen vorbereitende...

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