Rn 4

Die Beweisaufnahme muss vor dem für die Entscheidung zuständigen Spruchkörper erfolgen. Dies ist entweder das Kollegialgericht in seiner vollen Besetzung (BGHZ 32, 233, 236: nicht nur zwei Mitglieder) oder der Einzelrichter, sofern dieser gem § 348 originär zuständig ist oder ihm die Entscheidung gem §§ 348a, 526 übertragen wurde. Anders als in der Berufungsinstanz (§ 527 I 2) können bei einer Entscheidung der Zivilkammer auch einzelne Beweisaufnahmen nicht einem vorbereitenden Einzelrichter übertragen werden (BGH NJW 00, 2024, 2025 [BGH 15.03.2000 - VIII ZR 31/99]). Richter und Beweismittel müssen sich persönlich und gleichzeitig am Ort der Beweiserhebung aufhalten. Die gesetzlich nunmehr vorgesehene Möglichkeit audiovisueller Übertragungen gem § 128a II bleibt davon unberührt.

 

Rn 5

Nach einem Richterwechsel soll nach gefestigter Rspr eine erneute Beweisaufnahme nicht zwingend erforderlich sein (BGH NJW 18, 1261 Rz 10; 17, 1313 Rz 28; BGHZ 53, 245, 257). Dagegen weist St/J/Berger (Rz 12) zu Recht darauf hin, dass dadurch letztlich nur ein Urkundenbeweis anstelle des beantragten unmittelbaren Zeugenbeweises erhoben wird, dies auch dem in BGHZ 32, 233, 236 anerkannten Verbot einer Beweisaufnahme nur durch Teile des Spruchkollegiums widerspricht und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Unmittelbarkeitsprinzips häufig nicht vorliegen werden (s.a. schon Wax LM Nr 3 zu § 309). Auch nach der Rspr dürfen aber nur aktenkundige, dh regelmäßig nur protokollierte Umstände etwa zur Glaubwürdigkeit eines Zeugen oder zur Augenscheinseinnahme verwertet werden. Will der geänderte Spruchkörper davon abweichen oder sich auf nur formlos weitergegebene Informationen stützen, muss der Beweis erneut erhoben werden (BGH NJW 17, 1313 [BGH 18.10.2016 - XI ZR 145/14] Rz 28; BGH NJW 97, 1586f).

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