Gesetzestext

 

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) 1Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. 2Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Einspruchsfrist hat dieselbe Funktion wie die Rechtsmittelfristen (Mot zur CPO, 234 = Hahn/Mugdan, Materialien, 297). Sie bestimmt, wann die Rechtskraft eines Versäumnisurteils eintritt (BGH NJW 76, 1940 [BGH 21.06.1976 - III ZR 22/75]). Mit einheitlichen Fristen von zwei Wochen nach Abs 1 (und von einer Woche in arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 59 S 1 ArbGG), die verfassungsrechtlich unbedenklich sind (BVerfGE 36, 298, 303 [BVerfG 15.01.1974 - 2 BvL 9/73]), sollte die Praktikabilität erhöht werden (Mot aaO). Bei Auslandszustellungen gilt seit Juni 2017 eine Mindesteinspruchsfrist von einem Monat (Abs 2). Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Schuldner vom Ausland auf das Versäumnisurteil reagieren muss (vgl Begr BTDrs 18/10714, 19; s zur Gesetzeshistorie BeckOKZPO/Toussaint Rz 11.1).

B. Zwei-Wochen-Frist (Abs 1).

I. Voraussetzungen der Frist.

 

Rn 2

Der Lauf der Einspruchsfrist setzt die Zustellung einer Ausfertigung des Versäumnisurteils nach § 317, § 313b I, II voraus, wodurch sichergestellt wird, dass die beschwerte Partei von der Entscheidung Kenntnis nehmen kann (BGHZ 164, 347, 353). Nicht ausreichend ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Versäumnisurteils (allg BGHZ 186, 22, 25; zum VU Stuttg Justiz 12, 39, 40; s zur Heilung aber Rn 4). Die Zustellung des Sitzungsprotokolls nach § 159 ff enthält nur dann auch die des Versäumnisurt nach § 317 I, VI, wenn dem zugestellten Schriftstück eindeutig und zweifelsfrei entnommen werden kann, dass es nicht nur Niederschrift der Verhandlung, sondern zugleich auch Urteilsausfertigung ist. Die Einspruchsfrist beginnt bei verkündeten Versäumnisurt mit der Zustellung an die unterlegene Partei nach § 317 I 1, bei den im schriftlichen Vorverfahren ergangenen Versäumnisurt mit der letzten der die Verkündung nach § 310 III ersetzenden Zustellungen (BGH NJW 94, 3359, 3360 [BGH 05.10.1994 - XII ZB 90/94]).

 

Rn 3

Die Zustellung muss grds nach den §§ 166 ff wirksam sein (BGH NJW 84, 57 [BGH 11.07.1983 - II ZR 114/82]). Die Frist beginnt daher nicht zu laufen, wenn entgegen § 172 nicht an den Prozessbevollmächtigten zugestellt wurde (BGH NJW 81, 1673, 1674). Eine Ausnahme soll für die nach § 170 I 2 unwirksamen Zustellungen gelten, die entgegen § 170 I 1 nicht an den ges Vertreter einer nicht prozessfähigen Person erfolgten. (BGHZ 104, 109, 111; 176, 74, 76; 200, 9, 14 stRspr; aA AG Hamburg-Harburg NJW-RR 98, 791; Eyinck MDR 08, 1255; MüKoZPO/

Häublein § 170 Rz 5). Für die Praxis ist von der st Rspr auszugehen. Vor dem Hintergrund, dass der Lauf der Einspruchsfrist grds eine wirksame Zustellung des VU voraussetzt und die an die Verkündung anknüpfenden Vorschriften (§§ 517, 548) hier keine Anwendung finden, überzeugt es jedoch nicht, dass eine unwirksame Zustellung an die nicht prozessfähige Partei wegen der besonderen Ausgestaltung der Nichtigkeitsklage bei mangelhafter Vertretung einer Partei (§ 578 I, § 579 I Nr 4, § 586 III) und des Gebots der Rechtssicherheit dennoch den Lauf der Einspruchs- und Rechtsmittelfristen auslösen soll. Die prozessunfähige Partei sollte in den Fällen des § 170 I 2 vielmehr dadurch geschützt werden, dass die Einspruchsfrist nach § 339 und die Frist für die Nichtigkeitsklage nach § 586 I erst mit einer wirksamen Zustellung gemäß § 586 III zu laufen beginnen. § 578 I hätte hier nur die Wirkung, dass die Nichtigkeitsklage so lange nicht zulässig ist, wie das VU noch mit dem Einspruch angefochten werden kann. Die Unwirksamkeit der Zustellung sollte stets dieselbe Rechtsfolge haben, dass die daran anknüpfende Frist für einen Rechtsbehelf nicht läuft. Der prozessunfähigen Partei bliebe unabhängig davon die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage erhalten, wenn sie in den Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß vertreten war. Damit wäre auch die Ungereimtheit beseitigt, als derselbe Fehler zu einer unterschiedlichen Anfechtbarkeit des VU führen kann.

Die Belehrung nach § 232 S 2 ist dagegen nicht Voraussetzung für den Lauf der Einspruchsfrist (BGH NJW 11, 522, 524 zu § 338 S 2 aF). Diese beginnt auch nach erneuter Zustellung mit einer fehlerhaften Belehrung nicht neu zulaufen (BGH NJW 12, 2588, 2592 [BGH 26.06.2012 - VI ZR 241/11]). Zur möglichen Wiedereinsetzung s Rn 7.

 

Rn 4

Eine unwirksame Zustellung wird nach § 189 geheilt, wenn das Versäumnisurteil vAw (BGH VersR 10, 1520, keine Heilung bei fehlerhafter Zustellung im Parteibetrieb) zugestellt werden sollte und der Partei zugegangen ist, an die es zuzustellen war (BGH NJW 03, 1192, 1193). Die Frist beginnt dann in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der tatsächliche Zugang n...

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