Rn 27

Das Gericht kann die Zustellung der Widerklageschrift nicht von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig machen, da ein solcher nicht zu leisten ist (vgl § 12 II Nr 1 GKG; für Familiensachen vgl § 14 II FamGKG). Ausländer und Staatenlose müssen keine Sicherheit leisten (§ 110 II Nr 4). Die Widerklageschrift hat das Gericht zuzustellen (§ 261 II; s § 261 Rn 8, dort auch zur Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Die Zustellung der Widerklageschrift kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die Klage sei nicht rechtshängig, wenn die Zustellung der Klageschrift verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (Frankf OLGR 07, 512f). Ein etwaiges Güteverfahren iSd § 15a II Nr 1 EGZPO ist nicht durchzuführen. Ein gesondertes schriftliches Vorverfahren über die Widerklage ist nicht zulässig, denn die Widerklage setzt begrifflich ein bereits bestehendes Klageverfahren voraus. Deswegen scheidet auch ein Versäumnisurteil über die Widerklage nach § 331 III aus. Wird die Widerklage erhoben, obwohl die Hauptklage nicht bzw nicht mehr rechtshängig ist (s Rn 10), so ist sie zwar als Widerklage unzulässig, kann aber jedenfalls in der 1. Instanz nicht automatisch als unzulässig abgewiesen werden (so aber BGH NJW-RR 92, 1085 [BGH 12.05.1992 - XI ZR 251/91]; NJW-RR 01, 60 [BGH 18.04.2000 - VI ZR 359/98]; BAG AP Nr 2 zu § 167 ZPO; offen BGH NJW 00, 2512 [BGH 19.04.2000 - XII ZR 334/97]). Ein solches Vorgehen würde insb den Prinzipien des § 139 zuwiderlaufen. Da der ursprüngliche Rechtsstreit nicht mehr fortgesetzt werden kann, ist die ›Widerklage‹ daher mit den entsprechenden verfahrensrechtlichen Folgen (so ist etwa im Kostenrecht § 12 I GKG anzuwenden und nicht § 12 II GKG) als selbstständiges Verfahren zu führen und der Widerklageantrag als selbstständiger Klageantrag zu behandeln (Zweibr FamRZ 99, 941, 942; Celle FamRZ 81, 790, 791 mit Verweis auf RGZ 22, 419, 420; Musielak/Voit/Heinrich Rz 7). Einem (etwaigen) Interesse des Widerklägers, seinen Antrag nicht im Wege einer selbstständigen Klage weiter zu verfolgen, kann problemlos durch einen rechtzeitig erteilten Hinweis auf das beabsichtigte Vorgehen Rechnung getragen werden. Dies erscheint allemal vorzugswürdig gegenüber einer schlichten Untätigkeit gegenüber einer eingereichten Klage (so aber Hambg MDR 95, 526 [OLG Hamburg 03.06.1994 - 11 U 62/93]; Stuttg OLGR 03, 395, 396; Zö/Schultzky Rz 13). Auch die kostenmäßige Behandlung der Widerklage ist bei der hier vertretenen Auffassung weniger problembehaftet als bei einer Abweisung der Widerklage als unzulässig oder bei einer schlichten Untätigkeit. Das gilt nicht nur im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, sondern auch im Hinblick auf die Streitwertfestsetzung, gerade wenn Fristen zur Streitwertänderung bzgl der Hauptklage abgelaufen sind.

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