Gesetzestext

 

(1) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen

1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt,
2. in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie nach den landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne des Artikels 124 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt,
3. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind,
4. in Streitigkeiten über Ansprüche nach Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
5. Der Kläger hat eine von der Gütestelle ausgestellte Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen. Diese Bescheinigung ist ihm auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei Monaten das von ihm beantragte Einigungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf

1. Klagen nach den §§ 323, 323a, 324, 328 der Zivilprozessordnung, Widerklagen und Klagen, die binnen einer gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Frist zu erheben sind,
2. [aufgehoben],
3. Wiederaufnahmeverfahren,
4. Ansprüche, die im Urkunden- oder Wechselprozess geltend gemacht werden,
5. die Durchführung des streitigen Verfahrens, wenn ein Anspruch im Mahnverfahren geltend gemacht worden ist,
6. Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere nach dem Achten Buch der Zivilprozessordnung.

Das Gleiche gilt, wenn die Parteien nicht in demselben Land wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben.

(3) Das Erfordernis eines Einigungsversuchs vor einer von der Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entfällt, wenn die Parteien einvernehmlich einen Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, unternommen haben. Das Einvernehmen nach Satz 1 wird unwiderleglich vermutet, wenn ein Verbraucher eine Verbraucherschlichtungsstelle, eine branchengebundene andere Gütestelle oder eine andere Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder der Innung angerufen hat.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung gehören die Kosten der Gütestelle, die durch das Einigungsverfahren nach Absatz 1 entstanden sind.

(5) Das Nähere regelt das Landesrecht; es kann auch den Anwendungsbereich des Absatzes 1 einschränken, die Ausschlussgründe des Absatzes 2 erweitern und bestimmen, dass die Gütestelle ihre Tätigkeit von der Einzahlung eines angemessenen Kostenvorschusses abhängig machen und gegen eine im Gütetermin nicht erschienene Partei ein Ordnungsgeld festsetzen darf.

(6) Gütestellen im Sinne dieser Bestimmung können auch durch Landesrecht anerkannt werden. Die vor diesen Gütestellen geschlossenen Vergleiche gelten als Vergleiche im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Landesgesetzgeber können gem § 15a I bestimmen, dass bei bestimmten Streitigkeiten vor Klageerhebung ein obligatorisches Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle durchgeführt werden muss. Bezweckt ist eine Entlastung der Justiz. Ferner dient die Vorschrift der Förderung der einvernehmlichen Beilegung von Streitfällen, die hierfür besonders geeignet erscheinen, weil durch ein Güteverfahren eine Lösung schneller und kostengünstiger herbeigeführt und der Rechtsfrieden besser wiederhergestellt werden kann (BTDrs 14/980, 5). Eine Reihe von Bundesländern hat zT befristete Schlichtungsgesetze erlassen (abgedr im Schönfelder Ergbd Nr 104 ff).

B. Anwendungsbereich.

I. Systematik.

 

Rn 2

Der sachliche Anwendungsbereich der Öffnungsklausel wird zunächst in Abs 1 S 1 positiv umschrieben, indem diejenigen Streitigkeiten aufgelistet werden, bei denen die Landesgesetzgeber obligatorische Güteverfahren vorsehen dürfen (s allg zu § 15a Deckenbrock/Jordans MDR 13, 945 ff). Abs 2 nimmt anschließend bestimmte Verfahrensarten vom Geltungsbereich aus. Den Ländern steht es frei, im Rahmen dieser Vorgaben, von der Ermächtigung ganz oder tw Gebrauch zu machen (vgl Abs 5).

II. Katalog umfasster Streitigkeiten (Abs 1 S 1).

1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten bis 750 EUR.

 

Rn 3

Ein obligatorisches Güteverfahren kann eingeführt werden in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht bei Streitwerten bis einschließlich 750 EUR (Nr 1). In diesen Fällen steht die wirtschaftliche Bedeutung der Sache in keinem angemessenen Verhältnis zum Kosten- und Zeitaufwand eines gerichtlichen Verfahrens (BTDrs 14/980, 6). Die Bemessung des Gegenstandswerts richtet sich nach §§ 3 ff ZPO. Steht der Kl der Durchführung eines Güteverfahrens skeptisch ggü, kann er durch Einleitung eines Mahnverfa...

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