Rn 3

Die im Rahmen der am 1.11.12 in Kraft getretenen Neufassung neu geschaffene Tatbestandsvariante des § 32b I Nr 2 führt zu einer ›moderaten‹ Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 32b auf Klagen gegen Anlageberater und -vermittler, die auf vorvertragliche (§§ 241 II, 311 II, III BGB) oder vertragliche Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung durch Verwendung falscher oder irreführender öffentlicher Kapitalmarktinformationen oder diesbezüglich unterlassene Aufklärung gestützt werden (BTDrs 17/8799, 14 und 27; BGH Beschl v 1.12.16 – X ARZ 180/16, Rz 13 – juris). Für eine Prospekthaftung im weiteren Sinne, die unmittelbar aus § 311 II und III BGB oder aus einem Auskunfts- oder Beratungsvertrag folgen kann, kommt eine Zuständigkeit gem § 32b I allein nach dessen Nr 2 in Frage (BGH Beschl v 1.12.16 – X ARZ 180/16, Rz 13 – juris). Für die Zuständigkeit nach § 32b I Nr 2 reicht aus, wenn nach dem Klägervortrag eine öffentliche Kapitalmarktinformation verwendet wurde, wobei unerheblich ist, ob dies durch Prospektübergabe oder sonst wie geschah (BGH Beschl v 8.12.15 – X ARZ 573/15, Rz 14 – juris). Nicht genügt, wenn die Klage gegen den Anlageberater darauf gestützt wird, er habe die in einer öffentlichen Kapitalmarktinformation aufgeführten Risiken verschwiegen (BGH Beschl v 30.7.13 – X ARZ 320/13, Rz 30 f – juris). Die Voraussetzungen des § 32b I Nr 2 können erfüllt sein, wenn der Kl aufgrund eines nach seinem Vorbringen fehlerhaften Prospekts beraten wurde, welchen die Bank zu seiner Beratung verwandt hat, auch wenn der Prospekt ihm, dem Kl, erst nach dem Vertragsabschluss überlassen wurde (Hamm, Beschl v 14.4.15 – I-32 SA 11/15 – juris). Deswegen ist für eine Verwendung die körperliche Vorlage eines Prospekts nicht zwingend erforderlich, sofern ein hinreichender Bezug zu der öffentlichen Kapitalmarktinformation gegeben ist (Hamm Beschl v 16.3.15 – I-32 SA 6/15 – juris). Sind später gerügte Prospektangaben in das Beratungsgespräch nicht eingeflossen, liegen die Voraussetzungen nicht vor (Hamm Beschl v 31.8.15 – I-32 SA 33/15 – juris). Allerdings ist für diesbezügliche Klagen der Gerichtsstand des § 32b nur eröffnet, wenn sie im Wege der Klagehäufung mit einer Klage gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft verbunden werden (BGH Beschl v 1.12.16 – X ARZ 180/16 Rz 11 – juris; zur Definition dieser Tatbestandsmerkmale: BGH Beschl v 30.7.13 – X ARZ 320/13 Rz 10 f – WM 13, 1643; Hamm Beschl v 8.4.13 – I-32 SA 6/13 – MDR 13, 871f). Bei ›isolierten‹ Klagen gegen Anlageberater oder -vermittler greift § 32b mithin auf Grund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers nicht ein, da dieser es nicht für sinnvoll erachtete, in diesen Fällen einen ausschließlichen Gerichtsstand am Sitz des Emittenten, des Anbieters oder der Zielgesellschaft zu eröffnen, weil der Sitz/Wohnsitz des Anlageberaters/-vermittlers für den Kl regelmäßig günstiger gelegen sein wird (BTDrs 17/8799, 27; BGH Beschl v 30.7.13 – X ARZ 320/13 Rz 23 – WM 13, 1643 ff; Hamm Beschl v 6.2.17 – 32 SA 80/16 –, juris; Hamm Beschl v 16.3.15 – I-32 SA 6/15 – juris; krit: Schneider/Heppner BB 12, 2702, 2706). Ebenso wenig greift § 32b bei Klagen gegen Anlageberater oder -vermittler ein, die auf Beratungs- oder Aufklärungsfehler ohne Bezug zu öffentlichen Kapitalmarktinformationen gestützt werden (BTDrs 17/8799, 17; BGH Beschl v 30.7.13 – X ARZ 320/13 Rz 30 – WM 13, 1643 ff).

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