Gesetzestext

 

(1) 1Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. 2Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) 1Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. 2Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Dem engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Wiedereinsetzung und der nachgeholten Prozesshandlung trägt Abs 1 S 1 durch den Grundsatz der verfahrensmäßigen Verbindung, also der gleichzeitigen Abhandlung, Rechnung. Im Hinblick auf die Verfahrensökonomie stellt Abs 1 S 2 es jedoch in das Ermessen des Gerichts, das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung zu beschränken.

Zu beachten ist, dass eine Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzen kann (BGH MDR 18, 883). Das Rechtsmittelgericht trifft zudem Hinweispflichten. Schenkt es einer eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der Wiedereinsetzung keinen Glauben, muss es den die Wiedereinsetzung Begehrenden darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, entsprechenden Zeugenbeweis anzutreten. Zudem ist dann die Prüfung veranlasst, ob nicht bereits in der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung zugleich ein Beweisangebot auf Vernehmung des Erklärenden als Zeugen zu den darin genannten Tatsachen liegt (BGH FamRZ 21, 537; vgl auch BGH FamRZ 20, 618).

B. Einzelheiten des Verfahrens.

I. Vorabentscheidung über Wiedereinsetzung.

 

Rn 2

Ob das Gericht von der Möglichkeit der Vorabentscheidung Gebrauch macht, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit.

1. Bewilligung.

 

Rn 3

Ist Wiedereinsetzung nach Auffassung des Gerichts ohne weiteres zu bewilligen, wird es idR sinnvoll sein, dies vorab auszusprechen, jedenfalls, wenn die Hauptsache noch nicht entscheidungsreif ist. Dem Gegner muss zuvor – selbstverständlich – rechtliches Gehör zu dem Wiedereinsetzungsgesuch gewährt werden. Nur im umgekehrten Fall, dass das Gesuch abgelehnt wird, ist eine Anhörung des Gegners nicht erforderlich, da er durch die Ablehnung des gegnerischen Wiedereinsetzungsantrags nicht belastet wird.

 

Rn 4

Die Vorabentscheidung im Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung hat – da sie gem Abs 3 unanfechtbar ist – den Vorteil, dass sich die Parteien anschließend auf die Hauptsache konzentrieren können (MüKoZPO/Stackmann Rz 9). Sie kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergehen. Hat das Gericht – was die Ausnahme sein dürfte – vorab nur über den Wiedereinsetzungsantrag mündlich verhandelt, hat die Entscheidung durch Zwischenurteil (§ 303) zu ergehen (MüKoZPO/Stackmann Rz 10); bei einer nach mündlicher Verhandlung bewilligten Wiedereinsetzung durch Beschluss dürfte die falsche Entscheidungsform aber unschädlich sein, da die positive Wiedereinsetzungsentscheidung gleichwohl wirksam und ohnehin nicht anfechtbar ist.

2. Ablehnung.

 

Rn 5

Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung aus der Sicht des Gerichts nicht vor, ist eine Vorabentscheidung darüber regelmäßig unzweckmäßig (vgl BGH NJW-RR 08, 218), denn aus der Versagung der Wiedereinsetzung wird sich regelmäßig die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ergeben, so dass dieses zu verwerfen ist; dies sollte aus Gründen der Prozessökonomie gleichzeitig mit der Ablehnung der Wiedereinsetzung erfolgen. Die Konstellation, dass der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet, das Rechtsmittel aber gleichwohl nicht als unzulässig verworfen werden kann, dürfte nur dann eintreten, wenn die Wiedereinsetzung begehrende Partei irrig von der Versäumung der Frist ausgegangen ist (zB wenn sich später herausstellt, dass die angefochtene Entscheidung gar nicht wirksam zugestellt war, vgl BGHZ 47, 289, 291). In diesem Sonderfall dürfte der gebotene gerichtliche Hinweis, dass die Prozesshandlung fristgemäß und zulässig ist, regelmäßig dazu führen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zurückgenommen oder nur noch hilfsweise gestellt wird.

3. Unzweckmäßige isolierte Entscheidung.

a) Isolierte Versagung der Wiedereinsetzung.

 

Rn 6

Wird entgegen der Zweckmäßigkeit Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Rechtsmittelfrist durch gesonderten Beschluss abgelehnt, muss dagegen Rechtsmittel eingelegt werden, sonst erwächst die Versagung der Wiedereinsetzung in Rechtskraft und ist für die Entscheidung über das Rechtsmittel bindend (BGH MDR 17, 723 [BGH 01.03.2017 - XII ZB 448/16]; MDR 16, 412; NJW 02, 2397 [BGH 16.04.2002 - VI ZB 23/00]).

b) Isolierte Rechtsmittelverwerfung.

 

Rn 7

Ist umgekehrt das Rechtsmittel wegen Versäumung der Begründungsfrist bereits verworfen worden, steht das einem Wiedereinsetzungsantrag nicht entgegen. Wird nachträglich Wiedereinsetzung bewilligt, entzieht das dem Verwerfungsbeschluss die Grundlage (BGH NJW 13, 697, 698 [B...

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