Gesetzestext

 

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

A. Normgegenstand.

 

Rn 1

In Ergänzung von § 12 regelt § 13 den allg Gerichtsstand natürlicher Personen. Nach § 13 ist der allg Gerichtsstand natürlicher Personen von deren Wohnsitz abhängig (sog Wohnsitzgerichtsstand, s näher Rn 3). Sinn und Zweck der Regelung ist es, dem Bekl die Prozessführung zu erleichtern und ihn davor zu schützen, den Prozess an einem auswärtigen Gericht zu führen (BGHZ 88, 331, 335; ebenso MüKoZPO/Patzina Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1; vgl auch BGHZ 157, 20, 28). Dem liegt ua die Erwägung zugrunde, dass eine Person ihre rechtlich relevanten Angelegenheiten regelmäßig an ihrem Wohnsitz bzw Sitz wahrnimmt und dass es sich dort auch um den Ort handelt, an dem sie üblicherweise ihr Vermögen verwaltet (BGHZ 88, 331, 335). Damit entspricht § 13 dem gesetzlichen Grundgedanken, dass die Bestimmung des allg Gerichtsstands einer Person neben prozesswirtschaftlichen Erwägungen auch von dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit getragen wird (vgl BGH NJW 86, 3209; BGHZ 157, 20, 28; näher § 12 Rn 1).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Obwohl das Gesetz in § 12 und § 13 gleichermaßen von dem allg Gerichtsstand einer ›Person‹ spricht, ist der Personenbegriff in beiden Vorschriften unterschiedlich. Während § 12 alle Personen erfasst, findet § 13 ausschl auf natürliche Personen Anwendung (allgM; BGH NJW-RR 04, 1505; MüKoZPO/Patzina Rz 3; St/J/Roth Rz 1; Zö/Schultzky Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2). Das lässt sich rechtssystematisch damit begründen, dass die ZPO ebenso wie das BGB für juristische Personen den Begriff ›Sitz‹ verwendet (s näher § 17; für das BGB vgl §§ 24, 80 BGB). Da § 13 stets iVm § 12 zu lesen ist (dazu § 12 Rn 1 aE), spielt § 13 nur dort eine Rolle, wo der allg Gerichtsstand nach § 12 nicht durch ausschl Gerichtsstandsregelungen verdrängt wird (dazu § 12 Rn 8). Zum Anwendungsbereich im IZPR s Rn 15.

C. Wohnsitz.

I. Begriff.

 

Rn 3

Die ZPO enthält keine Regelung zum Wohnsitz einer Person. Deshalb ist ein Rückgriff auf die materiell-rechtlichen Regelungen der §§ 7 ff BGB erforderlich, die insoweit einen Bestandteil des Prozessrechts bilden (BGH WM 75, 915; MüKoZPO/Patzina Rz 4; St/J/Roth Rz 2; Zö/Schultzky Rz 3; für das IZPR vgl Rn 15). Das BGB geht in § 7 BGB von dem Grundsatz aus, dass jeder seinen Wohnsitz frei wählen kann (MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 1). Man spricht deshalb von einem selbstständigen oder gewillkürten Wohnsitz (vgl MüKoBGB/Schmitt Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 6; Zö/Schultzky Rz 3f). Für bestimmte Personengruppen legt das BGB dagegen den Wohnsitz verbindlich fest (vgl §§ 9, 11 BGB, s näher Rn 8). In diesem Fall handelt es sich um einen unselbstständigen oder gesetzlichen Wohnsitz (vgl MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 17; Grüneberg/Ellenberger § 7 Rz 1). Nach heutiger Auffassung setzt der Begriff des (selbstständigen) Wohnsitzes nach § 7 I BGB neben der objektiven Niederlassung subjektiv einen Domizilwillen des Betroffenen voraus, also den Willen, den Ort der Niederlassung ständig zum Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen (BGH NJW 06, 1808, 1809 [BGH 28.03.2006 - VIII ZB 100/04]; MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 9, 19, 23 ff; St/J/Roth Rz 3). Dies erfordert nicht den Willen, den jeweiligen Ort zum räumlichen Mittelpunkt des gesamten Lebens zu machen, wie dies früher vertreten wurde (vgl MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 9; so aber RGZ 67, 191, 193; ebenso heute noch Zö/Schultzky Rz 4; unklar MüKoZPO/Patzina Rz 6). Mit der hier gebrauchten, neueren Begriffsbestimmung des Domizilwillens lässt sich insb die Begründung von Doppelwohnsitzen iSd § 7 II BGB besser erklären (vgl MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 9). Nach allg Grundsätzen ist allein maßgeblich, dass der Wohnsitzgerichtsstand spätestens zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegt (vgl Zö/Schultzky Rz 12; § 12 Rn 10).

II. Begriffsabgrenzung.

 

Rn 4

Der Wohnsitz einer Person ist mit Ausnahme der gesetzlich angeordneten Wohnsitzregelungen (§§ 9, 11 BGB) an den Ort der ständigen Niederlassung gebunden (§ 7 BGB). Ort iSd § 7 BGB ist dabei die kleinste politische Einheit (BGH WM 10, 439; Grüneberg/Ellenberger § 7 Rz 1), die Mittel- oder der Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person ist (vgl BGH MDR 62, 380), also idR die Gemeinde/Stadt, dagegen nicht das konkrete Haus oder die konkrete Wohnung (BGH WM 10, 439; BayObLG Rpfleger 90, 73; Köln NJW-RR 03, 864; s PWW/Prütting § 7 Rz 2 f; Grüneberg/Ellenberger § 7 Rz 1; St/J/Roth Rz 3) oder ein Schiff (Staud/Weick § 7 Rz 11; ThoPu/Hüßtege Rz 1; St/J/Roth Rz 3; aA LG Hamburg NJW-RR 95, 183 f [LG Hamburg 23.08.1994 - 302 O 138/]; Grüneberg/Ellenberger § 7 Rz 7). Deshalb ist der Begriff des Wohnsitzes nicht identisch mit dem Begriff des Wohnortes als dem Ort der Wohnung oder des Hauses einer Person (PWW/Prütting § 7 Rz 3; MüKoBGB/Schmitt § 7 Rz 11). Ist eine politische Gemeinde in mehrere Gerichtsbezirke aufgeteilt, so ist der jeweilige durch die Gerichtsbezirksgrenzen umschriebene Gemeindeteil maßgebend (BVerfGE 53, 100, 108 f [BVerfG 15.01.1980 - 2 BvL 1/79]; St/J/Roth Rz 3; MüKoZPO/Pat...

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