Gesetzestext

 

(1) 1Ergeht nach der Kostenfestsetzung eine Entscheidung, durch die der Wert des Streitgegenstandes festgesetzt wird, so ist, falls diese Entscheidung von der Wertberechnung abweicht, die der Kostenfestsetzung zugrunde liegt, auf Antrag die Kostenfestsetzung entsprechend abzuändern. 2Über den Antrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges.

(2) 1Der Antrag ist binnen der Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle anzubringen. 2Die Frist beginnt mit der Zustellung und, wenn es einer solchen nicht bedarf, mit der Verkündung des den Wert des Streitgegenstandes festsetzenden Beschlusses.

(3) Die Vorschriften des § 104 Abs. 3 sind anzuwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift bezweckt die Herstellung von Rechtssicherheit für die Fälle, in denen die Ansichten über den Streitwert des die Kostenfestsetzung ausführenden Rechtspflegers und des erkennenden Gerichts auseinanderfallen. Letztere hat Vorrang, so dass ein bereits erlassener Kfb unter Beachtung der Frist des Abs 2 zu ändern ist. Insoweit findet aus Gründen der Verfahrensökonomie bzw. Kostengerechtigkeit eine Durchbrechung der Rechtskraft des Kfb statt (Celle v 29.2.08 – 2 W 50/08 – juris Rz 8; BayVGH, BayVBl 99, 317 [BGH 21.01.1999 - III ZR 168/97]).

B. Anwendungsvoraussetzungen.

I. Streitwertfestsetzung.

 

Rn 2

Die Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn eine Streitwertfestsetzung erstmals erfolgt, nachdem die Kostenfestsetzung zuvor rechtskräftig auf der Basis eines zu hohen oder zu niedrigeren Streitwerts erfolgte (s zB § 63 III GKG). Das Verfahren nach § 107 ist auch vor Rechtskraft des Kfb zulässig. Alternativ kann dessen Änderung vor Rechtskraft wahlweise auch durch Erinnerung bzw Beschwerde herbeigeführt werden; hiernach nur noch über § 107 (ThoPu/Hüßtege § 107 Rz 1). Einem Vorgehen mittels Erinnerung bzw Beschwerde fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, obwohl das Verfahren nach § 107 weder Gerichts- noch Anwaltskosten auslöst. Die Erinnerung/Beschwerde ist effektiver, etwa hinsichtlich der Möglichkeiten zur Einstellung der Zwangsvollstreckung (Hamm NJW-RR 19, 1472 [OLG Hamm 05.07.2019 - 25 W 170/19] Rz 8; OLGR 04, 12).

II. Antrag (Abs 2).

 

Rn 3

Es besteht Antrags-, hierfür jedoch kein Anwaltszwang. Die Monatsfrist berechnet sich nach §§ 222, 224. Die formlose Mitteilung der Streitwertfestsetzung setzt die Frist nicht in Gang (München Rpfleger 91, 340). Der Fristablauf steht nur einer neuen Kostenfestsetzung entgegen. Nicht ausgeschlossen ist ein Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) oder eine Vollstreckungsgegenklage (§§ 794 I Nr 2, 795, 767) nach Fristablauf (München MDR 83, 137; Frankf JurBüro 20, 141). Der Antrag ist auch dann innerhalb der Monatsfrist ab Zustellung bzw Verkündung der Wertfestsetzung einzureichen, wenn der Kfb zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig ist (München Rpfleger 91, 340 [OLG Düsseldorf 22.01.1991 - 10 W 94/90]; aA KG JurBüro 75, 822). Die Frist zur Antragstellung läuft unabhängig davon, ob die Partei Streitwertbeschwerde oder Erinnerung eingelegt hat (Brandbg NJW-RR 00, 1593). In einem Antrag auf Rückfestsetzung kann ein Antrag nach Abs 2 gesehen werden (Kobl Rpfleger 89, 40). Da die Frist keine Notfrist und in § 233 I nicht genannt ist, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (Brandbg v 5.2.19 – 6 W 15/19, juris Rz 2).

C. Verfahren.

I. Ablauf.

 

Rn 4

Wie bei § 104 Rn 2 ff. Hinsichtlich der Berücksichtigung materiell-rechtlicher Einwände gelten die gleichen Grundsätze wie im eigentlichen Festsetzungsverfahren nach § 104 (s dort Rn 16 ff). So ist etwa eine unstr Erfüllung beachtlich (Ddorf MDR 06, 118, 119; aA LG Berlin Rpfleger 97, 454). Eine Rückfestsetzung überzahlter Kosten ist möglich, wenn die Überzahlung unstr oder eindeutig feststellbar ist (Ddorf Rpfleger 81, 409). An den Gegner bzw dessen Prozessbevollmächtigten wird eine Ausfertigung zugestellt. Dem Gläubiger wird eine vollstreckbare Ausfertigung unter Vermerk des Zustellungsdatums an den Gegner erteilt. Der Schuldner des ersten Kfb kann sich gegen die Vollstreckung hieraus nach § 775 Nr 1 verteidigen.

II. Entscheidung.

 

Rn 5

Der funktionell zuständige Rechtspfleger (§ 21 Nr 1 RPflG) des Gerichts 1. Instanz ändert den Kfb durch einen neuen Beschl ab. Es wird kein neuer Kfb erlassen. Ist der Streitwert höher festgesetzt, sollten im Änderungsbeschluss ›die weiteren vom Schuldner zu erstattenden Kosten auf …‹ festgesetzt werden (Zö/Herget § 107 Rz 2). Im Verfahren nach § 107 kann der Rechtspfleger nur die von der Wertänderung beeinflussten Posten, mithin die Gebühren betragsmäßig in ihrer Höhe – streitwertabhängige Positionen –, nicht jedoch hinsichtlich ihrer Erstattbarkeit oder ihrem Grunde nach ändern (vgl Hambg NJW-RR 16, 1276, 1277 [OLG Hamburg 05.04.2016 - 8 W 36/16]; zur Beachtlichkeit mat-rechtl Einwände s Rn 4). Daher muss im Falle einer Festsetzung nach § 106 der Gegner nicht zur Einreichung einer Kostenberechnung aufgefordert werden, wenn seine Kosten nach dem neuen Streitwert berechnet werden können (Zö/Herget § 107 Rz 1).

III. Rechtsbehelf.

 

Rn 6

Nach Abs 3 ist gegen den Änderungsbeschluss die sofortige Beschwerde bzw befristete Erinnerung, § 104 III statthaft (vgl § 104 Rn 38 ...

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