Rn 3

Durch § 91 I geschützt ist die ›Wohnung‹ des Verpflichteten. Dabei ist auch für das FamFG der weite verfassungsrechtliche Wohnungsbegriff maßgeblich (zu diesem Maunz/Dürig/Papier Art 13 GG Rz 10f). Zur ›Wohnung‹ iSd § 91 I zählen neben den privaten Wohnräumen daher auch Arbeits- und Geschäftsräume, Wohnwägen und Wohncontainer, Hof, Garage und Garten (BeckOKFamG/Sieghörtner Rz 1, enger MüKoFamFG/Zimmermann Rz 2). Eine ›Durchsuchung‹ liegt vor, wenn zur ziel- und zweckgerichteten Suche nach Sachen oder Personen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts die Wohnung betreten wird (BVerfG NJW 79, 1539 [BVerfG 03.04.1979 - 1 BvR 994/76]).

 

Rn 4

Zuständig für den richterlichen Durchsuchungsbeschluss ist das Gericht, das auch bereits den Herausgabetitel erlassen hat, soweit sich nicht ausnahmsweise aus § 88 I etwas anderes ergibt. Der Durchsuchungsbeschluss wird in Antragsverfahren auf Antrag hin, in amtswegigen Verfahren vAw erlassen. Er kann auch bereits ›vorsorglich‹ ergehen, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Verpflichteten absehbar ist, dass dieser eine Durchsuchung verweigern wird (BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 4). Die zu durchsuchende Wohnung und die gesuchte Person müssen genau bezeichnet werden. Bei der Vollstreckung muss der Gerichtsvollzieher den Durchsuchungsbeschluss unaufgefordert dem Verpflichteten und den in Abs 3 erwähnten Dritten zeigen (§ 91 IV). Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde nach § 87 IV angegriffen werden. Fehlt ein Beschluss, muss der Verpflichtete Vollstreckungserinnerung erheben (§ 766 ZPO).

 

Rn 5

Ein nach § 91 I 1 grds erforderlicher Durchsuchungsbeschluss ist entbehrlich, wenn der Verpflichtete in die Durchsuchung einwilligt. Die Einwilligung kann auch konkludent erfolgen und jederzeit widerrufen werden. Sie ist gegenüber dem zuständigen Vollstreckungsorgan (Gerichtsvollzieher) zu erklären. Ist der Verpflichtete abwesend, genügt auch grds die Einwilligung von erwachsenen Familienangehörigen, die mit dem Verpflichteten zusammenwohnen (MüKoFamFG/Zimmermann Rz 3).

 

Rn 6

Ein Durchsuchungsbeschluss ist nach § 91 I 2 auch dann nicht erforderlich, wenn der Erlass des Beschlusses den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde. Hintergrund ist die Ausnahme vom Richtervorbehalt in Art 13 II GG bei Gefahr in Verzug. Ist besondere Eile geboten, bspw, weil der Verpflichtete im Begriff ist, sich mit dem Kind in das Ausland abzusetzen, liegt Gefahr in Verzug vor und Maßnahmen, die erst nach Erlangung eines vorherigen richterlichen Beschlusses erfolgen könnten, kämen möglicherweise zu spät. In einem solchen Fall ist der Durchsuchungsbeschluss daher entbehrlich.

 

Rn 7

Schließlich ist ein Durchsuchungsbeschluss auch dann entbehrlich, wenn ein Haftbefehl gegen den Verpflichteten vollstreckt werden soll (§ 91 II). Der richterliche Durchsuchungsbeschluss ist im Haftbefehl stets mitenthalten. § 91 II erwähnt ausdrücklich nur den Haftbefehl zur Erzwingung einer eidesstattlichen Versicherung nach § 94 FamFG iVm § 802g ZPO. Die Regelung gilt allerdings entspr für Haftbefehle zur Vollstreckung von Ordnungshaft nach § 89 I, III 2 (Keidel/Giers Rz 3). Für eine Vollstreckung des Haftbefehls an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit ist eine besondere richterliche Anordnung notwendig (BGH NJW-RR 05, 146 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 46/04], s.a. § 758a IV ZPO).

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