Gesetzestext

 

(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25.000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 89 I 1 bestimmt, dass bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen oder zur Regelung des Umgangs Ordnungsmittel angeordnet werden können. Zudem regelt die Vorschrift in den Abs 1, 2 und 4 die Voraussetzungen für verschiedene Ordnungsmittel und legt in Abs 3 auch ihre Folgen fest.

 

Rn 2

§ 89 erfasst nur verfahrensabschließende Entscheidungen (Beschlüsse sowie gerichtlich gebilligte Vergleiche nach § 156 II), während alle verfahrensleitenden Maßnahmen und Anordnungen nach § 35 vollstreckt werden (s Kommentierung bei § 86 Rn 3). Entscheidend ist, dass der Vollstreckungstitel einen hinreichend bestimmten Inhalt hat, also bspw Art, Ort und Zeit des vereinbarten Umgangs genau festlegt (BGH FamRZ 16, 1763, 1764). Ist das Jugendamt zum Vormund des Kindes bestellt worden, kann bei Zuwiderhandlungen auch gegen das Amt ein Ordnungsgeld verhängt werden (BGH NJW-RR 14, 513, 514). Ist das Jugendamt hingegen nur als umgangsbegleitende Institution nach § 1684 IV 3 u 4 BGB tätig, kann es nicht mit Ordnungsmitteln belangt werden, wenn der Umgang zu Unrecht verweigert wird (BGH NJW-RR 21, 1297; Frankf FamRZ 20, 1376). Auch die Vollstreckung ausländischer Titel erfolgt ergänzend nach §§ 89, 90, soweit eine eigenständige Regelung, wie etwa über die Anwendung unmittelbaren Zwangs, im vorrangigen § 44 IntFamRVG fehlt (Hamm FamRZ 18, 1938, 1939).

 

Rn 3

Im Unterschied zu § 35 ermöglicht § 89 bei Zuwiderhandlungen die Verhängung von Ordnungsmitteln und nicht nur die Anordnung von Zwangsmitteln. Ordnungsmittel haben zusätzlich einen Sanktionscharakter und setzen deshalb auch ein schuldhaftes Verhalten voraus (vgl § 89 Abs 4). Sie entfallen andererseits aber auch nicht, wenn der Verpflichtete nach ihrer Verhängung die geforderte Handlung vorgenommen hat oder wenn die beabsichtigte Handlung (bspw gemeinsamer Urlaub mit Kind) wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich ist (BGH NJW-RR 14, 514; Karlsr NJW 10, 2144 [OLG Karlsruhe 08.04.2010 - 2 WF 40/10]).

B. Voraussetzungen der Ordnungsmittel.

I. Hinweis (Abs 2).

 

Rn 4

Bereits im Vollstreckungstitel selbst ist der Verpflichtete auf die Folgen einer Zuwiderhandlung hinzuweisen und über diese zu belehren. Die Hinweispflicht gilt auch für gerichtlich gebilligte Vergleiche nach §§ 86 I Nr 2, 156 II (BVerfG NJW 11, 2347; BGH FamRZ 16, 1763). Wird die aus dem Titel folgende Verpflichtung später durch einen Vergleich verändert, bedarf es eines erneuten Hinweises (BGH FamRZ 16, 1763, 1765).

 

Rn 5

Der Hinweis ist grds in den Tenor der Entscheidung aufzunehmen. Er kann aber auch textlich abgesetzt am Schluss der Entscheidung erfolgen (Oldbg FamRZ 16, 845). Fehlt der Hinweis im Tenor, ist er in der Begründung, zB durch eine eigene Überschrift, deutlich kenntlich zu machen (Oldbg NZFam 16, 37; Giers NZFam 20, 4, 5; BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 11; aA Keuter FamRZ 16, 1732, 1733). Der Hinweis muss für Laien verständlich sein, weshalb eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreicht (Hamm NZFam 16, 279; Schlesw FamRZ 16, 845). Beim Vergleich kann er an den Billigungsbeschluss angehängt werden, aber auch gesondert erfolgen (Haußleiter/Gomille Rz 5). Ordnungsgeld und Ordnungshaft müssen als mögliche Ordnungsmittel benannt und ihre jeweilige Höchstsumme bzw Höchstdauer angegeben werden (Brandbg FamRZ 19, 1946; Oldbg FamRZ 14, 145; Frankf FamRZ 21, 218 [für korrekt angedrohtes Ordnungsgeld unschädlich, dass Höchstdauer Ordnungshaft nicht angegeben]). Die Verhängung von Ordnungshaft ist dabei unzulässig, wenn nicht zuvor gem § 89 II auf die gesetzliche Höchstdauer der Haft und das Erfordernis des Verschuldens bei der Zuwiderhandlung hingewiesen wurde (Naumbg NZFam 23, 124; so auch: Hamm NZFam 16, 279). Ein unterbliebener oder fehlerhafter Hinweis ist nachholbar, und zwar auch noch in der Rechtsmittelinstanz durch das Beschwerdegericht selbst (Schlesw FamRZ 16, 845).

II. Vertretenmüssen einer Zuwiderhandlung (Abs 4).

 

Rn 6

Grundlegend setzt die Festsetzung eines Ordnungsmittels einen zu vertretenden Verstoß gegen einen...

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