Gesetzestext

 

Wird eine Ehesache rechtshängig, während eine Kindschaftssache, die ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betrifft, bei einem anderen Gericht im ersten Rechtszug anhängig ist, ist diese von Amts wegen an das Gericht der Ehesache abzugeben. § 281 Abs. 2 und 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 152 I und führt zu einer Zuständigkeitskonzentration bei nachträglicher Rechtshängigkeit der Ehesache. Sie entspricht im Wesentlichen § 621 III ZPO aF, umfasst aber nun weitergehend alle Kindschaftssachen, die ein gemeinsames Kind der Ehegatten betreffen. Vergleichbare Vorschriften finden sich zB in §§ 202, 233, 263, 268. Um die Abgabe an das Gericht der Scheidungssache sicherzustellen, ordnet § 133 I Nr 3 an, dass sich der antragstellende Ehegatte in der Ehesache in seinem Antrag zwingend auch über weitere anhängige Verfahren der Ehegatten erklärt. Die in § 153 geregelte Abgabe des Verfahrens stellt eine Sonderform der in § 4 geregelten Abgabe dar; durch die Verweisung auf § 281 II ZPO wird klargestellt, dass es weder eines wichtigen Grundes noch einer Übernahmebereitschaft des Gerichts der Ehesache bedarf (MüKoFamFG/Heilmann § 153 Rz 2; aA Keidel/Engelhardt (20. Aufl) § 152 Rz 4).

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Voraussetzungen der Abgabe.

 

Rn 2

Die Abgabe einer Kindschaftssache setzt die Rechtshängigkeit einer Ehesache voraus, die mit Erhebung des Antrags auf Scheidung der Ehe, Aufhebung der Ehe oder Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe begründet wird, § 113 I 2 iVm § 261 I ZPO. Erforderlich ist gem § 113 I 2 iVm § 253 ZPO die Zustellung des Antrags (Hamm FamRZ 11, 58). Das Vorliegen eines Antrags auf Bewilligung von VKH reicht nicht aus (vgl Zö/Lorenz § 153 Rz 1; Musielak/Borth/Frank/Frank § 153 Rz 2; Prütting/Helms/Hammer § 153 Rz 2).

 

Rn 3

Abgegeben werden kann nur eine Kindschaftssache, die schon und noch in erster Instanz anhängig ist. Das Verfahren ist mit Eingang des Sachantrags anhängig. Anders als in Ehesachen reicht aber bereits ein Antrag auf Bewilligung von VKH aus. In Amtsverfahren ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem das Gericht von Umständen Kenntnis erhält, die eine Verpflichtung zum Tätigwerden auslösen (zB Keidel/Sternal § 2 Rz 15; Schulte-Bunert/Weinreich/Ziegler § 153 Rz 2). Das Verfahren ist in der ersten Instanz so lange anhängig, bis der das Verfahren abschließende Beschluss des Familiengerichts wirksam geworden ist (§ 40). Wird im Umgangsverfahren eine Elternvereinbarung geschlossen, ist die gerichtliche Billigung entscheidend (§ 156 II). Auf die Rechtskraft der Entscheidung kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob ein Rechtsmittel eingelegt wird oder nicht (BGH FamRZ 85, 800). Unerheblich ist auch, ob Nebenentscheidungen angefochten worden sind und sich das Verfahren deshalb bei dem OLG befindet (vgl BGH FuR 01, 368: sofortige Beschwerde gegen Versagung von VKH). Die Anhängigkeit entfällt nicht durch Weglegen der Akte durch das Gericht oder bei einer Aussetzung des Verfahrens nach § 21 (vgl BGH NJW-RR 93, 898; MüKoFamFG/Heilmann § 152 Rz 7; Prütting/Helms/Hammer § 153 Rz 4). Befindet sich das Kindschaftsverfahren beim OLG und ist eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung nach § 69 I 2,3 beabsichtigt, wird das OLG das Verfahren sogleich dem inzwischen zuständigen Gericht der Ehesache zuleiten (BGH FamRZ 80, 444; vgl auch Prütting/Helms/Hammer § 153 Rz 4).

II. Das Abgabeverfahren.

 

Rn 4

Die Abgabe hat vAw zu erfolgen, sodass ein entsprechender Antrag nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sollen gem § 4 S 2 zu der beabsichtigten Abgabe angehört werden (MüKoFamFG/Heilmann § 153 Rz 9; Prütting/Helms/Hammer § 153 Rz 5). Die Abgabe erfolgt durch zu begründenden Beschluss (Brandbg FamRZ 07, 293; KG MDR 93, 176; vgl aber BGH FamRZ 88; 943: nicht bei Zustimmung der Beteiligten; aA Keidel/Engelhardt (20. Aufl) § 153 Rz 9: kein Begründungszwang; auch stillschweigende Abgabe ist möglich), der gem S 2 unanfechtbar (vgl § 281 II 2 ZPO) und für das Gericht der Ehesache ohne Rücksicht auf die Ordnungsmäßigkeit und Richtigkeit der Verweisung bindend ist (§ 281 II 4 ZPO; Brandbg FamRZ 17, 135 zu Fällen mit Auslandsberührung und unübersichtlicher Gesetzeslage). Der Beschluss ist ausnahmsweise nicht bindend, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder ihm jede rechtliche Grundlage fehlt und er aus diesem Grund willkürlich ist (vgl § 281 ZPO Rn 51 ff).

 

Rn 5

Mit Eingang der Akten wird das Verfahren bei dem Gericht der Ehesache anhängig. Handelt es sich bei der abgegebenen Kindschaftssache um eine solche iSv § 137 III, wird sie in den Scheidungsverbund einbezogen, § 137 IV. Alle bisherigen Verfahrenshandlungen der Beteiligten und des unzuständig gewordenen Gerichts behalten ihre Wirksamkeit (vgl MüKoFamFG/Heilmann § 153 Rz 13).

III. Kosten und Gebühren.

 

Rn 6

Durch die Verweisung in S 2 auf § 281 III 1 ZPO ist klargestellt, dass die entstandenen Kosten des abgegebenen Verfahrens als Kosten des Verfahrens bei dem Gericht der Ehesache gelten. Die Auferlegung etwaiger Mehrkosten nach § 281 III 2 ZPO ist nicht mögl...

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