Gesetzestext

 

(1) Über Scheidung und Folgesachen ist zusammen zu verhandeln und zu entscheiden (Verbund).

(2) Folgesachen sind

1. Versorgungsausgleichssachen,
2. Unterhaltssachen, sofern sie die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind oder die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen mit Ausnahme des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger,
3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen und
4. Güterrechtssachen,

wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird. Für den Versorgungsausgleich ist in den Fällen der §§ 6 bis 19 und 28 des Versorgungsausgleichsgesetzes kein Antrag notwendig.

(3) Folgesachen sind auch Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder das Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten betreffen, wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache die Einbeziehung in den Verbund beantragt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachgerecht.

(4) Im Fall der Verweisung oder Abgabe werden Verfahren, die die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder des Absatzes 3 erfüllen, mit Anhängigkeit bei dem Gericht der Scheidungssache zu Folgesachen.

(5) Abgetrennte Folgesachen nach Absatz 2 bleiben Folgesachen; sind mehrere Folgesachen abgetrennt, besteht der Verbund auch unter ihnen fort. Folgesachen nach Absatz 3 werden nach der Abtrennung als selbständige Verfahren fortgeführt.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Entscheidungsverbund ist in § 623 ZPO aF bereits durch das 1. EheRG (v 14.6.76, BGBl I, 1427 mWz 1.7.77) – insb – mit dem Ziel eingeführt worden, den Ehegatten durch die Konfrontation mit den Scheidungsfolgen bereits während des Scheidungsverfahrens in stärkerem Maße als nach dem früheren Recht vor Augen zu führen, welche Auswirkungen die Scheidung ihrer Ehe hat. Auf diese Weise soll übereilten Entscheidungen in einer sinnvollen und den tatsächlichen Lebensverhältnissen angemessenen Weise vorgebeugt werden (BGH MDR 83, 737). Zugleich soll das Verbundverfahren dem Schutz des sozial schwächeren Ehepartners dienen, der sich der Scheidung nicht mit Erfolg zu widersetzen vermag (Stuttg FamRZ 05, 121; krit zur tatsächlichen Umsetzung des Zwecks Prütting/Helms/Helms § 137 Rz 5; FAKomm-FamR/Roßmann § 137 Rz 5).

 

Rn 2

Nunmehr regelt die Vorschrift des § 137 den Verhandlungs- und Entscheidungsverbund zwischen Scheidungssachen und bestimmten Familiensachen, in denen eine Entscheidung für den Scheidungsfall zu treffen ist, als ›Folgesachen‹. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme zu dem in § 126 II 1 geregelten Verbindungsverbot dar, vgl § 126 II 2.

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Das Verbundverfahren (Abs 1).

1. Allgemeines.

 

Rn 3

Nach der in Abs 1 enthaltenen Legaldefinition des Begriffs ›Verbund‹ besteht dieser aus dem Scheidungsverfahren und den (in Abs 2, 3 definierten) Folgesachen, über die zusammen zu verhandeln und zu entscheiden ist. Das Gesetz sieht also nicht nur eine Zuständigkeitskonzentration vor, sondern enthält auch eine Entscheidungskonzentration (vgl § 142). Dies gilt nach dem Regelungszweck des § 137 V auch in der Beschwerdeinstanz, soweit Scheidungssache und Folgesache mit der Beschwerde angefochten worden sind (Zweibr 28.7.2016 – 6 UF 49/15, juris). Der Verbund der Folgesachen im Beschwerdeverfahren bleibt auch dann bestehen, wenn nur Teile der erstinstanzlichen Entscheidung angefochten werden und zB die Scheidung selbst rechtskräftig wird (BGH FamRZ 13, 1366; Hamm FamRB 20, 473). Es handelt sich aber nicht um eine Verfahrensverbindung iSv § 147 ZPO mit der Wirkung eines zukünftig einheitlichen Verfahrens. Vielmehr bleiben die Scheidungssache und die Folgesachen auch im Verbund eigenständige Verfahren, was schon daraus folgt, dass für die 3 betroffenen Verfahrensarten (Scheidungssachen als Unterfall der Ehesachen, Familienstreitsachen sowie Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit) unterschiedliche Verfahrensvorschriften anzuwenden sind (BGH FamRZ 14, 109; 18, 1765). Deshalb gelten für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die als Folgesachen Teil einer Verbundentscheidung sein können (VA-Sachen, Ehewohnungs- und Haushaltssachen und die in § 137 III genannten Kindschaftssachen), im Beschwerdeverfahren grds die allgemeinen Vorschriften der §§ 58 ff ohne die ausschließlich für die Anfechtung des Scheidungsausspruches und die Streitfolgesachen maßgeblichen Verweisungen des § 117 auf Vorschriften der ZPO (BGH FamRZ 18, 1765; 14, 109).

 

Rn 4

Bei den Vorschriften zum Verhandlungs- und Entscheidungsverbund handelt es sich um zwingende Verfahrensvorschriften, die nicht der Disposition der beteiligten Eheleute (und auch nicht des Gerichts) unterliegen (BGH FamRZ 21, 1521; 91, 687; Karlsr 11.12.20 – 18 UF 85/20, juris; Frankf FamFR 13, 427). Ein etwa gestellter...

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