Leitsatz (amtlich)

1. Wird während der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens eine Folgesache nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG anhängig gemacht, entsteht der Verbund im Sinne von § 137 Abs. 1 FamFG kraft Gesetzes. Es ist den Ehegatten bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht möglich, durch einen entgegengesetzten Antrag den Eintritt des Verbunds zu verhindern.

2. Behandelt das Familiengericht eine Folgesache nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG als isolierte Familiensache, ohne dass die Voraussetzungen für eine Auflösung des Verbunds gegeben wären, können - jedenfalls solange die isoliert geführte Folgesache noch nicht entscheidungsreif ist - weitere Folgesachen nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG jederzeit im Verbund anhängig gemacht werden.

3. Der Ausspruch der Ehescheidung ohne Entscheidung über die fälschlich isoliert behandelte Folgesache stellt eine unzulässige Teilentscheidung i.S.v. § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO dar, die mit der Beschwerde angegriffen werden kann, was in der Regel zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Familiengericht führt.

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 52 F 2744/18)

 

Tenor

1. Der Senat weist darauf hin, dass er die Beschwerde weiterhin für begründet hält und dass auch eine Rücknahme des beim Amtsgericht (52 F 545/20) anhängigen Güterrechtsantrags durch den Antragsteller nach vorläufiger Einschätzung nicht dazu führen würde, dass die Beschwerde zurückzuweisen wäre.

2. Eine Entscheidung ergeht nicht vor dem 28.12.2020.

 

Gründe

I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Frage, inwieweit es Ehegatten freisteht, Folgesachen nach § 137 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 und (insbesondere) Nr. 4 FamFG noch während des laufenden Scheidungsverfahrens außerhalb des Scheidungsverbunds (isoliert) geltend zu machen.

1. Der Antragsteller hat mit beim Amtsgericht am 15.10.2018 eingegangenem Schriftsatz vom 12.10.2018 Antrag auf Scheidung seiner Ehe mit der Antragsgegnerin gestellt. Die Antragsgegnerin stimmte dem Scheidungsantrag zu. Nach Einholung von Auskünften zum Versorgungsausgleich terminierte das Amtsgericht am 04.03.2020 auf den 31.03.2020; mit Verfügung vom 12.03.2020 wurde der Termin auf den 28.04.2020 verlegt. Am 14.04.2020 ging beim Amtsgericht per Telefax ein Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts ein.

2. In dem per Videokonferenz durchgeführten Termin wurden insbesondere die Gegenstände Ehescheidung, Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt erörtert, wobei das Amtsgericht darauf hinwies, dass im Unterhaltsverfahren die Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht eingehalten sei und deshalb eine Abtrennung und Aussetzung des Unterhaltsverfahrens erfolgen werde. Es wurde ein Verkündungstermin bestimmt für den 05.05.2020. Mit dem an diesem Tag verkündeten Beschluss hat das Amtsgericht die Ehescheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich durchgeführt, das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt abgetrennt und ein zwischenzeitlich eingegangenes Befangenheitsgesuch der Antragsgegnerin gegen die erstinstanzliche Richterin unter Hinweis auf § 43 ZPO zurückgewiesen.

3. Der Antragsteller reichte bereits am 21.01.2020 einen Stufenantrag auf Auskunftserteilung, Belegvorlage, Eidesstattliche Versicherung und Zahlung eines Zugewinnausgleichs "ab Rechtskraft der Scheidung" in der sich ergebenden Höhe "im Rahmen eines isolierten Verfahrens" beim Amtsgericht ein (Az. 52 F 545/20). Die Antragsgegnerin erkannte den Auskunftsanspruch an und wurde dem entsprechend mit Teil-Anerkenntnisbeschluss vom 05.05.2020 zur Auskunftserteilung verpflichtet. Mit Beschluss vom 22.07.2020 verhängte das Amtsgericht gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld von 250 EUR.

4. Mit der am 20.05.2020 eingegangenen Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen den ihr am 11.05.2020 zugestellten Beschluss vom 05.05.2020. Mit der am 08.07.2020 eingegangenen Beschwerdebegründung stellt sie den Antrag, den Scheidungsbeschluss vom 05.05.2020 aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - Freiburg zurückzuverweisen. Sie macht geltend, das Amtsgericht habe gegen § 142 FamFG verstoßen, indem es die Scheidung ausgesprochen habe, ohne zugleich im Güterrechtsverfahren zu entscheiden. Denn dabei handle es sich um eine Folgesache.

5. Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Bei der Güterrechtsangelegenheit handle es sich nicht um eine Folgesache, weil sie ausdrücklich nicht als solche, sondern isoliert geltend gemacht worden und vom Amtsgericht auch dementsprechend behandelt worden sei.

6. Unter dem 19.08.2020 hat der Senat durch den Berichterstatter darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, über die Beschwerde ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Beschwerde dürfte Erfolg haben, da mit rechtzeitiger Einleitung des Güterrechtsverfahrens der Scheidungsverbund kraft Gesetzes eingetreten sein dürfte.

7. Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen.

Der Antragsteller tritt der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats ...

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