Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliche Betreuung durch die Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Elternteil kann gegen die erstmalige Bestellung des anderen Elternteils als Betreuer für das gemeinsame Kind Beschwerde auch mit dem Ziel einlegen, die gemeinschaftliche Betreuung durch beide Elternteile zu erreichen (Ergänzung zu OLG Zweibrücken v. 28.1.1997 – 3 W 180/96, OLGR Zweibrücken 1997, 1 = FGPrax 1997, 127 und FGPrax 1999, 146).

Ob in Fällen, in denen ein behindertes Kind volljährig wird, gemäß § 1899 Abs. 1 BGB eine gemeinschaftliche Betreuung der Eltern in Betracht kommt, ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen und dem Wohl des Betroffenen zu entscheiden (hier: verneint nach Trennung der Eltern und ganz erheblicher Spannungen im laufenden Scheidungsverfahren, insbesondere zum Umgang mit dem Kind).

 

Normenkette

BGB § 1897 Abs. 1, §§ 4, 1899 Abs. 1; FGG § 69g Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 3 T 133/01)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen, der infolge einer Trisomie 21 geistig behindert ist, besteht seit März 2001 eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögensverwaltung. Zur Betreuerin hat das AG die Mutter des Betroffenen bestellt. Hiergegen wendet der Beteiligte zu 1), der Vater des Betroffenen ein, er sei bei der Auswahl des Betreuers für seinen Sohn übergangen worden.

Das LG hat die – spätestens seit April 2000 getrennt lebenden – Eltern des Betroffenen angehört und die Beschwerde zurückgewiesen. Von der Anordnung einer gemeinsamen Betreuung nach § 1899 Abs. 1 BGB hat die Kammer abgesehen, weil sich anlässlich der Anhörung ergeben habe, dass im Zusammenhang mit dem laufenden Scheidungsverfahren erhebliche Spannungen bestünden. Gestritten werde insbesondere um ein Umgangsrecht. Ohne klare Zuordnung der Betreuung müsse somit von einer Gefahr der Beeinträchtigung des Wohls des Betroffenen ausgegangen werden.

Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 1) weiterhin, anstelle der Beteiligten zu 2) als Betreuer eingesetzt zu werden, hilfsweise begehrt er, dass beide Elternteile zu gemeinsamen Betreuern bestimmt werden. Sein Rechtsmittel wurde zurückgewiesen.

II. 1. Die weitere Beschwerde ist statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4, 20 Abs. 1 FGG). Die Befugnis des Beteiligten zu 1) zur Einlegung der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass das LG seine Erstbeschwerde zurückgewiesen hat (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FG, 14. Aufl., § 27 Rz. 10). Hierdurch ist er als Vater des Betreuten in eigenen Rechten betroffen, § 69g Abs. 1 S. 1 FGG. Nach überwiegender Rechtsprechung, der der Senat folgt, können nahe Angehörige i.S.d. § 69g Abs. 1 S. 1 FGG auch gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde mit dem Ziel einlegen, die eigene Person an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen. Denn dabei handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Bestellung und Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 FGG (vgl. BGH v. 6.3.1996 – XII ZB 7/96, MDR 1996, 714 = FamRZ 1996, 607; OLG Zweibrücken v. 3.3.1997 – 3 W 9/97, OLGR Zweibrücken 1997, 127 = FGPrax 1997, 104; FGPrax 1999, 146; NJWE-FER 1999, 272 und zuletzt Beschl. v. 6.9.2001 – 3 W 185/01; KG v. 26.1.1995 – 1 W 7060/94, KGR 1995, 69 = FamRZ 1995, 1442; OLG Hamm v. 30.5.1996 – 15 W 122/96, NJW-RR 1997, 70 [71]; Keidel/Kayser, FG, 14. Aufl., § 69 Rz. 8). Nichts anderes kann gelten – wenn wie hier hilfsweise – die gemeinschaftliche Betreuung beider Elternteile angestrebt wird.

2. In der Sache führt das Rechtsmittel indes nicht zum Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das LG zunächst unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats die Zulässigkeit der Erstbeschwerde bejaht. Insoweit gelten die Ausführungen zu II. 1. entsprechend.

b) Mit seiner Rechtsbeschwerde, wie schon mit der Erstbeschwerde, wendet sich der Beteiligte zu 1) nur gegen die vom VormG getroffene und vom LG bestätigte Auswahl des Betreuers. Die danach vorgenommene Beschränkung des Rechtsmittels auf die Anfechtung der Auswahlentscheidung ist rechtlich möglich; denn insoweit handelt es sich, im Verhältnis zur Entscheidung über die Anordnung der Betreuung um einen selbstständigen Verfahrensgegenstand (vgl. OLG Zweibrücken v. 3.3.1997 – 3 W 9/97, OLGR Zweibrücken 1997, 127 = FGPrax 1997, 104; Keidel/Kahl, FG, 14. Aufl., § 21 Rz. 7 a.E.).

3. In der Sache ist die Entscheidung der Vorinstanzen, allein die Beteiligte zu 2) als Betreuerin zu bestellen, rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei beschränkt sich die Überprüfung der angefochtenen Auswahlentscheidung für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht darauf, ob der Tatrichter Verfahrensvorsc...

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