Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung über die Auswahl des Betreuers richtet sich auch bei der Verlängerung der Betreuung nach der Vorschrift über die Erstbestellung (§ 1897 BGB) und nicht nach derjenigen über die Entlassung (§ 1908b BGB).

 

Normenkette

BGB §§ 1897, 1908b; FGG § 69i Abs. 6 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Trier (Aktenzeichen 3 XVII 85/96)

LG Trier (Aktenzeichen 5 T 127/01)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Trier zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

1. Die weitere Beschwerde ist gem. § 27 Abs. 1 FGG statthaft und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 2, 29 Abs. 1 und 4, 69g Abs. 1, 69i Abs. 6 S. 1 FGG). Die Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung ist nicht Gegenstand der weiteren Beschwerde. Die Betroffene ist nämlich ausdrücklich damit einverstanden, dass ihr ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt sie lediglich das Ziel, dass eine andere Person zum Betreuer bestellt wird. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Verlängerung der Betreuung und die (erneute) Auswahl des Betreuers umfassenden Einheitsentscheidung nach §§ 69 Abs. 1, 69i Abs. 6 S. 1 FGG (BGH v. 6.3.1996 – XII ZB 7/96, MDR 1996, 714 = FamRZ 1996, 607; OLG Zweibrücken v. 3.3.1997 – 3 W 9/97, FGPrax 1997, 104; FGPrax 1999, 146; v. 28.9.1999 – 3 W 211/99; v. 27.3.2001 – 3 W 35/01; KG v. 26.1.1995 – 1 W 7060/94, KGReport Berlin 1995, 69 = FamRZ 1995, 1442; OLG Hamm v. 30.5.1996 – 15 W 122/96, NJW-RR 1997, 70 [71]; Keidel/Kayser, FGG, 14. Aufl., § 69g Rz. 9, jew. m.w.N.).

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung des LG über die Auswahl des Betreuers hält der im Rechtsbeschwerdeverfahren allein zulässigen rechtlichen Überprüfung nicht stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO. Die Beschwerdekammer hat ihre Entscheidung rechtsfehlerhaft auf § 1908b BGB gestützt. Gegenstand des mit der Erstbeschwerde (teilweise) angefochtenen Beschlusses des AG vom 28.9.2001 ist jedoch nicht die Entlassung eines Betreuers bei Fortbestehen der Betreuung, sondern die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers unter Fortbestand der bisherigen Aufgabenkreise. Hierüber hatte das AG aufgrund der Befristung in dem Beschluss vom 2.9.1996, in dem zuvor für die Betroffene ein Betreuer bestellt worden war, zu entscheiden. Da die Betreuerbestellung eine Einheitsentscheidung ist, die die Auswahl des Betreuers einschließt, ist die bisherige Betreuerbestellung vom 2.9.1996 mit Wirksamwerden der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 28.9.2001 insgesamt abgelöst worden. Das heißt, dass das AG erneut die Betreuung angeordnet und denselben Betreuer wiederum bestellt hat. Dies hat das LG übersehen. Es hat nämlich bei seiner Entscheidung über die Person des Betreuers nicht die Vorschrift über die Erstbestellung (§ 1897 BGB) angewandt, sondern überprüft, ob ein Entlassungsgrund nach § 1908b BGB vorliegt. Jedoch bezieht sich die Möglichkeit, einen Betreuer unter den Voraussetzungen des § 1908b BGB aus seinem Amt zu entlassen, lediglich auf diejenigen Fälle, in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll. Hier handelt es sich hingegen darum, dass das AG die im Gesetz vorgesehene einheitliche Entscheidung über die Verlängerung der Betreuerbestellung und die (erneute) Auswahl des Betreuers getroffen hat. Dies richtet sich nach der – vom LG nicht geprüften – Vorschrift des § 1897 BGB (ebenso BayObLG NJWE-FER 2001, 234; OLG Hamm v. 29.5.2000 – 15 W 158/00, OLGReport Hamm 2001, 78 = NJW-RR 2001, 797 = FGPrax 2000, 196; Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1896 Rz. 26; Erman/Holzhauer, BGB, 10. Aufl., § 1896 Rz. 26; vgl. auch Schwab in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 1896 Rz. 128).

Es ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des LG auf diesem Rechtsfehlern beruht. Das LG hat sich lediglich mit der Frage befasst, ob ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Hierauf kam es, wie dargelegt, nicht entscheidend an. Die Vorinstanz ist auf das bei der – erneuten – Auswahl des Betreuers zu berücksichtigende (negative) Vorschlagsrecht der Betreuten nach § 1897 Abs. 4 S. 2 BGB nicht eingegangen. Bei der von ihr vorgenommenen Prüfung der Entlassungsgründe nach § 1908b BGB war die Berücksichtigung der Wünsche der Betreuten hingegen eingeschränkt (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1897 Rz. 16, § 1980b Rz. 8).

Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers ist die Entscheidung des LG aufzuheben. Weil die Sache in tatsächlicher Hinsicht noch nicht hinreichend geklärt ist, ist das Verfahren an das LG, dem auch die Entscheidung über die (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt, zurückzuverweisen. ...

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