Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Festsetzungsverfahren des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zahlung, die der beigeordnete Rechtsanwalt von seinem Mandanten oder einem Dritten auf den Teil der Geschäftsgebühr erhalten hat, der auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, kann nur insoweit auf seinen Gebührenanspruch ggü. der Staatskasse angerechnet werden, als sie die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung für das konkrete Verfahren übersteigt.

 

Normenkette

ZPO § 121; RVG § 15a Abs. 2, §§ 49, 55, 58 Abs. 2; RVG-VV Nrn. 2300, 3100; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 19.11.2009; Aktenzeichen 2 F 196/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss geändert:

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim AG - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 3.11.2009 wird geändert:

Die der Beschwerdeführerin als Zessionarin der den Klägern beigeordneten Rechtsanwältin V. aus der Landeskasse nach § 49 RVG zu zahlende Vergütung wird auf 755,65 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger haben den Beklagten zunächst außergerichtlich und sodann im Wege der Klage auf Abänderung einer notariellen Urkunde betreffend die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen.

Mit Beschluss vom 20.7.2009 hat das Familiengericht den Klägern Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung für den ersten Rechtszug bewilligt und ihnen Rechtsanwältin V. beigeordnet.

Der Rechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen; es ist noch über die Berufung der Kläger zu befinden (2 UF 22/10).

Die beigeordnete Rechtsanwältin hat ihre Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse im Einverständnis mit den Klägern an die D. A. V. A. abgetreten. Die Verrechnungsstelle hat die Abtretung angenommen.

Mit Schreiben vom 2.11.2009 hat die Zessionarin beantragt, die Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin auf insgesamt 755,65 EUR festzusetzen. Hierin enthalten ist eine Verfahrensgebühr von 319,80 EUR zzgl. Mehrwertsteuer (1,3 Wertgebühr nach § 49 RVG aus dem Gegenstandswert von 11 358 EUR). Im Antrag ist mitgeteilt, dass die beigeordnete Rechtsanwältin für die außergerichtliche Vertretung bezüglich desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr gem. VV 2300 - 2303 aus einem Gegenstandswert von 7 392 EUR erhalten hat, deren hälftige Anrechnung auf die Verfahrensgebühr jedoch unterbleibe, weil die Differenz zwischen den Prozesskostenhilfeanwaltsgebühren und den Wahlanwaltsgebühren höher sei als die hälftige Geschäftsgebühr (267,80 EUR netto).

Mit Beschluss vom 3.11.2009 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG die Vergütung der Prozessbevollmächtigten der Kläger auf 436,97 EUR festgesetzt. Dabei hat er die mitgeteilte hälftige Geschäftsgebühr zzgl. 19 % Umsatzsteuer auf den Vergütungsanspruch nach § 49 RVG angerechnet. § 58 Abs. 2 RVG, auf den sich die beigeordnete Rechtsanwältin für ihre Auffassung, dass eine Anrechnung zu unterbleiben habe, beziehe, sei auf den Vorschuss, den der Mandant seinem Anwalt auf die außergerichtlich entstandene Vergütung geleistet habe, nicht anwendbar.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Zessionarin hat das Familiengericht mit Beschluss vom 19.11.2009 zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Zessionarin mit der Beschwerde, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.

II. Auf das Verfahren ist das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden, weil es vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist (Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG).

Die Beschwerde, über die der Senat gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist zulässig, insb. ist der Beschwerdewert von 200 EUR überschritten (§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG). Die zur Festsetzung angemeldeten, unberücksichtigt gebliebenen Gebühren belaufen sich einschließlich Umsatzsteuer auf 318,68 EUR.

Als Abtretungsgläubigerin des Vergütungsanspruches des beigeordneten Anwaltes ist die Verrechnungsstelle antrags- und beschwerdeberechtigt.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Die beigeordnete Rechtsanwältin und damit auch die Zessionarin. haben gegen die Staatskasse Anspruch auf Festsetzung der geltend gemachten vollen Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG. Eine Teilanrechnung der von den Klägern erhaltenen Geschäftsgebühr auf die von der Staatskasse gem. § 49 RVG geschuldete Verfahrensgebühr ist nicht gerechtfertigt.

1. Zwar ist Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV-RVG, wonach die wegen desselben Gegenstandes nach Nrn. 2300 - 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist, auch anzuwenden, wenn dem Mandanten im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren der Rechtsanwalt beigeordnet wird. Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG enthält insoweit keine Differenzierung. Die Anrechnung hat daher immer dann zu erfolgen, wenn vorprozessual eine Geschäft...

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