Leitsatz (amtlich)

Auch im Rahmen einer Abänderungsklage (§§ 323 ZPO, 242 BGB) kann sich das unterhaltsberechtigte minderjährige Kind auf die Beweislastregel berufen (vgl. BGH v. 6.2.2002 – XII ZR 20/02, BGHZ 150, 12 ff. = FamRZ 2002, 536ff).

 

Verfahrensgang

AG Quedlinburg (Aktenzeichen 4 F 71/02)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG Quedlinburg vom 27.6.2002 – 4 F 71/02, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG Quedlinburg vom 27.6.2002 – 4 F 71/02 (Bl. 31 bis 32 d.A.), ist nicht begründet.

Denn zu Recht hat das AG das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen einer Partei gem. den §§ 114, 115 ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Beklagten gegen die Klage seiner minderjährigen Tochter, der Klägerin, auf Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Landkreises Quedlinburg vom 20.12.1994, Urkunden-Reg.-Nr. 507/1994 (Bl. 12 d.A.), derzufolge er dieser ab November 1994 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 141 DM (entspricht 72,10 Euro) schuldet, verneint und einen Unterhaltsanspruch der Klägerin ab Januar dieses Jahres i.H.v. 249,00 Euro für begründet erachtet.

Der Senat schließt sich nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage den zutreffenden Ausführungen des AG in dem angefochtenen Beschluss sowie in der Nichtabhilfeentscheidung vom 2.8.2002 (Bl. 46 d.A.) an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Bezug.

Auch das Beschwerdevorbringen vermag die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage zu stellen, sodass der Senat keine Veranlassung sieht, diese zu Gunsten des Beklagten abzuändern.

Ergänzend sei Folgendes bemerkt:

1. Der Beklagte kann sich nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen, weil er das Vorliegen derselben, unabhängig von den Erwägungen des AG, schon nicht schlüssig dargelegt hat. Denn er ist zur Zahlung des für den Zeitraum ab dem 1.1.2002 klägerseits geltend gemachten Unterhaltes von monatlich 249,00 Euro in jedem Fall als leistungsfähig anzusehen, da er sich zumindest so behandeln lassen muss, als verfüge er über entsprechende hinreichende Einkünfte. Seine Leistungsfähigkeit bestimmt sich nämlich nicht allein nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den zumutbarerweise erzielbaren Einkünften, weil er zur Sicherstellung des Mindestunterhalts gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit unterliegt, die sich auch, sofern nötig, bei einem vollschichtig Erwerbstätigen auf die Aufnahme einer geeigneten Nebentätigkeit erstreckt (vgl. OLG Hamm v. 1.9.1999 – 11 UF 3/99, OLGReport Hamm 2000, 253 = FamRZ 2000, 1178; Wiedenlübbert, Erhöhte Erwerbsobliegenheit des Barunterhaltspflichtigen, NJ 2002, 337 [338] m.w.N. in FN 20).

a) Selbst bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit muss der Unterhaltsverpflichtete alles Zumutbare unternehmen, um durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Die unternommenen Anstrengungen müssen im Unterhaltsprozess konkretisiert werden, und zwar durch eine nachprüfbare Aufstellung von monatlich durchschnittlich 20 bis 30 Bewerbungen, die konkret auf die entsprechenden Stellenangebote zugeschnitten sein müssen; Blindbewerbungen reichen grundsätzlich nicht aus (vgl. Palandt/Diederichsen, 61. Aufl., § 1603 BGB Rz. 38; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rz. 619 [620]). Als Arbeitsloser muss sich der Unterhaltspflichtige intensiv und ernsthaft um eine neue Arbeitsstelle bemühen. Hierzu reicht die Meldung beim zuständigen Arbeitsamt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keinesfalls aus, um der gesteigerten Erwerbsobliegenheit Genüge zu tun. Ebensowenig genügt es, sich auf die Vermittlungsbemühungen durch das Arbeitsamt zu beschränken, der Unterhaltsschuldner muss vielmehr selbstständig Arbeitsuche betreiben, dementsprechend sich auf Stellengesuche schriftlich bewerben und ggfs. sogar selbst eigene Stellenanzeigen schalten.

b) Die diesbezügliche – bislang nicht erfüllte – Darlegungs- und Beweislast für eine unter Umständen fehlende Leistungsfähigkeit trifft nach der gesetzlichen Konzeption des § 1603 BGB, der als Ausschluss- bzw. Ausnahmetatbestand zur prinzipiell gegebenen Unterhaltspflicht auf Grund der §§ 1601, 1602 BGB geregelt ist, gleichsam negativ den Beklagten als Unterhaltsschuldner. Dies gilt jedenfalls uneingeschränkt soweit und solange, als die Unterhaltsforderung – wie hier – nicht über den Regelunterhalt nach der Regelbetrag-VO zu § 1612a BGB hinausgeht (vgl. BGH v. 6.2.2002 – XII ZR 20/00, BGHReport 2002, 323 = MDR 2002, 644 = FamRZ 2002, 536 ff.; st. Rspr. OLG Naumburg, Beschl. v. 2.5.2001 – 14 UF 183/00, OLGReport Naumburg 2001, 559; ...

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