Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anfechtbarkeit einer einstweiligen Anordnung zum Umgang (Aufhebung eines Wechselmodells)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung des § 57 S. 2 FamFG ist abschließend und aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Rechtsmittelklarkeit nicht analogiefähig. Eine in einem Umgangsverfahren ergangene einstweilige Anordnung ist daher auch bei Regelung oder Aufhebung eines Wechselmodells nicht anfechtbar (Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 04.12.2012 - 8 UF 238/13, FamRZ 2014, 1389; entgegen OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.01.2020 - 2 UF 301/19, FamRZ 2020, 1181).

2. Die Aufhebung eines praktizierten Wechselmodells setzt nicht zwingend eine vorherige Klärung des Lebensmittelpunktes des Kindes in einem sorgerechtlichen Verfahren voraus und kann im Umgangsverfahren geregelt werden (Anschluss an OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.10.2020 - 6 UF 122/20, FamRZ 2021, 39; Fortführung von BGH, Beschluss vom 01.02.2017 - XII ZB 601/15, BGHZ 210, 31 = FamRZ 2017; 532).

 

Normenkette

BGB §§ 1671, 1684; FamFG § 57

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Beschluss vom 23.11.2020)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 02.12.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 23.11.2020 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens, mit dem nach mündlicher Erörterung eine Umgangsregelung dahingehend getroffen wurde, dass nach vorhergehendem paritätischen Wechselmodell nunmehr eine überwiegende Betreuung durch den Kindesvater angeordnet wurde.

Die Kindeseltern waren nicht verheiratet, lebten aber bis Ende März 2019 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Für die beiden gemeinsamen Söhne haben sie gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben.

Nach der Trennung haben die Kindeseltern hinsichtlich der Söhne zunächst einvernehmlich das Wechselmodell ausgeübt. Nachdem zunächst die Kindesmutter, die einen Umzug nach Stadt1 beabsichtigte, und später auch der Kindesvater einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gestellt hatten, einigten sich die Eltern im Verfahren vor dem Amtsgericht Wiesbaden zu Az. .../19 im Termin vom 20.12.2019 auf eine wechselseitige Rücknahme der Anträge und eine Fortführung des bislang praktizierten Wechselmodells in Stadt2. Auf Bl. 8 d.A. wird verwiesen. Dies wurde bis März 2020 auch entsprechend praktiziert.

Nach Unstimmigkeiten über eine angebliche Corona-Erkrankung des Kindesvaters verweigerte die Kindesmutter Ende April 2020 die Herausgabe der Kinder und zog mit diesen in ein von ihr in Stadt1 erworbenes Haus.

Auf Anregung des Kindesvaters auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Verfahren ordnete das Amtsgericht durch Beschluss ohne vorherige mündliche Erörterung vom 17.07.2020 wiederum ein Wechselmodell an, wonach sich die Kinder im wöchentlichen Wechsel bei den Eltern aufhalten und jeweils freitags nachmittags vom anderen Elternteil abgeholt werden sollten. Auf Bl. 50 ff. d.A. wird verwiesen.

Die Eltern haben im vorliegenden Verfahren zunächst wechselseitig eine Abänderung dahingehend beantragt, dass sich die Kinder monatlich nur insgesamt eine Woche und ein zusätzliches Wochenende beim anderen Elternteil aufhalten sollen.

In einem parallel vor dem Amtsgericht auf Antrag des Kindesvaters vom 04.06.2020 anhängigen Hauptsacheverfahren zum Sorgerecht, Az. .../20 SO, streiten die Eltern über den schwerpunktmäßigen Aufenthalt der Kinder. Hierzu wird derzeit ein Sachverständigengutachten eingeholt. Ein Hauptsacheverfahren zum Umgang ist vor dem Amtsgericht unter dem Az. .../20 UG ebenfalls anhängig.

Im vorliegenden Verfahren hat das Amtsgericht Kindeseltern, Kinder, Verfahrensbeistand und Jugendamt angehört und die Angelegenheit mündlich erörtert. Im Termin hat sich die Kindesmutter entgegen der vorherigen Anregung für eine Beibehaltung der hälftigen Aufteilung der Betreuung ausgesprochen. Auf Bl. 249 ff. d.A. wird Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.11.2020 hat das Amtsgericht den Beschluss vom 17.07.2020 dahingehend abgeändert, dass sich die Kinder - nach einer Sonderregelung bis zum Ende des Jahres 2020 - ab 2021 immer jeweils von freitags bis zum Sonntag der folgenden Woche bei der Mutter und sodann bis zum Freitag der übernächsten Woche beim Vater aufhalten sollen. Die Regelung beruhe auf §§ 1684 Abs. 1, 1697a BGB. Es entspreche - auch entsprechend der Empfehlung von Verfahrensbeistand und Jugendamt - jedenfalls bis zur Klärung ihres künftigen gewöhnlichen Aufenthalts im sorgerechtlichen Hauptsacheverfahren dem Wohl der Kinder am besten, wenn diese schwerpunktmäßig vom Vater in ihrem gewohnten Umfeld in Stadt2 betreut und versorgt würden. Auf Bl. 274 ff. wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Der Beschluss ist der Kindesmut...

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