Leitsatz (amtlich)

Die erstmalige Anordnung eines Wechselmodells bei ausschließlichem Streit der Kindeseltern über diese Frage kann nur im Rahmen eines Umgangsverfahrens erfolgen.

 

Normenkette

BGB §§ 1628, 1671, 1684, 1687, 1697a; FamFG § 57

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 401 F 1089/20)

 

Tenor

1. In Abänderung der angefochtenen Entscheidung verbleibt das Aufenthaltsbestimmungsrecht beiden Eltern gemeinsam. Es wird klarstellend festgestellt, dass damit die elterliche Sorge insgesamt den Kindeseltern gemeinsam zusteht.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Beschwerdewert wird auf 4.000,- EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kindeseltern streiten im Rahmen eines sorgerechtlichen Verfahrens darüber, ob hinsichtlich der Betreuung ihres gemeinsamen Kindes ein Wechselmodell anzuordnen ist.

Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die seit dem 20.02.2020 rechtskräftig geschiedenen Eltern der ... 2016 geborenen T. Sie lebten seit April 2018 zunächst innerhalb der ehelichen Wohnung, seit Februar 2019 dann auch räumlich voneinander getrennt.

T lebte nach der Trennung der Kindeseltern zunächst im mütterlichen Haushalt. Die Wohnverhältnisse gestalteten sich so, dass T und die Kindesmutter gemeinsam mit den Eltern der Kindesmutter eine Zweieinhalbzimmerwohnung bewohnten. Zum 15.03.2021 zog die Kindesmutter mit T in eine eigene Dreizimmerwohnung.

Der Kindesvater hatte großzügig Umgang mit T, wobei der Umfang zwischen den Kindeseltern im Einzelnen streitig ist. Er bewohnt eine eigene Wohnung, in der T ein kleines Zimmer hat, in räumlicher Nähe zu seinen Eltern.

Der Kindergarten, den T besucht, liegt auf halber Strecke zwischen den Haushalten der Kindeseltern.

Der Kindesvater hat behauptet, T habe im Jahr 2019 40% der Zeit bei ihm gelebt, im Jahr 2020 sei dies auf über 50 % erhöht worden. Zum Nachweis legt er Kalenderausdrucke mit Markierungen (Bl. 8-10 d. A.) vor. Er habe jedoch immer Überzeugungsarbeit leisten müssen, um die Kindesmutter zum Umgang zu bewegen. Daher erstrebt er eine rechtsgültige Regelung im Sinne eines Wechselmodells und hat gemeint, dieses entspreche dem Kindeswohl. T habe zu beiden Eltern eine enge Bindung. Das Wohnumfeld bei beiden Elternteilen sei auf die Bedürfnisse des Kindes zugeschnitten. Die Kindeseltern seien auch mit den Erziehungsmethoden des jeweils anderen Elternteils vertraut und hätten diese bisher akzeptiert.

Der Kindesvater hat in Anlehnung an die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 29.01.2020 (2 UF 301/19) mit Antrag vom 14.07.2020 die gerichtliche Herstellung des Wechselmodells im Rahmen eines mit "Antrag auf elterliche Sorge (Anordnung des paritätischen Wechselmodells)" überschriebenen Sorgeantrags begehrt.

Der Kindesvater hat erstinstanzlich beantragt,

folgende Regelung zu treffen:

1. T ist im wöchentlichen Wechsel in der Obhut der Mutter und des Vaters. Die Betreuungszeit der Mutter beginnt am Ende jeder geraden Kalenderwoche am Montag um 14.00 Uhr und endet in der folgenden Kalenderwoche am Montag um 14.00 Uhr.

Die Betreuungszeit des Vaters beginnt am Ende jeder ungeraden Kalenderwoche am Montag um 14.00 Uhr und endet in der folgenden Kalenderwoche am Montag um 14.00 Uhr.

2. Wenn durch Krankheit, Unterrichtsausfall oder andere Ereignisse ein besonderer Betreuungsbedarf entsteht, trägt jeweils der Elternteil die Verantwortung, der die Obhut hat.

3. T wird immer von dem betreuenden Elternteil der Vorwoche zu dem betreuenden Elternteil der folgenden Woche gebracht. Dabei wird eine Tasche mit den persönlichen Gegenständen, die T für Kindergarten, Sport und Freizeitaktivitäten braucht, übergeben.

4. Der Vater betreut jeweils in der zweiten Hälfte der hessischen Frühjahrs-, Sommer- und Herbstferien, die Mutter in der ersten.

5. Der Ferienumgang beginnt für den Vater in den hessischen Schulferien mit dem Schulschluss am letzten Schultag, für die Mutter an dem in der Ferienmitte liegenden Sonntag oder Donnerstag um 10.00 Uhr. Fällt der erste Schultag in die Obhutszeit des Vaters, endet der Ferienumgang bei der Mutter am letzten Tag vor Schulbeginn um 18.00 Uhr. Entsprechendes gilt umgekehrt bei einem Tausch der Ferienzeiten.

6. Die Eltern tauschen ihre Reisepläne bis zum 31. Januar eines Jahres aus, um Reisen eventuell durch Tausch zu ermöglichen. Sonderregelungen für die Himmelfahrts-/Pfingstferien oder für gesetzliche Feiertage sollen bis zu diesem Termin vereinbart werden.

7. In den Weihnachtsferien liegt die Obhut in den geraden Kalenderwochen in der ersten Ferienhälfte beim Vater. Im ungeraden Kalenderjahr ist es umgekehrt. Am ersten Weihnachtstag von 12:00 Uhr bis 19:00 Uhr hält sich T bei dem Elternteil auf, bei dem sie die zweite Ferienhälfte verbringt.

8. Ferienumgänge überlagern die normale Obhutszeit. Während der Ferien findet kein Umgang statt, auch wenn T zu Hause ist.

9. T's Geburtstag wird in den geraden Jahren bei der Mutter gefeiert, in den ungeraden Jahren bei dem V...

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