Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. mehrere Kündigungsschutzanträge

 

Leitsatz (amtlich)

Das Erstgericht handelt bei der Streitwertbemessung nicht ermessensfehlerhaft, wenn es auch dann von einem Bestandsstreit der Parteien i.S.v. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG ausgeht und die dort geregelte Obergrenze beachtet, wenn in demselben Rechtsstreit mehrere Folgekündigungen angegriffen werden, die zu erheblich späteren Entlassungsterminen und aus völlig anders gearteten Gründen das Arbeitsverhältnis beenden sollen als die streitgegenständliche erste Kündigung.

 

Normenkette

GKG §§ 42, 63, 68

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 16.12.2009; Aktenzeichen 6 Ca 3920/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.12.2009, Az.: 6 Ca 3920/09, in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 09.03.2010, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die bei der Beklagten seit August 1998 gegen ein Bruttomonatsgehalt von EUR 1.480,89 beschäftigte Klägerin hat gegen die ordentliche krankheitsbedingte Kündigung der Beklagten vom 28.04.2009 zum 31.07.2009 Kündigungsschutzklage erhoben.

Die ihr gegenüber hilfsweise ausgesprochenen Schriftsatzkündigungen vom 23.07.2009, 18.09.2009 und 09.10.2009, die jeweils auf Pflichtverstöße bei der Anzeige und dem Nachweis einer fortdauernden Erkrankung gestützt worden sind, wurden im Wege der Klageerweiterung ebenfalls mit Kündigungsschutzanträgen angegriffen.

Die Parteien haben sich vergleichsweise dahingehend verständigt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 09.10.2009 zum 28.02.2010 beendet worden ist, die Beklagte der Klägerin eine Abfindung in Höhe von EUR 1.000,– bezahlt und ihr ein qualifiziertes Zeugnis sowie eine Arbeitsbescheinigung unter Berücksichtigung des Inhalts des Vergleichs erteilt.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 16.12.2009 den Verfahrensstreitwert auf EUR 4.442,67 (= 3 Bruttomonatseinkommen) und den Vergleichswert auf EUR 6322,67 festgesetzt.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben gegen den ihnen am 18.12.2009 formlos zugeleiteten Beschluss mit Schriftsatz vom 05.03.2010 beim Erstgericht Beschwerde eingelegt und die Anhebung des Streitwerts um drei weitere Bruttomonatsgehälter begehrt.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 09.03.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,–, denn die einfache Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Gebührenstreitwert beträgt nach der Anlage 2 zum RVG EUR 176,–.

Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers können gegen die gerichtliche Festsetzung aus eigenem Recht das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, da die gerichtliche Gebührenfestsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist.

2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen in Bezug auf die begehrten Feststellungen nachvollziehbar ausgeübt und die hierbei gegebenen Grenzen nicht überschritten.

a) Das Beschwerdegericht bleibt bei der vom Landesarbeitsgericht Nürnberg in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass die Ermessensentscheidung des Erstgerichts zwar auf Ermessensfehler zu überprüfen ist, dass das Beschwerdegericht aber keine eigene, hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (so schon Beschluss vom 05.05.1986 – 1 Ta 3/85 – LAGE Nr. 53 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; vom 11.11.1992 – 6 Ta 153/92 – NZA 1993, 430; vom 07.04.1999 – 6 Ta 61/99 – NZA 1999, 840; vom 01.08.2003 – 6 Ta 98/03 – AR-Blattei ES 160.13 Nr. 248; vom 27.11.2003 – 9 Ta 190/03 – AR-Blattei ES, 160.13 Nr. 255; vgl. auch LAG München vom 21.11.1985 – 6 Ta 150/85 – LAGE Nr. 50 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; LAG Rheinland-Pfalz vom 24.03.1986 – 1 Ta 55/86 – LAGE Nr.54 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert).

b) Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage gegen die ordentliche krankheitsbedingte Kündigung vom 28.04.2009 zum 31.07.2009 nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG zutreffend mit drei Bruttomonatseinkommen bewertet. Nach mehr als einjähriger Betriebszugehörigkeit berücksichtigt die Entscheidung des Erstgerichts die typisierende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 30.11.1984 – 2 AZN 572/82 (B), NZA 1985, 369), die auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung abstellt und für die hier vorliegende Dauer von über einem Jahr die Festsetzung ...

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