Rz. 24

Die Nutzung der Wohnung zu Gewerbezwecken ohne ausdrückliche Genehmigung des Vermieters kann zur ordentlichen Kündigung berechtigen. Umgekehrt kann auch die Nutzung von Räumen, die als "Lager- und Abstellraum" vermietet worden sind, dauerhaft als Wohnung eine – nach Abmahnung sogar fristlose – Kündigung rechtfertigen (AG Bielefeld, Urteil v. 28.3. 2017, 407 C 111/16, ZMR 2017, 647).

Der Gebrauch der Mietsache kann auch dann vertragswidrig sein, wenn die Grenzen der vertraglich vereinbarten Nutzung überschritten werden. In üblichen "Heimarbeiten" in einer Wohnung kann jedoch nicht schon eine derartige vertragswidrige Nutzung gesehen werden. Die Herstellung von pornografischen Videoclips und deren Vermarktung aus der Wohnung heraus stellt per se noch keine Nutzung dar, die über den Wohngebrauch hinausgeht (AG Lüdinghausen, Urteil v. 11.10.2018, 4 C 76/18, ZMR 2019, 689). Zulässig sind nebenberufliche Tätigkeiten ohne Außenwirkung, z. B. als gelegentlicher Softwarehersteller (AG Münster, Urteil v. 18.1.1988, 48 C 355/87, WuM 1988, 429), Hellseher (LG Hamburg, Beschluss v. 23.3.1984, 11 S 22/84, WuM 1985, 263) oder astrologischer Berater für einzelne Kunden (LG Hamburg, Urteil v. 12.1.1993, 316 S 179/92, WuM 1993, 188), Schriftsteller (Morath, GE 2006, 628, 629), Fachautor, Maler, Übersetzer und Gutachter sowie das begrenzte Abhalten von Nachhilfestunden (Gather, GE 2001, 595) oder gelegentlicher Musikunterricht (Morath, GE 2006, 628). Auch die gelegentliche Nutzung einzelner Räume zu Bürozwecken ist ohne Zustimmung des Vermieters zulässig (LG Hamburg, Beschluss v. 13.3.1992, 311 S 203/91, WuM 1992, 241; LG Stuttgart, Urteil v. 20.2.1992, 16 S 327/91, WuM 1992, 250; LG Frankfurt a. M., Urteil v. 28.7.1995, 2/17 S 42/95, WuM 1996, 532; Morath, GE 2006, 628), soweit nicht die Mitmieter belästigt werden oder die Wohnung gefährdet wird. Auch die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes in einem Raum der Wohnung (Morath, GE 2006, 628, 629) ist zulässig. Wird aber der Umfang eines Kleinbetriebs durch die Beschäftigung von Hilfskräften, durch vermehrten Kundenbesuch oder Verwendung störender Maschinen ausgedehnt, so kann der Vermieter kündigen.

 

Rz. 24a

Die Nutzung der Wohnung zu einem bordellartigen Betrieb (AG Mönchengladbach, Urteil v. 17.06.1992, 20 C 563/90, ZMR 1993, 171; AG Berlin-Mitte, Urteil v. 6.1.1994, 3 C 552/93, GE 1994, 813) oder die Prostitution in einem bürgerlichen Wohnhaus (LG Lübeck, Urteil v. 20.10.1992, 6 S 48/92, NJW-RR 1993, 525) kann ein Kündigungsgrund sein. Wird ein Mietobjekt "zu Wohnzwecken und auch zu gewerblichen Zwecken" vermietet, so stellt der Betrieb einer bordellartigen Einrichtung keinen Vertragsverstoß dar, wenn Belästigungen der Mitbewohner niemals stattfanden, kein Verstoß gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts vorlag und die Anmietung nach Erlass des Prostitutionsgesetzes erfolgt ist (AG Aachen, Urteil v. 26.9.2006, 10 C 181/06, ZMR 2007, 41).

Hat ein Vermieter dem Gewerberaummieter die Räume zum Betrieb eines "Swinger-Clubs" vermietet, hat er dadurch jedenfalls stillschweigend sein Einverständnis mit typischen "Emissionen" erklärt, die mit dem Betrieb eines solchen Clubs verbunden sind; die (fristlose) Kündigung des Mietvertrags wegen Hausfriedensstörungen insbesondere durch Lärmbelästigungen der übrigen Mieter ist daher unwirksam (KG Berlin, Urteil v. 1.9.2003, 12 U 20/03, ZMR 2004, 261). Die Tätigkeit als "Fotomodell" oder "Hostess" in zu Wohnzwecken angemieteten Räumen berechtigt jedoch dann zur – zumindest fristgemäßen – Kündigung, wenn sie mit regem Publikumsverkehr und Störung der Mitmieter verbunden ist und trotz Abmahnung fortgesetzt wird.

 

Rz. 24b

Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten (z. B. Betriebsstättenangabe gegenüber Gewerbeamt, Geschäftsadressenangabe gegenüber Kunden), liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss und ihn daher zur ordentlichen Kündigung i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 berechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob von dem in der Wohnung geführten Betrieb in der Vergangenheit konkrete Störungen ausgegangen sind und der Mieter sich Mühe gegeben hat, solche zu vermeiden, z. B. indem er die für seinen Betrieb benötigten Fahrzeuge nicht auf dem Wohngrundstück oder auf der Straße in der Nähe des Grundstücks abgestellt hat (BGH, Urteil v. 31.7.2013, VIII ZR 149/13, WuM 2013, 554; LG Berlin, Urteil v. 14.7.2009, 65 S 114/06, GE 2009, 1126). Für eine Kündigung aufgrund der gewerblichen Mitbenutzung der Wohnung muss diese jedoch eine nennenswerte Außenwirkung entfalten (LG Berlin, Urteil v. 4.3.2016, 63 S 199/15, GE 2016, 526).

Eine Verpflichtung des Vermieters, eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume zu gestatten, kommt nur dann in Betracht, wenn von der beabsichtigten Tätigkeit – was der Mieter darzulegen und zu beweisen hat – keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei e...

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