Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, die in der … Berlin im Vorderhaus 1. OG rechts gelegenen Gewerberäume mit einer Flache von 76,66 qm (…) zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.800,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Räumung von Gewerberäumen.

Durch schriftlichen Mietvertrag vom 14./15. Oktober 1992 mietete der Beklagte von der Klägerin die in der … in Berlin-Friedrichshain gelegenen Gewerberäume im 1. OG rechts. Gemäß Ziffer 1.1 des Mietvertrages wurden dem Beklagten die Räume zum Betriebe eines Vermittlungsbüros für Beherbergungen – Büro- und Sozialräume – überlassen. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die entsprechende Anlage zur Klageschrift Bezug genommen (Bl. 4 ff. d.A.).

Bei einer polizeilichen Durchsuchung der Mieträume des Beklagten am 26. April 1993 stellte sich heraus, daß der Beklagte darin einen Bordellbetrieb eingerichtet hatte. In den Räumen wurden 5 Ausländerinnen, die dort der Prostitution nachgingen, angetroffen und später abgeschoben. Wegen dieses Sachverhalts ist gegen den Beklagten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen … wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländerrecht anhängig.

Mit Schreiben vom 03. Mai 1993 kündigte die Klägerin dem Beklagten das Mietverhältnis fristlos. Zur Begründung bezog sich die Klägerin auf den am 26. April 1993 festgestellten Sachverhalt.

Die Klägerin meint, die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt, weil ihr eine Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen des zerstörten Vertrauensverhältnisses nicht mehr zumutbar sei. Zudem sei es in der Vergangenheit mehrfach zu Belästigungen von Mitmietern im Hause … gekommen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die in der … in … Berlin im Vorderhaus, 1. OG rechts, gelegenen Gewerberäume bestehend aus 76,66 qm zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

ihm eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.

Der Beklagte meint, die Kündigung sei formell unwirksam, weil ihr keine Vollmacht beigefügt gewesen sei. Die Angaben der Klägerin als zutreffend unterstellt, sei die Nutzung als Bordell von der vertraglichen Regelung in Ziffer 1.1 des Mietvertrages gedeckt. Jedenfalls sei eine Abmahnung erforderlich gewesen, weil nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die Prostituierten am 26. April 1993 in ihr Heimatland abgeschoben worden seien, so daß die Wiederholungsgefahr entfallen sei.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

Die Klägerin kann von dem Beklagten Räumung des vermieteten Gewerbeobjekts gemäß § 556 BGB verlangen. Die Kündigung der Klägerin vom 03. Mai 1993 ist formell wie materiell wirksam.

1. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, daß der Kündigung keine Vollmacht beigefügt gewesen sei. Es ist zwar aus zahlreichen Parallelverfahren gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), daß Mietverträge der Klägerin, die mit der Nummer 47 … beginnen, solche Verträge sind, die sich auf ehemals unter Zwangsverwaltung gestellten Grundbesitz beziehen. Gleichwohl ist die Vermieterstellung der Klägerin aufgrund der Aufhebung der staatlichen Zwangsverwaltung zum 01. Januar 1993 nicht entfallen. Denn die Klägerin ist insoweit zur Verwaltung der Grundstücke vom Berliner Senat ermächtigt.

Ist die Klägerin demnach Vermieterin des Beklagten, so war die Beifügung einer Vollmachtsurkunde (§ 174 BGB) nicht erforderlich. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Verwaltertätigkeit der Klägerin keine Kündigungsbefugnis umfaßt, ist die Kündigung vom 03. Mai 1993 gleichwohl formell wirksam. Der Beklagte hat die Kündigung nämlich nicht unverzüglich zurückgewiesen (§ 174 Satz 2 BGB). Eine entsprechende Rüge ist erstmals in der Klageerwiderung vom 01. September 1993 enthalten.

2. Die Klägerin hat das Mietverhältnis zu Recht gemäß § 553 BGB gekündigt. Danach kann der Vermieter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor.

a) Dem substantiierten Vorbringen der Klägerin, daß er einen Bordellbetrieb eingerichtet und aufrechterhalten habe, ist der Beklagte trotz richterlichem Hinweises nicht mehr entgegengetreten. Damit war das Vorbringen der Klägerin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zugrundezulegen.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Ausübung eines Bordellbetriebs nicht vom Nutzungszweck des Mietvertrages in Ziffer 1.1 ged...

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