Rz. 467

Was Vertragsinhalt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Der Umfang der Herstellungspflicht des Bauträgers kann sich aus einem Exposé[1] oder einem Prospekt ergeben.[2] Dass Raumbuch, Baubeschreibung und Werbematerial eines Bauträgers nur dann Vertragsbestandteil werden, wenn sie notariell beurkundet werden, ist daher unzutreffend.[3]

 
Praxis-Beispiel

Die Preisungen der Bauträger

Beschreibt ein Bauträger die von ihm erstellte Wohnungseigentumsanlage in der Werbung als Seniorenresidenz und bewirbt er die von ihm vertriebenen Eigentumswohnungen mit Prädikaten wie behinderten- und rollstuhlgerecht, so ist die Übereinkunft des Bauträgers und des Erwerbers dahin auszulegen, dass die Wohnungen und das Objekt Seniorenresidenz den Qualitätsrichtlinien der DIN 18025 entsprechen sollen.[4] Wird ein Wohneigentum in einem Verkaufsprospekt als exklusive Luxuseigentumswohnung beschrieben, gelten als Beschaffenheitsvereinbarung die erhöhten Anforderungen der DIN 4109 für den Schallschutz. Unterschreitet der tatsächliche Schallschutz diese Anforderungen deutlich, ist der Käufer berechtigt, das Vertragsverhältnis über den "großen Schadensersatzanspruch" rückabzuwickeln.[5] Verspricht ein Verkaufsprospekt Ruhe und Komfort und garantiert "gutes Wohnen in attraktiven, ruhigen Stadtwohnungen, die auch hohen Ansprüchen an die Wohnqualität gerecht werden", kann der Erwerber erwarten, dass das Werk zum Zeitpunkt der Fertigstellung diejenigen Qualitäts- und Komfortstandards erfüllt, die auch vergleichbare andere, gleichwertig gestellte und abgenommene Bauwerke dieser Art erfüllen. Der Käufer kann also erwarten, dass er in seiner Wohnung Ruhe findet und sein Verhalten nicht einschränken muss, um Vertraulichkeit zu wahren, und dass angehobene Sprache in der Nachbarwohnung im Allgemeinen nicht zu verstehen ist.[6] Beschreibt ein Prospekt ein Haus als exklusiv und großzügig mit "großzügigen Privatgärten", darf der Erwerber erwarten, dass die Gartenfläche über einen direkten und ausreichend breiten Zugang verfügt und nicht nur über das Wohnzimmer und die Terrassentüre oder über die Garage erreicht werden kann.[7] Aus der allgemeinen Aussage in einem Prospekt, es werde auch für Familien und Senioren gebaut, kann hingegen nicht der Schluss gezogen werden, dass die Wohnungen seniorengerecht oder insgesamt barrierefrei ausgeführt werden.[8] Die Zusage, dass der Zugang zur Wohnung, den Kellerräumen und den Tiefgaragenplätzen barrierefrei ausgeführt wird, enthält keine verbindliche Aussage dahin gehend, dass die Terrassen ebenfalls barrierefrei zugänglich sind.[9]

Das Bau-Soll kann sich auch aus einem als "Werbeunterlage" genutzten Modell ergeben. Dem Modell eines Gebäudes kommt bei der Veranschaulichung der späteren Bauausführung nämlich eine ganz besondere Bedeutung zu. Einem durchschnittlichen Käufer, der eine erst noch zu errichtende Wohnung erwirbt, wird es in aller Regel schwerfallen, sich das Aussehen des Gebäudes und die Lage der ihn interessierenden Wohnung in diesem vorzustellen. Hierbei hilft ihm das Modell mehr als die Ansicht von Plänen. Etwaige Widersprüche zwischen dem Modell und der Bauausführung können deshalb zulasten des Bauträgers gehen.[10]

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