Rdn 1803

 

Literaturhinweise:

Hammerstein, Die Grenzen des Erklärungsrechts nach § 257 StPO, in: Festschrift für Kurt Rebmann, 1989, S. 233

Hohmann, Das Erklärungsrecht von Angeklagtem und Verteidiger nach § 257 StPO, StraFo 1999, 153

Leipold, Form und Umfang des Erklärungsrechts nach § 257 StPO und seine Auswirkungen auf die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofes, StraFo 2001, 300

Rieß, Gedanken über das Geständnis im Strafverfahren, in: Festschrift für Christian Richter II, 2006, S. 433

Rode, Soll sich der Beschuldigte außerhalb der Hauptverhandlung äußern und gegebenenfalls wie?, StraFo 2003, 42

ders., Das Geständnis in der Hauptverhandlung, StraFo 2007, 98

Wesemann, Beanstandungs- und Erklärungsrechte zur Schaffung von Freiräumen der Verteidigung, StraFo 2001, 293

s.a. die Hinweise bei → Erklärungen des Verteidigers, Allgemeines, Teil E Rdn 1772.

 

Rdn 1804

1. Gem. § 257 Abs. 1 soll nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung, wie z.B. einer Zeugen- oder SV-Vernehmung, aber auch nach der Erhebung eines Urkundenbeweises durch das → Urkundenbeweis, Selbstleseverfahren, Teil U Rdn 3193, der Angeklagte befragt werden, ob er dazu etwas zu erklären hat. Die Vorschrift sichert das rechtliche Gehör des Angeklagten (KK-Diemer, § 257 Rn 1; zum Erklärungsrecht des Angeklagten/Verteidigers in Form eines "Opening Statement" → Erklärungen des Verteidigers, Opening Statement, Teil E Rdn 1778).

 

Rdn 1805

Obwohl es sich bei der Vorschrift nur um eine Sollvorschrift handelt, darf das Gericht nicht ohne besonderen Grund von der Befragung des Angeklagten absehen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 257 Rn 2, zur Revision § 257 Rn 9). Diese ergänzt ggf. die → Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3650. Will der Angeklagte daher von der Möglichkeit, eine Erklärung abzugeben, Gebrauch machen, muss ihm dazu Gelegenheit gegeben werden. Der Verteidiger kann/muss dann für ihn das Wort erbitten. Er braucht sich nicht auf das → Fragerecht des Angeklagten, Teil F Rdn 1877, oder auf sein Schlusswort (→ Letztes Wort des Angeklagten, Teil L Rdn 2209) verweisen zu lassen (Dahs, Rn 528).

 

☆ Wird dem Angeklagten das Erklärungsrecht nicht eingeräumt, muss der Verteidiger diese Maßnahme der →  Verhandlungsleitung , Teil V Rdn  3407 , des Vorsitzenden beanstanden und ggf. nach § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen.Angeklagten das Erklärungsrecht nicht eingeräumt, muss der Verteidiger diese Maßnahme der → Verhandlungsleitung, Teil V Rdn 3407, des Vorsitzenden beanstanden und ggf. nach § 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss herbeiführen.

Ob ein Angeklagter im Rahmen seines Erklärungsrechts nach § 257 Abs. 1 erstmalig in der HV Angaben zur Sache gemacht hat (→ Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3650), ist nach der Rspr. des BGH eine wesentliche Förmlichkeit der HV und deshalb protokollierungspflichtig (BGH NJW 1996, 533; s. aber BGH NStZ 1994, 449 und dazu a. Wesemann StraFo 2001, 298).

 

Rdn 1806

 

2. Hinweis für den Verteidiger!

Da Erklärungen des Angeklagten nach § 257 Abs. 1 eine Sacheinlassung ggf. ergänzen, muss der Verteidiger sorgfältig überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, den Angeklagten eine Erklärung abgeben zu lassen (ähnl. Wesemann StraFo 2001, 298, der ebenfalls zu zurückhaltendem Gebrauch rät). Soll der Angeklagte zur Sache an sich insgesamt schweigen, wird sich eine Erklärung nach § 257 Abs. 1 nicht empfehlen. Diese wäre dann ggf. eine Teileinlassung und als solche zusammen mit dem vorherge­henden Schweigen gegen den Angeklagten verwertbar (→ Vorbereitung der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 3944). Häufig geraten die Erklärungen des Angeklagten zudem auch zu lang und zu weitschweifig und richten deshalb dann meist mehr Schaden an, als sie Nutzen bringen (zu allem a. Hohmann StraFo 1999, 156). Aber auch, wenn der Angeklagte sich zur Sache einlässt, ist bei Erklärungen des Angeklagten Vorsicht geboten. Denn häufig, insbesondere wenn es um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen geht, geraten diese so emotional, dass sie – zumindest bei den Laienrichtern – einen schlechten Eindruck hinterlassen.

 

☆ Ggf. wird der Verteidiger daher um eine kurze →  Unterbrechung der Hauptverhandlung , Teil U Rdn  3131 , bitten (müssen), um mit seinem Mandanten zu besprechen, ob und wenn ja, welche Erklärung dieser abgeben will/soll. Oft empfiehlt es sich, dass der Verteidiger die vom Angeklagten beabsichtigte Erklärung selbst abgibt (zur Bewertung einer Erklärung des Verteidigers als Einlassung des Angeklagten s.u.a. BGH NStZ 1994, 352; 2006, 408; →  Erklärungsrecht des Verteidigers , Teil E Rdn  1807  f.).kurze → Unterbrechung der Hauptverhandlung, Teil U Rdn 3131, bitten (müssen), um mit seinem Mandanten zu besprechen, ob und wenn ja, welche Erklärung dieser abgeben will/soll. Oft empfiehlt es sich, dass der Verteidiger die vom Angeklagten beabsichtigte Erklärung selbst abgibt (zur Bewertung einer Erklärung des Verteidigers als Einlassung des Angeklagten s.u.a. BGH NStZ 1994, 352; 2006, 408; → Erklärungsrech...

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