Gesetzestext

 

(1) Bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts ist von dem Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Dieser ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks (§ 186) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (§ 187).

(2) Der Reinertrag des Grundstücks ist um den Betrag zu vermindern, der sich durch eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt; dies ergibt den Gebäudereinertrag. Der Verzinsung des Bodenwerts ist der Liegenschaftszinssatz (§ 188) zugrunde zu legen. Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, und ist eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich, ist bei der Berechnung des Verzinsungsbetrags der Bodenwert dieser Teilfläche nicht zu berücksichtigen.

(3) Der Gebäudereinertrag ist mit dem sich aus der Anlage 21 ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Maßgebend für den Vervielfältiger sind der Liegenschaftszinssatz und die Restnutzungsdauer des Gebäudes. Die Restnutzungsdauer wird grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage 22 ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ermittelt. Sind nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben, ist von einer der Verlängerung oder Verkürzung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen. Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt regelmäßig mindestens 30 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer.

Gesetzesbegründung: BT-Drucks 16/11107, S. 21, 22.

Verwaltungsanweisung: R B 185 ff. ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 185 Abs. 1 BewG regelt die Grundzüge der Ermittlung des Gebäudeertragswerts. Ermittlungsgrundlage sind die Entgelte, die für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von 12 Monaten zu zahlen sind, insb. also Mieten, Pachten. Da Mieten, Pachten immer auch einen Entgeltanteil für die Nutzung des Grund und Bodens enthalten, ist zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts der Entgeltanteil, der auf den Grund und Boden entfällt, herauszurechnen. Außerdem herauszurechnen sind die offen ausgewiesenen Betriebskosten sowie die internen sog. Bewirtschaftungskosten. Im Ergebnis ergibt sich letztlich der Gebäudeertragswert aus der Kapitalisierung des Nettoreinertrags.

B. Tatbestand

I. Ermittlung des Rohertrags (1. Schritt)

 

Rz. 2

Zunächst ist der Rohertrag des Grundstücks zu ermitteln. Was Rohertrag im hier verstandenen Sinne ist, wird in § 186 BewG definiert. Ermittlungsgrundlage ist das vereinbarte Entgelt (Miete/Pacht) nach Abzug der umgelegten Betriebskosten. "Vereinbartes" Entgelt bedeutet, dass es auf das Entgelt laut Miet- oder Pachtvertrag bzw. sonstige Nutzungsvereinbarung ankommt. Zu Einzelheiten siehe R B 186.1 ErbStR 2019, in denen auch noch einmal expressis verbis klargestellt wird, dass es sich bei dem Entgelt um eine Sollmiete und keine "Zahlmiete" handelt. Mietausfälle fallen somit nicht ins Gewicht; das Entgelt wird auch in diesen Fällen nach den vereinbarten vertraglichen Konditionen berechnet (R B 186 Abs. 1 S. 5–7 ErbStR 2019).

II. Betriebskosten

 

Rz. 3

Nicht zum Entgelt (Rohertrag) gehören die als Umlage gezahlten Betriebskosten i.S.d. § 27 II. BV oder § 2 BetrKV, die neben der Miete mit dem Mieter abgerechnet werden können (umlagefähige Betriebskosten). Sind die Betriebskosten ganz oder teilweise in der vereinbarten Miete enthalten, sind sie herauszurechnen. Werden Betriebskosten pauschal erhoben und nicht mit dem Mieter abgerechnet, sind sie im Entgelt zu erfassen; die tatsächlich angefallenen Betriebskosten sind davon abzuziehen. Von den Betriebskosten sind die i.d.R. in die Miete eingerechneten Bewirtschaftungskosten zu unterscheiden. Diese werden erst im Rahmen des § 187 BewG berücksichtigt (siehe dazu § 187 BewG Rdn 2–4).

III. Entgelt am Bewertungsstichtag

 

Rz. 4

Maßgebend ist der am Bewertungsstichtag = Besteuerungsstichtag maßgebende Vertrag. Auf die Zahlungsweise, Zahlungsverzug bzw. Rückstand u. dgl. kommt es nicht an. Ermittlungsgrundlage ist das Entgelt, das umgerechnet auf 12 Monate zu zahlen ist. Dabei kommt es nach Auffassung der Finanzverwaltung auf die zurückliegenden 12 Monate an. Die Formulierung "zu zahlen ist" deutet dagegen eher auf eine zukunftsbezogene Betrachtung hin, ansonsten stünde dort "zu zahlen war".

 

Beispiele lt. HB 186.1 "Gestaffelte Mietänderung" ErbStH 2019

V vermietete als Eigentümer ab dem 1.6.2016 langfristig ein Laborgebäude mit einer Nutzfläche von 120 m². Die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete betrug 800 EUR. Zum jeweils 1.6. eines Jahres sieht der Mietvertrag eine Steigerung der vereinbarten Nettokaltmiete in Höhe von 0,20 EUR je m² Wohnfläche vor. Am 31.1.2018 verstarb V. Das vereinbarte Entgelt zum Bewertungsstichtag am 31.1.2018 ermittelt sich wie folgt:

 
vereinbarte monatliche Miete (800 EUR x 12) 9.600 EUR
Mietsteigerung zum 1.6.2017 (0,20 EUR x 120 m² x 12) + 288 EUR
Entgelt nach § 186 Abs. 1 BewG 9.888 EUR

W...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge