Das Ertragswertverfahren kommt zur Anwendung (§ 182 Abs. 3 BewG) bei Mietwohngrundstücken (§ 181 Abs. 3 BewG) sowie bei Geschäftsgrundstücken (§ 181 Abs. 6 BewG) und gemischtgenutzten Grundstücken (§ 181 Abs. 7 BewG), wenn eine übliche Miete ermittelbar ist.

Bei der Bewertung nach dem Ertragswertverfahren ist das Gebäude auf fremdem Grund und Boden mit dem Gebäudeertragswert anzusetzen (§ 195 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 185 BewG). Der Gebäudeertragswert kann nach folgendem Schema ermittelt werden (Abschn. 13 BewErlGV 2009):

 
Rohertrag (Jahresmiete oder übliche Miete)
- Bewirtschaftungskosten
= Reinertrag des Grundstücks
- Bodenwertverzinsung
= Gebäudereinertrag
x Vervielfältiger (Anlage 21 zum BewG)
= Gebäudeertragswert

Ausgangsgröße bildet der Rohertrag (§ 186 BewG): Anzusetzen ist die tatsächliche Miete oder die ortsübliche Miete bezogen auf ein Jahr (sog. Jahres-Kaltmiete).

Als Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) sind vorrangig die durch den Gutachterausschuss festgelegten Bewirtschaftungskosten anzusetzen. Ansonsten kommen die pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach der Anlage 23 BewG zur Anwendung.

Die Bodenwertverzinsung (§ 185 Abs. 2 BewG) ist anhand des Bodenwerts (§ 179 BewG) und unter Berücksichtigung des maßgebenden Liegenschaftszinssatzes (§ 188 BewG) zu ermitteln.

Der Vervielfältiger (Kapitalisierungsfaktor, § 185 Abs. 3 BewG) ist der Anlage 21 BewG zu entnehmen. Er hängt einerseits von dem Liegenschaftszinssatz und zum anderen von der Restnutzungsdauer ab. Die Restnutzungsdauer ist nicht mit mindestens 30 % der Gesamtnutzungsdauer anzusetzen (also keine Mindestrestnutzungsdauer – § 195 Abs. 2 Satz 3 BewG: § 185 Abs. 3 Satz 5 BewG ist nicht anzuwenden). Beträgt die Restlaufzeit weniger als ein Jahr, ist der Vervielfältiger mit einem Wert von 0 anzusetzen. Die Restnutzungsdauer hängt zudem davon ab, ob das Gebäude am Ende der Nutzungsberechtigung zu beseitigen ist oder nicht (§ 195 Abs. 2 Satz 2 BewG):

  1. Das Gebäude ist nicht zu beseitigen: Die Restnutzungsdauer ermittelt sich in diesem Fall nach folgender Formel:

     
    Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer laut Anlage 22 BewG
    ./. tatsächliches Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag

    = maßgebende Restnutzungsdauer des Gebäudes

    –> Kein Mindestansatz (§ 195 Abs. 2 Satz 3 BewG)
     
    Praxis-Beispiel

    Bewertung eines Mietwohngrundstücks auf fremdem Grund und Boden

    Zu bewerten ist ein Mietwohngrundstück auf fremdem Grund und Boden (Rohertrag 45.000 EUR, Bezugsfertigkeit 1999) zum Bewertungsstichtag 20.3.2009 beim Erben, als Rechtsnachfolger des Nutzungsberechtigten.

    Die Grundstücksgröße beträgt 500 qm (maßgebender Bodenrichtwert 300 EUR/qm). Der vereinbarte jährliche Pachtzins für das Grundstück beträgt 3.000 EUR. Das Nutzungsrecht läuft noch bis zum 31.12.2031. Das Gebäude wird nach Ablauf des Rechts mit dem Verkehrswert entschädigt.

    Lösung

    Der Grundbesitzwert für die zu bewertende wirtschaftliche Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" ermittelt sich nach § 195 Abs. 2 i. V. m. § 185 BewG wie folgt:

     
    Rohertrag § 186 BewG 45.000 EUR

    ./. Bewirtschaftungskosten Anlage 23 BewG

    –> Rest-ND 70 Jahre –> 21 %
    ./. 9.450 EUR
    = Reinertrag des Grundstücks = 35.550 EUR
    ./. Bodenwertverzinsung (§ 185 + § 188 BewG) ./. 7.500 EUR
    = Gebäudereinertrag = 28.050 EUR

    x Vervielfältiger (Anlage 21 zum BewG)

    Rest-ND 70 J, Liegenschaftszins 5 %
    x 19,34
    = Gebäudeertragswert = Grundbesitzwert = 542.487 EUR
  2. Das Gebäude ist zu beseitigen: Ist das Gebäude nach Ablauf des Nutzungszeitraums zu beseitigen, ist die verbleibende Gesamtnutzungsdauer (und nicht die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer nach der Anlage 22 BewG) als Ausgangsgrundlage zu nehmen (§ 195 Abs. 2 Satz 2 BewG). Die verbleibende Gesamtnutzungsdauer ist der Zeitraum ab dem Bewertungsstichtag bis zum Zeitpunkt der Nutzungsbeendigung (nur volle Jahre). Die Regelung zur Mindestrestnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 Satz 5 BewG) ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. Die Restnutzungsdauer ermittelt sich in diesem Fall wie folgt:

     
    Verbleibende Gesamtnutzungsdauer (§ 195 Abs. 2 Satz 2 BewG)
    ./. tatsächliches Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag

    = maßgebende Restnutzungsdauer des Gebäudes

    –> Kein Mindestansatz (§ 195 Abs. 2 Satz 3 BewG)
     
    Praxis-Beispiel

    Bewertung eines Mietwohngrundstücks auf fremdem Grund und Boden (Abwandlung)

    Wie Beispiel zuvor. Indessen sind die aufstehenden Gebäude bei Ablauf des Rechts am 30.6.2050 zu beseitigen.

    Lösung

    Der Grundbesitzwert für die zu bewertende wirtschaftliche Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" ermittelt sich nach § 195 Abs. 2 i. V. m. § 185 BewG wie folgt:

     
    Rohertrag § 186 BewG 45.000 EUR

    ./. Bewirtschaftungskosten Anlage 23 BewG

    –> Mietwohngrundstück, Rest-ND 70 Jahre

    –> 21 %
    ./. 9.450 EUR
    = Reinertrag des Grundstücks = 35.550 EUR
    ./. Bodenwertverzinsung (§ 185 + § 188 BewG) ./. 7.500 EUR
    = Gebäudereinertrag = 28.050 EUR
    x Vervielfältiger (Anlage 21 zum BewG) Rest-ND 41 J, Liegenschaftszins 5 % x 17,29
    = Gebäudeertragswert = Grundbesitzwert = 484.984 EUR

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