Rz. 1

Die Frage, wer Steuerschuldner ist, ist nach § 43 AO für die Erbschaft-/Schenkungsteuer in § 20 ErbStG geregelt. Die Vorschrift des § 20 ErbStG gehört zum IV. Teil des ErbStG "Steuerfestsetzung und Erhebung". Sie regelt nicht nur, wer Steuerschuldner der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer ist, sondern gibt darüber hinaus eine Antwort darauf, wer Steuerpflichtiger ist, denn wer Steuerschuldner ist, der ist nach § 33 Abs. 1 AO gleichzeitig auch Steuerpflichtiger.

An die Steuerschuldnereigenschaft i.S.v. § 20 ErbStG sind diverse erbschaft-/schenkungsteuerliche Konsequenzen geknüpft. Insb. zu nennen sind die Anzeigepflicht (§ 30 ErbStG) und die ggf. entstehenden Erklärungspflichten (§ 31 ErbStG) sowie auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen[1] bei Verletzung verfahrensrechtlicher Verpflichtungen.

 

Rz. 2

Steuerschuldner ist der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Schenker. Mehrere Erwerber sowie Beschenkte und Schenker sind Gesamtschuldner; Näheres siehe Rdn 39 ff.

Der Steuerschuldner muss für die Steuerschuld nicht nur mit dem ererbten Vermögen, sondern auch mit dem eigenen Vermögen einstehen. Davon zu unterscheiden ist die Haftung für die Erbschaft-/Schenkungsteuer. Über den eigentlichen Wortlaut der Überschrift zu § 20 ErbStG "Steuerschuldner" hinaus[2] normiert § 20 ErbStG in den Absätzen 3, 5, 6 und 7 auch noch, wer oder was für die Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer haftet (siehe Rdn 63 ff.) und bestimmt in Absatz 4, aus wessen Vermögen die Erbschaftsteuer im Falle der Vorerbschaft (siehe Rdn 70) zu entrichten ist. § 20 ErbStG bietet der Verwaltung gleich mehrere Möglichkeiten, den Erbschaftsteueranspruch geltend zu machen. Die Vorschrift dient somit letztlich auch dazu, die Steuer nicht nur festzusetzen, sondern auch das Steueraufkommen zu sichern. Siehe auch Rdn 76.

 

Rz. 3

Für Erwerbe kommen seit dem 1.1.2009 auch Lebenspartner als Steuerschuldner in Frage. § 20 ErbStG wurde durch Art. 1 Nr. 19 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24.12.2008 (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG)[3] insoweit geändert, als die Vorschrift des § 20 Abs. 2 ErbStG um den überlebenden Lebenspartner erweitert worden ist. Diese Ergänzung war notwendig geworden, nachdem auch der überlebende Lebenspartner durch die Gesetzesreform über Art. 1 Nr. 3 ErbStRG[4] in § 4 Abs. 1 ErbStG aufgenommen worden ist. Inzwischen haben gleichgeschlechtliche Paare das Recht auf Eheschließung; am 1.10.2017 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das ihnen die Eheschließung ermöglicht. Die Begründung neuer eingetragener Lebenspartnerschaften ist seit dem 1.10.2017 nicht mehr möglich. Bestehende Lebenspartnerschaften bleiben aber bestehen.

 

Rz. 4

Im Rahmen einer Stundung der Steuer eines Erwerbers einer vermieteten Wohnimmobilie hat die Gesamtschuldnerschaft mit dem Schenker nach § 20 Abs. 1 ErbStG durch § 28 Abs. 3 ErbStG seit dem 1.1.2009 eine zusätzliche Bedeutung erlangt. Nach § 28 Abs. 3 ErbStG besteht ein Anspruch auf Stundung der Erbschaftsteuer auf vermietete Wohnimmobilien bis zu 10 Jahren (siehe Rdn 43). Dasselbe gilt für die Erbschaftsteuer, die auf ein selbst genutztes Ein- oder Zweifamilienhaus bzw. auf Wohnungseigentum entfällt. Bei Schenkungen scheidet nach R E 28 Abs. 7 S. 4 ErbStR 2019 eine Stundung aus, wenn der Schenker in Anspruch genommen werden kann, weil er die Schenkungsteuer übernommen hat (siehe Rdn 50 ff.) oder als Gesamtschuldner (siehe Rdn 39 ff.). Entgegen den ErbStR und der von Teilen der Literatur[5] vertretenen Auffassung entschied das FG Münster[6] m.E. zutreffend: Einer Stundung der Schenkungsteuer gegenüber dem Erwerber kann nicht entgegengehalten werden, dass der Schenker möglicherweise als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden kann. Der Wortlaut des § 28 Abs. 3 S. 1 ErbStG stelle ausschließlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erwerbers und auf dessen Steuerschuld ab. Die Frage, ob der Schenker als Gesamtschuldner bei einer Stundung der Schenkungsteuer gegenüber dem Beschenkten ermessensfehlerfrei in Anspruch genommen werden kann (§ 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG i.V.m. § 44 AO), sei eine der Entscheidung über die Steuerstundung für den Beschenkten nachgelagerte Fragestellung.

[2] Tipke/Drüen, AO, § 33 Rn 5. Dieses wird umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass mehr als die Hälfte der in § 20 ErbStG aufgeführten Absätze die Haftung und eben nicht die Steuerschuldnerschaft betreffen.
[3] BStBl I 2009, 140, 149.
[4] BStBl I 2009, 140, 141.
[5] Z.B. Wälzholz, in: Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG, § 28 Rn 34; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 28 Rn 17.

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