Gesetzestext

 

(1)In einem Erbvertrag kann jeder der Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen treffen.

(2)Andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts können vertragsmäßig nicht getroffen werden.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift ergänzt § 1941 Abs. 1 BGB, in dem sie deutlich macht, dass zum einem jeder Vertragsschließende vertragsmäßige letztwillige Verfügungen treffen kann, zum anderen, dass andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen vertragsmäßig nicht getroffen werden können. Die Beschränkung der vertragsmäßigen Verfügungen entspricht der Regelung für wechselbezügliche Verfügungen beim Ehegattentestament (§ 2270 Abs. 3 BGB). Die Beschränkung der vertragsmäßigen Verfügungen ist angelehnt an das gemeine Recht, das nur die Erbeinsetzung und das Vermächtnis kannte; die Auflagenverträge waren zunächst auch nicht vorgesehen, sind aber später von der II. Kommission eingeführt worden.[1]

[1] Prot. V, S. 405.

B. Tatbestand

I. Vertragsschließende

 

Rz. 2

Der Erbvertrag ist anders als das gemeinschaftliche Testament nicht nur Ehegatten (§ 2265 BGB) und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern (§ 10 Abs. 4 LPartG) vorbehalten; er kann die vertragsmäßigen Verfügungen nur einer Person, aber auch mehrerer Personen enthalten.[2]

[2] Reithmann, DNotZ 1957, 527.

II. Vertragsmäßige Verfügungen

 

Rz. 3

Als vertragsmäßige Verfügungen kommen nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen sowie die Rechtswahl in Betracht (Abs. 2). Der Erblasser kann den Vertragspartner oder einen Dritten als Erben einsetzen (§ 1941 Abs. 2 BGB) bzw. mit einem Vermächtnis bedenken. Mit einem Vermächtnis beschwert werden kann entweder ein Erbe oder ein Vermächtnisnehmer, nicht dagegen deren Erben. Darüber hinaus kann auch eine Stiftung durch vertragsmäßige Verfügung errichtet werden, § 83 BGB.[3] Andere letztwillige Verfügungen, wie z.B. Teilungsanordnung,[4] Erbausschließung (§ 1938 BGB)[5] oder Ernennung eines Testamentsvollsteckers,[6] können nur als einseitige Verfügungen getroffen werden und sind ausschließlich nach Testamentsrecht zu beurteilen (§ 2299 BGB). Der Erbvertrag muss mindestens eine vertragsmäßige Verfügung enthalten, anderenfalls liegt kein Erbvertrag, sondern nur ein Testament vor;[7] eine Umdeutung ist nicht erforderlich.[8] Betrifft die letztwillige Verfügung die Erbeinsetzung, ein Vermächtnis oder eine Auflage, liegt nicht zwingend eine vertragsmäßige Verfügung vor.[9] Wird sie nicht ausdrücklich als solche bezeichnet, ist die Vertragsmäßigkeit einer solchen Verfügung nach §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln.[10]

[3] BGHZ 70, 313.
[5] Für die Pflichtteilsentziehung siehe BGH FamRZ 1961, 437.
[6] OLG Düsseldorf ZEV 1994, 302.
[7] BGHZ 26, 204.
[8] Staudinger/Kanzleiter, § 2278 Rn 3; a.A. Soergel/Wolf, § 2278 Rn 3, 4 a.E.
[9] BayObLG FamRZ 1997, 911; OLG Hamm FamRZ 1996, 637; BayObLG FamRZ 1994, 196.

III. Auslegung

 

Rz. 4

Ist zweifelhaft, ob eine vertragsmäßige Verfügung vorliegt, ist zu prüfen, inwieweit eine vertragliche Bindung gewollt war.[11] § 2270 BGB kann ergänzend herangezogen werden.[12] Das Interesse des Vertragspartners an der Vertragsmäßigkeit und damit an der Bindungswirkung einer Verfügung ist ausschlaggebend.[13] Eine solche vertragliche Bindung ist daher anzunehmen, wenn der Vertragspartner selbst[14] oder eine ihm nahestehende dritte Person bedacht wird,[15] ferner, wenn ein Vertragspartner ein Interesse an der Bindungswirkung hatte.[16] Setzen die Ehegatten für den Fall des Todes des überlebenden Ehegatten ihre Kinder ein, wird eine vertragsmäßige Verfügung ebenfalls anzunehmen sein,[17] ebenso, wenn die ein Kind begünstigende Verfügung dem Ausgleich einer lebzeitigen Zuwendung an ein anderes Kind dienen soll.[18] Anders dagegen, wenn Verwandte bedacht werden. Eine Bindung an die Verfügung zugunsten der eigenen Verwandten ist i.d.R. abzulehnen.[19]

[11] BayObLG FamRZ 1994, 196.
[12] BGH NJW 1961, 120; OLG Zweibrücken FamRZ 1995, 1021.
[13] BayObLG FamRZ 1989, 1353, 1354.
[14] BGHZ 106, 359 = NJW 1989, 2885.
[15] BayObLG FamRZ 1997, 911, das in dem zu entscheidenden Fall eine Bindungswirkung verneint.
[16] BGH ZEV 2002, 150; BayObLG ZEV 2004, 244 – jeweils zur Ersatzerbfolge.
[19] BGH NJW 1961, 120.

IV. Bindung

 

Rz. 5

Nur hinsichtlich der vertragsmäßigen Verfügungen entsteht aufgrund der Einigung der Vertragsschließenden eine vertragliche Bindung. Die Bindung wirkt nur erbrechtlich und macht alle früheren und späteren letztwilligen Verfügungen, soweit sie den vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen (§ 2289 BGB), unwirksam. Dagegen bestehen keine schuldrechtlichen Verpflichtungen; der Erblasser kann über sein Vermögen unter Lebenden nach §§ 2286 ff. BGB verfügen. Während das Testament und damit die einseitigen Verfügungen, die nach Testamentsrecht zu beurteilen sind (§ 2299 BGB), frei widerruflich sind (§§ 2253 ff. BGB), ist die freie Widerruflichkeit bei den vertragsmäßig getroffenen Verf...

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