Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbscheinserteilung

 

Normenkette

BGB §§ 2278, 2298

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 06.07.1992; Aktenzeichen 6 T 1667/91)

AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 34/91)

 

Tenor

  • Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 6. Juli 1992 wird zurückgewiesen.
  • Der Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 2 und 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
  • Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 990 000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Die 1990 im Alter von 87 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihren 1989 im Alter von 88 Jahren vorverstorbenen Ehemann, der ebenfalls keine Abkömmlinge hinterließ, hat sie allein beerbt. Der Beteiligte zu 6 ist der Bruder der Erblasserin; die Beteiligten zu 1, 4 und 5 sind ihre Neffen und eine Nichte. Die Beteiligten zu 2 und 3 waren Nachbarn der Erblasserin. Zum Nachlaß gehören Sparkonten sowie Grundbesitz.

Die Erblasserin und ihr verstorbener Ehemann haben zur Urkunde eines Notars vom 20.6.1989 einen Erbvertrag errichtet; dieser lautet auszugsweise wie folgt:

  • … Wir haben am 17. April 1931 zur Urkunde des Notars … einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem wir Gütergemeinschaft vereinbart und uns gegenseitig zu Erben eingesetzt haben. Diese Bestimmungen erhalten wir aufrecht.
  • Wir bestimmen ferner im Wege des Erbvertrages:

    • Zu Erben des Überlebenden von uns berufen wir Herrn … (Beteiligter zu 2) und dessen Ehefrau … (Beteiligte zu 3) je zur Hälfte. Diese sollen auch unsere Erben sein für den Fall, daß wir gleichzeitig versterben.
  • Jeder von uns ist berechtigt über bewegliches Vermögen und Kapitalvermögen vermächtnisweise zu verfügen. Jeder von uns ist ferner berechtigt von diesem Erbvertrag zurückzutreten.

Außerdem eröffnete das Nachlaßgericht ein mit dem Namen der Erblasserin unterzeichnetes handschriftliches Testament vom 29.12.1990. Es lautet wie folgt:

“Mein Neffe … (Beteiligter zu 1) übernimmt für mich die Fürsorge und hat das Bankrecht für meine Konten und Ausgaben. Nach meinem Tod ist mein Neffe alleiniger alleiniger Erbe von Haus, Grund, Geld und Gesamtvermögen.”

Auf Grund dieses Testaments hat der Beteiligte zu 1 beim Nachlaßgericht einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben ausweisen soll. Demgegenüber haben die Beteiligten zu 2 und 3 einen Erbscheinsantrag als Miterben je zur Hälfte auf Grund des Erbvertrages vom 20.6.1989 gestellt und Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments vom 29.12.1990 erhoben.

Mit Beschluß vom 14.8.1991 hat das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 abgelehnt und einen Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 angekündigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erblasserin sei durch den Erbvertrag vom 20.6.1989 hinsichtlich der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 gebunden gewesen. Das im Erbvertrag vorbehaltene Rücktrittsrecht sei mit dem Tod des Ehemanns der Erblasserin erloschen. Der Beteiligte zu 1 hat gegen den Beschluß des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 6. Juli 1992 als unbegründet zurückgewiesen hat. Der Beteiligte zu 1 hat durch seinen Verfahrensbevollmächtigten weitere Beschwerde eingelegt, mit der er den von ihm gestellten Erbscheinsantrag weiterverfolgt. Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragen, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

  • Das Landgericht hat ausgeführt:

    Der zulässigerweise durch Vorbescheid angekündigte Erbschein entspreche der materiellen Rechtslage. Maßgeblich für die Erbfolge sei der Ehe- und Erbvertrag vom 17.4.1931 in Verbindung mit dem Erbvertrag vom 20.6.1989, wonach die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes als Alleinerbin alleinige Eigentümerin des ehelichen Gesamtgutes geworden sei. Gleichzeitig sei aber das unter Nr. III des Erbvertrages vom 20.6.1989 vereinbarte Rücktrittsrecht der Erblasserin gemäß der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2298 Abs. 2 Satz 2 BGB erloschen. Die Beteiligten zu 2 und 3 seien durch die eindeutigen und formgültigen Verfügungen in diesem Erbvertrag vertragsmäßig im Sinn von § 2278 Abs. 1 BGB als Schlußerben eingesetzt worden. Die gegenseitigen Erbeinsetzungen aus dem Jahr 1931 deuteten zudem darauf hin, daß die bindende Vereinbarung der Schlußerbeneinsetzung das eigentliche Motiv des zuletzt geschlossenen Erbvertrages gewesen sei. Daß sich die Parteien über die grundsätzliche Bindung der Schlußerbeneinsetzung einig gewesen seien, zeigten auch die in Nr. III der Vertragsurkunde angeführten Bindungslockerungen. Ob die getroffene Regelung für die Ehegatten sinnvoll gewesen sei oder nicht, wie der Beschwerdeführer meine, sei angesichts der klaren Regelung nicht zu überprüfen. Auf eine Prüfung der Wechselbezüglichkeit, die bei einem gemeinschaftlichen Testament geboten sei, komme es bei den vertragsmäßigen Verfügungen nicht an. Das unter Nr. III des Erbvertrag...

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