Rz. 20

Da die Miterben gem. § 2058 BGB als Gesamtschuldner haften, kann jeder einzelne Miterbe auf die Gesamtforderung verklagt werden und nicht lediglich auf den Anteil, der seiner Erbquote entspricht (Einzelheiten siehe § 2058 Rdn 1). Der Gläubiger kann es sich aussuchen, ob er Gesamtschuldklage (also auf Haftung eines oder einiger Miterben für die gesamte Schuld, § 2058 BGB) oder Gesamthandsklage (also Klage auf Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 BGB) erhebt.[50]

 
  Gesamtschuldklage[51] Gesamthandsklage[52]
Voraussetzung

Klage gegen einen oder mehrere Miterben

vor oder nach der Nachlassteilung möglich

Klage gegen alle sich widersetzenden Miterben

nur bis zur Teilung möglich, § 2059 Abs. 2 BGB
Streitgenossenschaft Keine notwendige, sondern lediglich einfache Streitgenossenschaft;[53] die Erben können einzeln verklagt werden Notwendige Streitgenossenschaft, § 62 ZPO,[54] zwischen den sich widersetzenden Miterben, da Verfügung über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich möglich, § 2040 Abs. 1 BGB;[55] siehe hierzu auch § 2040 Rdn 2 f und 11; im Sozialrecht kann eine notwendige Streitgenossenschaft der Miterben nach § 74 SGG, § 62 Abs. 1 ZPO bestehen[56]
Verteidigungsmöglichkeit der Erben im Prozess

Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO (um Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben u. Pfändung des Erbteils zu verhindern)

Aufschiebende Einreden gem. §§ 20142017 BGB

Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO überflüssig, da Urteil nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass lautet; Vorbehalt aber insbesondere in Zweifelsfällen möglich[57]

Aufschiebende Einreden gem. §§ 20142017 BGB

Zwangsvollstreckung

siehe hierzu auch Rdn 22 ff.

Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben (unter der Voraussetzung, dass Erbe vergessen hat, den Vorbehalt nach § 780 ZPO aufnehmen zu lassen; siehe hierzu auch die nachfolgenden Erläuterungen und Rdn 22 ff.)

Pfändung des Erbteils (als Teil des Eigenvermögens), §§ 829, 857 Abs. 1, 859 Abs. 2 ZPO

Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO) nur möglich, wenn Urteil gegen alle Miterben (siehe hierzu auch § 2040 Rdn 10)

Vollstreckung in den geteilten Nachlass

Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 ZPO

Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO; siehe hierzu auch § 2040 Rdn 10)

Verteidigungsmöglichkeit in der Zwangsvollstreckung

(siehe hierzu auch Rdn 22 ff.)
Vollstreckungsabwehrklage gem. §§ 781, 785 ZPO i.V.m. § 767 ZPO Bei Vollstreckung in das Eigenvermögen des Miterben: Erinnerung gem. § 766 ZPO
 

Rz. 21

Urteile gegen einzelne Miterben kann der Gläubiger nur gem. § 859 Abs. 2 ZPO vollstrecken (siehe hierzu auch Rdn 22 ff.).

[50] BGH NJW 1963, 1611, 1612; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 769, 770; siehe auch Rißmann/Goertz, Die Erbengemeinschaft, § 6 Rn 285 ff.
[51] Vgl. hierzu ausführlich auch Rißmann/Goertz, Die Erbengemeinschaft, § 6 Rn 212 ff., 240, 244, 269 ff. und 275; Bonefeld/Kroiß/Tanck/Heindl/Krug, Erbprozess, § 9 Rn 333 ff.
[52] Vgl. hierzu ausführlich auch Rißmann/Goertz, Die Erbengemeinschaft, § 6 Rn 68, 220 ff., 240, 273 f.; Bonefeld/Kroiß/Tanck/Heindl/Krug, Erbprozess, § 9 Rn 341 ff.
[53] Brandenburgisches OLG, Urt. v. 21.10.1997 – 2 U 200/96, OLGR 1998, 421, 422 m.N. zum Meinungsstand; OLG Naumburg, Urt. v. 16.1.1997 – 3 U 38/96, NJW-RR 1998, 308, 309; unentschieden von BGH, Urt. v. 21.12.1988 – VIII ZR 277/87, Rn 14 (zweifelnd für notwendige Streitgenossenschaft von Miterben auf Klägerseite), Rn 15 (ausdrücklich offengelassen für notwendige Streitgenossenschaft von Miterben auf Beklagtenseite), juris; BGH NJW 1963, 1611, LS u. S. 1612 (keine notwendige Streitgenossenschaft bei Klage auf Auflassung gegen Miterben).
[55] BGH NJW 1982, 441, 442; Johannsen, WM 1970, 573, 580.
[56] So ohne weitere Begründung: BSG, Beschl. v. 8.2.2018 – B 11 SF 1/18 S, Rn 3, juris.
[57] Bonefeld/Kroiß/Tanck/Krug/Heindl, Erbprozess, § 9 Rn 338 ff.

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