Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" in RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 1 ist für die Zeit vor dem 1957-01-01 allein im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu verstehen.

2. Trotz gleichzeitigen Bestehens von Invalidität führt eine Arbeitsunfähigkeit lediglich zur Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wenn die Invalidität in rückschauender Betrachtungsweise nur vorübergehend bestanden hat.

3. Als Tatbestand zur Überbrückung der Zeit zwischen dem Ende einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn einer Arbeitslosigkeit kommt auch eine Rentenbezugszeit iS RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 6 in Betracht (Aufgabe von BSG 1967-07-26 1 RA 313/64 = SozR Nr 18 zu § 1259 RVO).

 

Normenkette

RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 3 Fassung: 1965-06-09; RVO § 1259 Abs 1 S 1 Nr 6 Fassung: 1965-06-09

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 08.06.1978; Aktenzeichen V JBf 163/77)

SG Hamburg (Entscheidung vom 08.09.1977; Aktenzeichen 17 J 799/76)

 

Tatbestand

Im Streit ist ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung weiterer Ausfallzeiten bei der Berechnung des ihm bewilligten Altersruhegeldes.

Der am 17. September 1911 geborene Kläger war bis zum 5. Mai 1953 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 6. Mai bis 18. Juli 1953 war er arbeitslos und daran anschließend wegen einer Lungentuberkulose arbeitsunfähig krank. Bis zur Aussteuerung am 18. Januar 1954 bezog er Krankengeld. Auf seinen Antrag vom 20. April 1954 bewilligte ihm die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover wegen des Vorliegens dauernder Invalidität seit August 1953 für die Zeit ab 1. Mai 1954 Invalidenrente. Sie wurde dem Kläger mit Ablauf des Monats November 1955 wegen einer Besserung seiner Lungenerkrankung entzogen. In der Zeit vom 12. Januar 1955 bis zum 7. Mai 1957 war er arbeitslos gemeldet. Infolge einer Reaktivierung seines Lungenleidens war er ab 5. April 1972 erneut arbeitsunfähig erkrankt. Vom 17. Mai 1972 bis 17. Januar 1974 bezog er Krankengeld.

Mit Bescheid vom 23. Januar 1974 bewilligte ihm die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diese wandelte sie mit Bescheid vom 17. August 1976 für die Zeit ab 1. Oktober 1976 in das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres um. Bei dessen Berechnung berücksichtigte sie ua die Zeiträume vom 6. Mai bis 18. Juli 1953 (Arbeitslosigkeit), vom 19. Juli bis 31. August 1953 (Krankheit) und vom 1. Mai 1954 bis 30. November 1955 (Bezug der Invalidenrente) als Ausfallzeiten. Hingegen ließt sie - neben anderen, im Verlaufe des nachfolgenden Rechtsstreits anerkannten Zeiten - die Zeiten vom 1. September 1953 bis 18. Januar 1954 (Invalidität und Krankengeldbezug) vom 1. Dezember 1955 (Wegfall der Invalidenrente) bis 28. Februar 1957 und vom 11. März bis 7. Mai 1957 (Arbeitslosigkeit) unberücksichtigt. Dasselbe galt für den Zeitraum vom 11. November 1972 bis 17. Januar 1974.

Die auf die Berücksichtigung auch dieser Zeiten gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Hamburg abgewiesen (Urteil vom 8. September 1977 und dabei im wesentlichen ausgeführt, nach dem bis 1957 geltenden Recht habe der Eintritt dauernder Invalidität eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht bloß unterbrochen, sondern beendet. Damit könne die Zeit vom 1. September 1953 bis 18. Januar 1954 nicht als Ausfallzeit berücksichtigt werden. Zugleich hätten auch die geltend gemachten weiteren Zeiten eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht unterbrochen.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg unter Aufhebung des Urteils des SG und Abänderung des Bescheides vom 17. August 1976 die Beklagte verurteilt, dem Kläger Altersruhegeld in der Höhe zu gewähren, die sich aus der Anrechnung der Zeit vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 und vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 als weitere Ausfallzeiten ergibt (Urteil vom 8. Juni 1978). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt:

Die Anrechnung von Ausfallzeiten wegen Arbeitsunfähigkeit oder gegen Arbeitslosigkeit komme nur in Betracht, wenn hierdurch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unterbrochen worden sei. Folgten mehrere Tatbestände, die eine Ausfallzeit begründen könnten, unmittelbar aufeinander, so müsse nur der erste dieser Tatbestände eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen haben. Damit müsse die Zeit der Arbeitslosigkeit des Klägers vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 als Ausfallzeit bei der Berechnung des Altersruhegeldes berücksichtigt werden. Die hierfür erforderlichen weiteren Voraussetzungen seien erfüllt. Der Anrechnung dieses Zeitraumes stehe nicht entgegen, daß die Kette der sich aneinanderreihenden Ausfallzeiten durch das Fehlen eines Ausfalltatbestandes vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 unterbrochen worden sei. Auch diese Zeit sei als Ausfallzeit anzurechnen. Sie schließe an die vorangegangenen Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Arbeitsunfähigkeit an, die auch von der Beklagten als Ausfallzeiten angerechnet worden seien. Die Anrechnung als Ausfallzeit könne nicht daran scheitern, daß ab August 1953 beim Kläger dauernde Invalidität vorgelegen habe. Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Ausfallzeit nur bei vorübergehender Invalidität, dh dann, wenn begründete Aussicht auf ihre Beseitigung in absehbarer Zeit bestanden habe, in Betracht kommen. Beim Kläger sei im damaligen Rentenverfahren ärztlicherseits dauernde Invalidität festgestellt worden. Diese sei aber bereits im November 1955 behoben gewesen. Das könne nicht unberücksichtigt bleiben. Andernfalls werde der ärztlicherseits angestellten prognostischen Erwägung, die regelmäßig mit einem nicht geringen Unsicherheitsfaktor belastet sei, ein zu starkes Gewicht beigelegt. Außerdem habe bei dem damals im 44. Lebensjahr stehenden Kläger erwartet werden können, daß er nach Eindämmung seiner Erkrankung in das Erwerbsleben zurückkehren werde. Er selbst habe dieser Fortsetzungserwartung entsprochen und sich schon vor dem Zeitpunkt der Rentenentziehung arbeitslos gemeldet. Schließlich sei in der streitigen Zeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung trotz Vorliegens von Invalidität nicht generell ausgeschlossen gewesen. Die Anrechnung der Zeit des Krankengeldbezuges vom 17. Mai 1972 bis 17. Januar 1974 als Ausfallzeit begehre der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Das angefochtene Urteil widerspreche dem Urteil des BSG vom 26. Juli 1967 (BSG SozR Nr 18 zu § 1259 RVO). Danach könne während des Bezuges einer Rente wegen dauernder Invalidität Arbeitslosigkeit nicht bestanden haben. Dauernde Invalidität schließe die Anrechnung einer Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit auch dann aus, wenn die übrigen Voraussetzungen des Ausfalltatbestandes gegeben seien. Grundsätzlich sei mit dem Eintritt einer Invalidität alten Rechts eine versicherungspflichtige Beschäftigung beendet worden. Damit sei entgegen der Meinung des Berufungsgerichts zwischen der Beendigung der versicherungspflichtigen Tätigkeit am 5. Mai 1953 und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit am 12. Januar 1955 keine ununterbrochene Kette von Ausfallzeiten vorhanden. Vielmehr bestehe eine Lücke vom 1. September 1953 bis 30. April 1954. Während dieser Zeit habe dauernde Invalidität bestanden; die Rentenzahlung deswegen habe erst im Mai 1954 eingesetzt. Die während dieses Zeitraums gleichzeitig bestehende Arbeitsunfähigkeit habe die Lücke nicht überbrücken können. Soweit das LSG zur Frage des dauernden Ausscheidens des Klägers aus dem Erwerbsleben ausgeführt habe, die Invalidität des Klägers ab August 1953 habe nur vorübergehend bestanden, habe es unzulässigerweise eine rückschauende Betrachtungsweise angestellt. Dies habe der damaligen Rechtslage widersprochen. Maßgebend sei allein, daß die LVA Hannover dem Kläger durch bindenden Bescheid vom 20. August 1954 eine Rente wegen dauernder Invalidität gewährt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg

vom 8. Juni 1978 aufzuheben und die Berufung

des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom

8. September 1977 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die entgegengesetzte Ansicht der Beklagten müsse zu unbilligen Ergebnissen führen. Es lasse sich nicht zuverlässig feststellen, ob seine Erkrankung an Lungentuberkulose bereits vor oder erst nach dem ö. Mai 1953 begonnen habe. Im übrigen sei er damals gar nicht invalide gewesen und die Invalidenrente zu Unrecht gewährt worden.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch der Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung der Zeiten vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 und vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 als Ausfallzeiten. Zwar hat der Kläger in einem mit der Beklagten geführten und von ihr vorgelegten Schriftwechsel behauptet, er habe im Berufungsverfahren die Anrechnung auch des Zeitraumes vom 17. Mai 1972 bis 17. Januar 1974 als Ausfallzeit begehrt. Hierbei handelt es sich indes um ein für den Senat unbeachtliches Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil des LSG vom 8. Juni 1978 hat der Kläger nicht eingelegt. Das Urteil unterliegt damit insoweit, als danach (S 4) der Kläger im Berufungsverfahren die Anrechnung der Krankengeldbezugszeit vom 17. Mai 1972 bis zum 17. Januar 1974 als Ausfallzeit nicht mehr begehrt hat, nicht der revisionsgerichtlichen Nachprüfung (vgl § 123 iVm § 153 Abs 1 und § 165 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 und der Arbeitslosigkeit vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 als Ausfallzeiten bei der Berechnung seines Altersruhegeldes. Maßgebende Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung der erstgenannten Zeit ist § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO in der zur Zeit der Erteilung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung des Art 21 Nr 75 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I S 1881). Danach sind Ausfallzeiten ua diejenigen Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine infolge Krankheit oder Unfall bedingte Arbeitsunfähigkeit oder bis 30. September 1974 durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mindestens einen Kalendermonat unterbrochen worden ist, wenn sie in den Versicherungskarten oder sonstigen Nachweisen bescheinigt sind. Die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 richtet sich nach § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO in der Fassung des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I S 476). Hiernach gehören zu den Ausfallzeiten ua Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine mindestens einen Kalendermonat andauernde Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, wenn der bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldete Arbeitslose versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld (Arbeitslosenunterstützung) oder Arbeitslosenhilfe (Krisenunterstützung, Arbeitslosenfürsorge) oder Unterstützung aus der öffentlichen Fürsorge oder Familienunterstützung bezogen hat oder eine dieser Leistungen wegen Zusammentreffens mit anderen Bezügen, wegen eines Einkommens oder wegen der Berücksichtigung von Vermögen nicht gewährt worden ist.

Die Voraussetzungen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO für die Berücksichtigung des Zeitraums vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 als Ausfallzeit sind erfüllt. Das hat das LSG zutreffend erkannt.

Der Kläger ist während dieses Zeitraumes arbeitsunfähig gewesen. Zu dieser rechtlichen Schlußfolgerung gelangt der Senat ungeachtet dessen, daß der Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO in der Rechtsprechung des BSG noch nicht vollständig geklärt ist. Zwar ist nach im wesentlichen übereinstimmender Auffassung für die Zeit des Bezuges von Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung stets Arbeitsunfähigkeit anzunehmen (aA offenbar der 12. Senat des BSG in BSGE 39, 218, 219 = SozR 2200 § 1259 Nr 6 S 17, wonach die Gewährung von Krankengeld keinen allein entscheidenden Grund für die Behandlung als Ausfallzeit nach § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO abgibt). Hingegen bestehen divergierende Auffassungen für den Fall, daß eine über die Dauer des Krankengeldbezuges hinausgehende Zeit der Nichtausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit als Ausfallzeit der Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht wird. Nach Ansicht des 4. Senats des BSG ist der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in dem im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 182 RVO) entwickelten Sinne für § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO zu übernehmen mit der Folge, daß Arbeitsunfähigkeit im Sinne letzterer Vorschrift bereits dann vorliegt, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nach seinem Gesundheitszustand nicht mehr verrichten kann (vgl BSGE 25, 16, 18 = SozR Nr 17 zu § 1259 RVO sowie die weiteren Urteile des 4. Senats in BSG SozR 2200 § 1259 Nr 1 S 1 ff und in BSGE 46, 48, 49 f = SozR 2200 § 1259 Nr 27 S 76 f, in denen die Frage allerdings letztlich offen bleibt). Dementgegen ist nach Auffassung insbesondere des 5. Senats des BSG (vgl auch Urteil des 12. Senats in BSGE 32, 232, 233 = SozR Nr 34 zu § 1259 RVO) hinsichtlich des Begriffs der Arbeitsunfähigkeit zwar zunächst an die von der Rechtsprechung zu § 182 RVO entwickelten Grundsätze anzuknüpfen. Jedoch muß dabei den Besonderheiten des Rentenversicherungsrechts Rechnung getragen und vor allem die Verweisungsmöglichkeit des Versicherten der Verweisbarkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt werden (vgl BSG SozR Nr 55 zu § 1259 RVO S Aa 69 R). Damit kann eine Ausfallzeit der Arbeitsunfähigkeit nicht anerkannt werden, wenn der Versicherte nach seinem Gesundheitszustand noch die von ihm unmittelbar vor der Erkrankung ausgeübte oder zumindest eine andere Tätigkeit, auf die er nach den jeweiligen Vorschriften des Rentenversicherungsrechts verwiesen werden kann (BSGE 29, 77, 79 = SozR Nr 21 zu § 1259 RVO; BSGE 29, 120, 124 = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO), bzw eine andere, ihm nach Treu und Glauben zumutbare Tätigkeit hat ausüben können (BSGE 35, 234, 236 = SozR Nr 53 zu § 1259 RVO). Wegen dieser Divergenzen hat der 5. Senat dem Großen Senat des BSG gemäß § 43 SGG die Fragen vorgelegt, ob dem Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung einer Ausfallzeit im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO dieselbe Bedeutung wie in der Krankenversicherung (§ 182 Abs 1 Nr 2 RVO) zukommt oder - verneinendenfalls - ob Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO grundsätzlich für denjenigen Zeitraum besteht, für welchen der Versicherte Krankengeld bezogen hat, darüber hinaus aber nur für Zeiten, während welcher er ihm nach § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO zumutbare oder sogar andere versicherungspflichtige, ihm unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zuzumutende Tätigkeiten nicht ausüben kann (Beschlüsse vom 12. September 1978 - 5 RJ 26/76, 5 RJ 30/76 -; dazu Beschlüsse vom 30. Juni 1981 - 5b/5 RJ 26/76, 5b/5 RJ 30/76 -).

Für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit sind diese Fragen ohne Belang. Die Divergenzen in der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des Begriffs der "Arbeitsunfähigkeit" im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO beziehen sich ausschließlich auf Zeiten, welche nach dem Inkrafttreten (1. Januar 1957) des Arbeiterrentenversicherung-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I S 45) und des seither geltenden § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO zurückgelegt worden sind. Allein für diese Zeiten kann sich die Frage stellen, ob der Begriff der Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen oder aber unter Heranziehung rentenversicherungsrechtlicher Gesichtspunkte auszulegen ist. Für Zeiten vor dem 1. Januar 1957 stellt sich diese Frage hingegen nicht. Ob während dieser Zeiten Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat, bestimmt sich ausschließlich nach dem damals maßgebenden Recht. Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 14. März 1979 (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 34 S 91) beschränkt sich die Rückwirkung des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) (= § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO) auf die vor dem 1. Januar 1957 liegenden Ausfalltatbestände. Hingegen richtet sich die Frage, ob eine vor dem 1. Januar 1957 liegende Ausfallzeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen oder aber beendet hat, nach dem bis zum 31. Dezember 1956 geltenden Recht. Dasselbe muß für die Frage gelten, ob überhaupt eine als Ausfallzeit anrechenbare Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. Dann aber ist der Begriff der Arbeitsunfähigkeit lediglich im krankenversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen. Rentenversicherungsrechtliche Grundsätze können bei seiner Auslegung nicht berücksichtigt werden. Denn das bis zum 31. Dezember 1956 geltende Rentenversicherungsrecht hat eine dem § 1259 RVO entsprechende oder ähnliche Ausfallzeitenregelung nicht enthalten. Sie ist eine Neuschöpfung der Rentenreform des Jahres 1957. Demgemäß hat in der Zeit vorher der Begriff der Arbeitsunfähigkeit Bedeutung lediglich für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung gehabt. Das schließt es aus, bei der Bestimmung und Auslegung dieses Begriffes rentenversicherungsrechtliche Grundsätze oder Gesichtspunkte heranzuziehen.

Die hier streitige Ausfallzeit umfaßt den Zeitraum vom 1. September 1953 bis 30. April 1954. Dieser liegt in der Zeit vor dem Inkrafttreten des ArVNG. Damit ist allein nach dem damals geltenden Krankenversicherungsrecht darüber zu befinden, ob der Kläger während des genannten Zeitraums arbeitsunfähig gewesen ist. Maßgebend ist insofern § 182 Abs 1 Nr 2 RVO in der Fassung der Verordnung des Reichspräsidenten zur Behebung finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände vom 26. Juli 1930 (RGBl I S 311, 322). Danach wird als Krankenhilfe Krankengeld in Höhe des halben Grundlohnes für jeden Kalendertag gewährt. wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Arbeitsunfähigkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Versicherte seiner bisher ausgeübten oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr nachgehen kann, seinen Zustand zu verschlimmern (BSGE 19, 179, 181 = SozR Nr 8 zu § 182 RVO; BSGE 26, 288, 290 = SozR Nr 25 zu § 182 RVO). Der Kläger ist vom 1. September 1953 an in diesem Sinne arbeitsunfähig gewesen. Das folgt aus der Art seiner damaligen Erkrankung (Lungentuberkulose) und ist unter den Beteiligten nicht streitig.

Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 hat im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO eine versicherungspflichtige Beschäftigung "unterbrochen". Dem steht zunächst nicht entgegen, daß sie der am 5. Mai 1953 beendeten versicherungspflichtigen Beschäftigung zeitlich nicht unmittelbar gefolgt ist. Zwar bedeutet allein dem Sprachgebrauch nach die "Unterbrechung" einer versicherungspflichtigen Beschäftigung durch eine Ausfallzeit deren unmittelbaren zeitlichen Anschluß an das Beschäftigungsverhältnis. Indes bedarf es eines solchen unmittelbaren zeitlichen Anschlusses dann nicht, wenn dem streitigen Ausfalltatbestand ein anderer Ausfalltatbestand oder eine Kette lückenlos aneinandergereihter Ausfalltatbestände im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 RVO vorausgegangen ist. In diesem Fall genügt es für die Anerkennung von Ausfallzeiten der in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 3 RVO genannten Art, daß unmittelbar vor dem ersten dieser Ausfalltatbestände ein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat, das durch diesen unterbrochen worden ist (BSGE 32, 229, 230 f = SozR Nr 32 zu § 1259 RVO; vgl auch Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1259 Nr 23 S 69 f für den Fall des Aufeinanderfolgens mehrerer Ausfall- und Ersatzzeittatbestände). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Kläger ist in der Zeit zwischen der Beendigung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung (5. Mai 1953) und dem Beginn des hier streitigen Zeitraums (1. September 1953) zunächst arbeitslos und sodann arbeitsunfähig krank gewesen. Diese Zeiten hat die Beklagte bei der Berechnung des Altersruhegeldes als Ausfallzeiten berücksichtigt. Dadurch ist der Anschluß der ab 1. September 1953 fortdauernden Arbeitsunfähigkeit an das im Mai 1953 beendete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis gewahrt.

Der Annahme einer "Unterbrechung" dieses Beschäftigungsverhältnisses steht ferner nicht entgegen, daß der Kläger nach den Feststellungen des seinerzeit zuständigen Rentenversicherungsträgers seit August 1953 invalide im Sinne des damals geltenden Rechts (§ 1254 RVO in der bis zum 31. Dezember 1956 geltenden Fassung; aF) gewesen ist. Insoweit kann auf sich beruhen, ob das Vorbringen des Klägers, er sei gar nicht invalide gewesen und habe die ihm ab 1. Mai 1954 gewährte Invalidenrente zu Unrecht erhalten, im Revisionsverfahren nachprüfbar und ggf zutreffend ist. Hierauf kommt es nicht an. Selbst wenn Invalidität bestanden hat, hat dennoch die gleichzeitig fortbestehende Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis lediglich unterbrochen und nicht beendet.

Das gilt zunächst für die Zeit des Krankengeldbezuges bis zum 18. Januar 1954. Während einer solchen Zeit ist - wie erwähnt - grundsätzlich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit anzunehmen und diese somit bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO als Ausfallzeit anzurechnen (vgl BSGE 29, 77, 80 f = SozR Nr 21 zu § 1259 RVO; BSGE 32, 232, 234 = SozR Nr 34 zu § 1259 RVO; BSGE 46, 48 f = SozR 2200 § 1259 Nr 27 S, 76, 78).

Für die anschließende Zeit nach der Aussteuerung mit Krankengeld vom 19. Januar bis 30. April 1954 kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Das gleichzeitige Bestehen von Invalidität rechtfertigt nicht die Annahme, daß das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis des Klägers beendet und nicht lediglich unterbrochen worden ist. Zwar hat der 11. Senat des BSG unter Hinweis auf eine ähnliche Rechtsprechung zum Ersatzzeitenrecht (BSG SozR 2200 § 1251 Nr 6 S 19 ff; vgl nunmehr allerdings BSGE 49, 236, 237 ff = SozR 2200 § 1251 Nr 74 S 188 ff; BSG SozR aaO Nr 80 S 213 f) ausgesprochen, für die Anrechnung einer Ausfallzeit jedenfalls nach § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG (= § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO) sei dann kein Raum, wenn wegen des Bestehens von Versicherungsfreiheit und somit aus Rechtsgründen eine Beitragszeit überhaupt nicht habe zurückgelegt werden können. Dies sei bei Vorliegen einer Invalidität alten Rechts der Fall gewesen. Der Invalide sei versicherungsfrei und damit zur Entrichtung wirksamer Pflichtbeiträge nicht imstande sowie überdies zur Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht berechtigt gewesen (BSGE 42, 86, 87 = SozR 2200 § 1259 Nr 18 S 61). Indes hat es sich in dem vom 11. Senat entschiedenen Fall um einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren und demnach um eine nicht nur vorübergehende Invalidität gehandelt. Für einen solchen Fall hat auch der erkennende Senat ausgesprochen, daß bei Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden Invalidität alten Rechts der Versicherte endgültig aus dem Berufsleben ausgeschieden und nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG lediglich unterbrochen worden sei (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 34 S 92). Offen geblieben ist die Frage hingegen für den Fall, daß sich entweder bei vorausschauender oder bei rückschauender Betrachtungsweise Anhaltspunkte für das Bestehen einer nur vorübergehenden Invalidität alten Rechts ergeben. Gerade ein solcher Fall liegt hier vor. Die Invalidität des Klägers hat lediglich vorübergehend bestanden.

Das gilt allerdings nicht bei einer ausschließlich vorausschauenden Betrachtungsweise aus der Sicht zu Beginn der Invalidität (August 1953) bzw des hier maßgebenden Zeitraums ab Wegfall des Krankengeldes (19. Januar 1954). Aus dieser Sicht ist vielmehr das Vorliegen dauernder Invalidität (§ 1253 Abs 1 Nr 1 RVO aF) angenommen worden. Das ergibt sich daraus, daß dem Kläger die ab 1. Mai 1954 gezahlte Rente wegen dauernder Invalidität gewährt worden ist. Indes kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß ihm die Rente bereits mit Ablauf des Monats November 1955 wieder entzogen worden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt in der Berücksichtigung dieses Umstandes nicht eine unzulässige rückschauende Betrachtungsweise. Eine solche Betrachtungsweise ist im Gegenteil nach der nunmehr einhelligen Rechtsprechung des BSG zulässig und geboten.

Diese Rechtsprechung betrifft die Fälle des Zusammentreffens von Arbeitsunfähigkeit mit Erwerbsunfähigkeit neuen Rechts (§ 1247 Abs 2 RVO). Nach einheitlicher Auffassung der für die Rentenversicherung zuständigen Senate des BSG ist in diesen Fällen das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis beendet und nicht nur im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO durch die Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden, wenn die zugleich vorliegende Erwerbsunfähigkeit ungeachtet einer etwaigen Rentengewährung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles (des Alters) ohne Unterbrechung fortbestanden hat (BSGE 28, 68, 70, 71 = SozR Nr 20 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 36 zu § 1259 RVO; BSGE 41, 168, 170 = SozR 2200 § 1259 Nr 15 S 56; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 16 S 58). Im Gegensatz dazu hat die Rechtsprechung in den Fällen, in denen eine neben der Arbeitsunfähigkeit zunächst bestehende Erwerbsunfähigkeit vor Eintritt des Versicherungsfalles wieder behoben war, anfänglich "keine klare Linie" BSGE 41, 168, 170 = SozR 2200 § 1259 Nr 15 S 5ö) erkennen lassen. Nach überwiegender Auffassung ist in diesen Fällen in rückschauender Betrachtungsweise nach Eintritt des neuen Versicherungsfalls eine Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung durch die Arbeitsunfähigkeit anzunehmen und diese daher als Ausfallzeit zu berücksichtigen (vgl insbesondere BSG SozR Nr 36 zu § 1259 RVO S 47; BSGE 39, 218  220 = SozR 2200 § 1259 Nr 6 S 18; bereits vorher Urteil des erkennenden Senats in BSGE 28, 68, 70 = SozR Nr 20 zu § 1259 RVO). Demgegenüber hat der 4. Senat des BSG die Zulässigkeit einer rückschauenden Betrachtungsweise bei Eintritt des neuen Versicherungsfalls zurückhaltend beurteilt (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 9 S 27) und in erster Linie eine vorausschauende Betrachtungsweise im Zeitpunkt des Wegfalls des Krankengeldes für geboten erachtet (BSGE 46, 48, 50 = SozR 2200 § 1259 Nr 27 S 78; BSG SozR aaO Nr 28 S 81). Diese Divergenzen bestehen jedoch nicht mehr. Auf Anfrage des Großen Senats hat der 4. Senat des BSG beschlossen, an seiner Rechtsauffassung, daß eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nur dann "unterbrochen" im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO ist, wenn bei einer vorausschauenden Betrachtungsweise dem Leistungsvermögen und der Leistungsbereitschaft des Versicherten nach die Fortsetzung einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit zu erwarten ist, nicht festzuhalten (Beschluß vom 19. März 1981 - 4 S 2/80 -). Nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung ist somit eine rückschauende Betrachtungsweise aus der Sicht bei Eintritt des neuen Versicherungsfalls zulässig. Danach bewirkt eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit dann eine "Unterbrechung" des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO, wenn eine zugleich bestehende Erwerbsunfähigkeit des Versicherten vor Eintritt des neuen Versicherungsfalls wieder behoben worden ist.

Der Senat hält es für gerechtfertigt, diese Grundsätze auch dann heranzuziehen, wenn in der Zeit vor dem 1. Januar 1957 die Arbeitsunfähigkeit mit einer Invalidität alten Rechts zusammengetroffen und letztere vor Eintritt des neuen Versicherungsfalls wieder entfallen ist. Es ist kein sachgerechter Grund dafür erkennbar, in diesen Fällen abweichend von der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des BSG eine ausschließlich vorausschauende Betrachtungsweise anzustellen und die Tatsache des nachträglichen Wegfalles der Invalidität unberücksichtigt zu lassen. Bezüglich des Tatbestandsmerkmals der "Unterbrechung" in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO kann der Versicherungsträger und in einem eventuell nachfolgenden Streitverfahren das Gericht nicht lediglich eine Prognoseentscheidung treffen. Vielmehr ist insoweit über einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Tatbestand und damit unter Berücksichtigung aller bis zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eingetretenen Tatsachen zu entscheiden. Im übrigen können selbst bei einer Prognoseentscheidung oder deren gerichtlicher Überprüfung neu hinzugekommene Tatsachen, welche die Prognosefähigkeit erhöhen oder eine Prognose ganz überflüssig werden lassen, nicht außer Betracht bleiben (vgl zB BSGE 44, 54, 59 f = SozR 4100 § 36 Nr 16 S 43 f; BSGE 45, 242, 243 = SozR 2200 § 1248 Nr 18 S 40).

Nach alledem ist auch in der Zeit ab Aussteuerung des Klägers durch die Krankenkasse (19. Januar 1954) sein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis durch die bei ihm vorliegende Arbeitsunfähigkeit lediglich unterbrochen worden. Die zugleich vorliegende Invalidität hat nicht zu einer Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung geführt. Sie ist nach relativ kurzer Zeit mit der Folge eines Entzuges der Invalidenrente mit Ablauf des Monats November 1955 entfallen. Dies hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt. Insgesamt sind damit die Voraussetzungen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO für eine Anrechnung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 1. September 1953 bis 30. April 1954 als Ausfallzeit bei der Berechnung des ihm bewilligten Altersruhegeldes erfüllt. Die entsprechende Verurteilung der Beklagten muß Bestand haben.

Dasselbe gilt für den weiteren Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung der Zeit vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 als Ausfallzeit der Arbeitslosigkeit. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO sind erfüllt.

Unter den Beteiligten ist nicht streitig, daß der Kläger während des genannten Zeitraums arbeitslos im Sinne des Rechts der Arbeitslosenversicherung in seiner damals geltenden Fassung gewesen ist (zum Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO vgl BSGE 21, 21 = SozR Nr 12 zu § 1259 RVO; BSGE 29, 120, 123 = SozR Nr 22 zu §1259 RVO; BSG SozR Nr 39 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 8 S 22 f). Diese Arbeitslosigkeit hat auch eine versicherungspflichtige Beschäftigung "unterbrochen". Dem steht nicht entgegen, daß im vorliegenden Fall die als Ausfallzeit geltend gemachte Arbeitslosigkeit erst ab 1. Dezember 1955 bestanden, das Beschäftigungsverhältnis des Klägers dagegen bereits am 5. Mai 1953 geendet hat. Zwar muß grundsätzlich ein enger Zusammenhang zwischen Ausfallzeit und versicherungspflichtiger Beschäftigung bestehen und die Zeit der Arbeitslosigkeit der beendeten Beschäftigung unmittelbar nachfolgen (BSGE 16, 120, 122 = SozR Nr 4 zu § 1259 RVO; BSGE 29, 120, 122 = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO; BSGE 31, 11, 12 = SozR Nr 29 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 39 zu § 1259 RVO; BSGE 34, 93, 94 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 48 S 125). Das bedeutet jedoch nicht, daß stets die Arbeitslosigkeit zeitlich lückenlos an das Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung anschließen muß. Vielmehr ist ebenso wie im Rahmen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO der Zusammenhang ua auch dann noch gewahrt, wenn zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn der Arbeitslosigkeit ein oder mehrere aufeinanderfolgende Zeitabschnitte liegen, die ihrerseits als Ausfallzeiten in Betracht kommen (BSGE 29, 120, 122 f = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO; BSGE 34, 93, 94 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO; vgl auch Beschluß des Großen Senats in BSGE 37, 10, 17 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO). Dabei hat die Rechtsprechung im allgemeinen nicht danach differenziert, welcher der in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 6 RVO genannten Ausfalltatbestände in den zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn der Arbeitslosigkeit liegenden Zeitabschnitten vorgelegen hat. Lediglich der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 26. Juli 1967 (BSG SozR Nr 18 zu § 1259 RVO) ausgesprochen, eine "Unterbrechung" könne nicht angenommen werden, wenn die geltend gemachte Zeit der Arbeitslosigkeit einer Rentenbezugszeit folge, die ihrerseits als Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 Satz 1 Nrn 5 oder 6 AVG (= § 1259 Abs 1 Satz 1 Nrn 5 oder 6 RVO) in Betracht komme. Im Gegensatz zu den Ausfallzeiten nach Nrn 1 bis 2a des § 36 Abs 1 Satz 1 AVG, die ihrer Natur nach von vorübergehender Dauer zu sein pflegten und die Fortsetzung der vorher ausgeübten Beschäftigung erwarten ließen, werde eine Rente wegen Invalidität in der Regel auf nicht absehbare Zeit bezogen. Nur in den seltensten Fällen könne die frühere Beschäftigung wieder aufgenommen werden. Sie sei deshalb nicht nur als "unterbrochen", sondern als "abgebrochen", dh als zunächst beendet anzusehen. An dieser Rechtsansicht hält der Senat jedenfalls insoweit, als es sich bei dem "Überbrückungstatbestand" um eine Rentenbezugszeit im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 6 RVO handelt, nicht mehr fest. Nach dieser Vorschrift gehören zu den Ausfallzeiten die Zeiten des Bezuges einer Invalidenrente vor Vollendung des 55. Lebensjahres, die vor dem 1. Januar 1957 weggefallen ist. In vorausschauender Betrachtung zum Zeitpunkt der Bewilligung oder des Beginns dieser Rente mag es insbesondere dann, wenn sie wegen nicht nur vorübergehender Invalidität gewährt worden ist, gerechtfertigt sein, in der Bewilligung der Rente eine "Beendigung" und nicht bloß eine "Unterbrechung" der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu sehen. Indes entspricht es der nunmehr einhelligen und vom Senat mitgetragenen Rechtsprechung des BSG, daß dann, wenn der Versicherte vor Eintritt des neuen Versicherungsfalles zeitweise erwerbsunfähig im Sinne des geltenden oder invalide im Sinne des früheren Rechts gewesen ist, die Unterscheidung zwischen "Beendigung" und "Unterbrechung" der versicherungspflichtigen Beschäftigung in rückschauender Betrachtungsweise zur Zeit des Eintritts des neuen Versicherungsfalles vorzunehmen ist. Bei einer solchen Betrachtungsweise kann aber nicht außer Acht bleiben, daß der Wegfall der Invalidenrente im Rahmen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 6 RVO tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Berücksichtigung der Zeit des Rentenbezuges als Ausfallzeit ist. Die der Rentengewährung zugrundeliegende Invalidität hat somit - rückschauend betrachtet - stets nur vorübergehend bestanden. Sie kann damit notwendigerweise nur zu einer "Unterbrechung" und nicht zur "Beendigung" einer versicherungspflichtigen Beschäftigung führen, sofern eine solche zuvor ausgeübt worden ist. Dann aber ist es auch nicht gerechtfertigt, der Rentenbezugszeit im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 6 RVO generell die Rechtsqualität eines "Überbrückungstatbestandes" abzusprechen. Das muß um so mehr gelten, als eine Überbrückung zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn der Arbeitslosigkeit sogar durch Zeiten erreicht werden kann, die selbst keine Ausfallzeiten sind (so etwa die Zeiten einer sogen "gescheiterten Selbsthilfe"; vgl BSGE 34, 93, 94 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 8 S 23 f).

Im vorliegenden Fall sind - rückprojiziert bis zum Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers am 5. Mai 1953 - der Zeit seiner Arbeitslosigkeit ab 1. Dezember 1955 die Zeiten des Rentenbezuges (1. Mai 1954 bis 30. November 1955), der Arbeitsunfähigkeit bei gleichzeitig bestehender Invalidität (1. September 1953 bis 30. April 1954), der Arbeitsunfähigkeit vor Feststellung der Invalidität (19. Juli bis 31. August 1953) und der Arbeitslosigkeit (bis 18. Juli 1953) vorausgegangen. Sämtliche Zeiten sind als Ausfallzeiten berücksichtigt worden bzw nach der Entscheidung des Senats zu berücksichtigen. Damit zugleich ist der erforderliche Zusammenhang zwischen der versicherungspflichtigen Beschäftigung und der ab 1. Dezember 1955 bestehenden Arbeitslosigkeit gewahrt. Auch sie hat die Beschäftigung lediglich "unterbrochen".

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 sind erfüllt. Insoweit ist erforderlich, daß der Versicherte bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet gewesen ist und eine der in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Buchst a) bis d) RVO genannten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bzw der Sozialhilfe bezogen oder speziell aus den in der Vorschrift genannten Gründen nicht bezogen hat. Das sind allerdings keine zusätzlichen Tatbestandsmerkmale der Arbeitslosigkeit (so speziell für die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt (BSGE 21, 21, 22 f = SozR Nr 12 zu §1259 RVO; BSGE 29, 120, 123 = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO). Vielmehr handelt es sich lediglich um Voraussetzungen für die Anerkennung einer Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit (vgl auch BSG SozR 2200 § 1259 Nr 8 S 22). Ohne die Erfüllung dieser - im übrigen auch für den Zeitpunkt des Beginns der Anrechnungsfähigkeit maßgebenden (so für die Arbeitslosmeldung insbesondere BSGE 21, 21, 23 = SozR Nr 12 zu § 1259 RVO) - Voraussetzungen kann eine Arbeitslosigkeit nicht als Ausfallzeit berücksichtigt werden. Die erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (S 6 des angefochtenen Urteils) ist der Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 1955 bis 7. Mai 1957 arbeitslos gemeldet gewesen. Zugleich hat er deswegen entsprechende Leistungen bezogen. Diese Feststellungen sind für den Senat bindend. Die Beklagte hat sie nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen (§ 163 SGG). Nach alledem ist bei der Berechnung des Altersruhegeldes des Klägers auch die vorgenannte Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit zu berücksichtigen.

Insgesamt erweist sich die Revision der Beklagten als unbegründet. Sie ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 108

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