Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 1984 und des Sozialgerichts Mainz vom 30. Juni 1983 abgeändert.

Die Klage der Klägerin zu 1) wird hinsichtlich des Zeitraums bis einschließlich zum 28. Juli 1982 abgewiesen. Die Klage der Klägerin zu 2) wird abgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin zu 1) deren außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Kostentragungspflicht der Beklagten für eine Drogenentwöhnungsbehandlung.

Die im Jahre 1961 geborene Klägerin zu 1) har bei der ebenfalls klagenden Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK; im folgenden: Klägerin zu 2) gegen Krankheit und bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rentenversichert. Anläßlich einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung am 18. Februar 1981 wurde bei der Klägerin zu 1) eine Drogenabhängigkeit mit Rückwirkungen auf das psycho-physische Verhalten diagnostiziert.

Sie wurde deswegen am 12. März 1982 in der Landesnervenklinik A. (im folgenden: LNK) aufgenommen. Nach einer Mitteilung der Vertrauensärztlichen Dienststelle der Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinland-Pfalz vom 14. Juni 1982 war bei dem derzeitigen Zustand der Klägerin zu 1) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit gegeben sowie eine Rehabilitationsmaßnahme (Langzeitentziehungskur für 9 Monate) angezeigt und in der LNK bereits begonnen worden. Die Klägerin zu 2) erklärte sich daraufhin in einem Schreiben an die LNK vom 6. Juli 1982 zur Übernahme der Kosten der Entgiftungsphase für drei Wochen bereit und bat um Übersendung der nötigen Unterlagen, damit eine Übernahme der Kosten der anschließenden Entwöhnungsbehandlung durch den Rentenversicherungsträger beantragt werden könne.

Am 29. Juli 1982 beantragte die Klägerin zu 1) hei der Beklagten die Gewährung einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation in Form einer Drogenlangzeittherapie. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 11. August 1982 mit der Begründung ab, sie könne die Leistung nicht gewähren, weil die Klägerin zu 1) die Heilbehandlungsmaßnahme begonnen habe, ohne vorher einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation gestellt bzw. nach Antragstellung ihre (der Beklagten) Entscheidung abgewartet zu haben. Der Widerspruch der Klägerin zu 1) blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15. November 1982).

Mit Schreiben vom 5. Oktober 1982 machte die Klägerin zu 2) bei der Beklagten einen Ersatzanspruch in Höhe von 10.062,– DM für die seit dem 1. April 1982 fier die Entwöhnungsbehandlung der Klägerin zu 1) in der LNK aufgewendeten Kosten geltend. Die Beklagte lehnte durch Schreiben vom 25. Oktober 1982 eine Kostenübernahme ab, weil die Klägerin zu 1) die Maßnahme ohne ihre (der Beklagten) vorherige Zustimmung begonnen habe.

Beide Klägerinnen erhoben Klage. Dabei begehrte die Klägerin zu 2) einen Ersatz der in der Zeit vom 2. April bis letztmals am 30. Juni 1982 übernommenen Therapiekosten (10.062,– DM sowie des der Klägerin zu 1) in der Zeit vom 12. April bis 10. Dezember 1982 unter der Prämisse einer späteren Verrechnung mit dem Anspruch auf Übergangsgeld gezahlten Krankengeldes (7.812,– DM).

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat nach Verbindung beider Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung durch Urteil vom 30. Juni 1983 den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 1982 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin zu 2) die Kosten der am 2. April 1982 begonnenen Rehabilitationsmaßnahme für die Klägerin zu 1) zu erstatten. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 26. Januar 1984 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der Erstattungsanspruch der Klägerin zu 2) beurteile sich nicht nach §§ 102 ff. des Sozialgesetzbuchs, Zehntes, Buch, Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten (SGB 10) vom 4. November 1982 (BGBl. I S. 1450). Diese Vorschriften seien erst am 1. Juli 1983 in Kraft getreten und nicht auf die Fälle anwendbar, in denen zu diesem Zeitpunkt das Verwaltungsverfahren bereits abgeschlossen gewesen sei. Auch der bis zum 30. Juni 1983 geltende § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1881; – RehaAnglG) komme als Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs nicht in Betracht, weil eine Krankenkasse nicht zu den in § 6 Abs. 2 RehaAnglG genannten vorleistungspflichtigen Rehabilitationsträgern gehöre. Anspruchsgrundlage könne daher nur der bis zum 30. Juni 1983 gültig gewesene § 43 Abs. 3 des Sozialgesetzbuchs, Erstes Buch, Allgemeiner Teil (SGB 1) vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015) sein. Bei der der Klägerin zu 1) im Anschluß an die Entzugsbehandlung bewährten Entwöhnungsbehandlung in der LNK habe es sich um eine Spezialbehandlung nach § 184a. der Reichsversicherungsordnung (RVO) gehandelt. Für deren Gewährung seien die Krankenkassen nur zuständig, wenn die Spezialbehandlung nicht von anderen Sozialversicherungsträgern nach deren Vorschriften gewahrt werden könne. Für die Gewährung von Behandlungen in Kur- und Spezialeinrichtungen sei gemäß § 13 und 14 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) primär die Beklagte zuständig. Diese gesetzliche Regelung werde durch die von den Bundesverbänden der Krankenkassen und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger abgeschlossene „Empfehlungsvereinbarung … über die Zusammenarbeit der Krankenversicherungsträger und der Rentenversicherungsträger bei der Rehabilitation Abhängigkeitskranker (Sucht-Vereinbarung)” vom 20. November 1978 (abgedruckt u.a. in BKK 1979, 58 f.; WzS 1979, 244 f.; im folgenden; SuchtV) noch verdeutlicht und konkretisiert. Hierin werde klar zwischen Entzugsbehandlung und Entwöhntangsbehandlung unterschieden. Für die Entzugsbehandlung sei die grundsätzliche Zuständigkeit der Krankenkasse begeben. Für die daran anschließende Entwöhnungsbehandlung mit dem Ziel, eine psychische Abkehr von der Sucht zu erreichen, sei grundsätzlich der Rentenversicherungsträger zuständig. Die Entwöhnungsbehandlung sei damit als Rehabilitation der Rentenversicherung zugeordnet worden. Dabei sei für die Zuständigkeit jeweils eine vorausschauende und nicht eine am Erfolg oder Mißerfolg der einzelnen Maßnahme orientierte Betrachtungsweise maßgebend. Bei der Klägerin zu 1) sei die Entzugsbehandlung etwa nach drei Wochen am 1. April beendet und in die Entwöhnungsbehandlung übergeleitet worden. Damit habe die Klägerin zu 2) durch die Übernahme der Entwöhnungsbehandlung eine vorläufige Leistung anstelle der für die Erbringung dieser Leistungen zuständigen Beklagten erbracht. Zwar sei der Beklagten bei der Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation ein Ermessensspielraum eingeräumt. Bei dessen pflichtgemäßer Ausübung hätte sie jedoch die ärztliche als notwendig erachtete Entwöhnungsbehandlung nur bei Vorliegen von Anhaltspunkten dafür ablehnen können, daß sich die Maßnahme entgegen den übereinstimmenden ärztlichen Stellungnahmen oder wegen nicht ausreichender Einrichtung der Klinik nicht zur Rehabilitation geeignet habe. Derartige Einwände habe die Beklagte nicht einmal andeutungsweise erhoben. Auf § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG i.d.F. des Art 12 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz – 2. HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) (im folgenden: § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG nF) könne sie sich nicht berufen. Denn sie habe seihet nicht in Zweifel gezogen, daß die Entwöhnungsbehandlung der Klägerin zu 1) in der LNK unter Beachtung ökonomischer Gesichtspunkte und Vermeidung unnötiger Aufwendungen in einer dafür geeigneten Rehabilitationseinrichtung durchgeführt werde. Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 SuchtV sei nicht ersichtlich. Er berechtige im Gegenteil in Ausnahmefällen. ausdrücklich den Krankenversicherungsträger zur Einleitung; einer im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an eine Entzugsbehandlung erforderlichen Entwöhnungsbehandlung unter vorläufiger Kostenzusage. Dies solle allerdings im Einvernehmen mit dem Rentenversicherungsträger geschehen. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin zu 2) insoweit die ihr zumutbaren Informationen begeben habe. Jedenfalls hätte die Beklagte auch bei früherer Kenntnis der ärztlicherseits als notwendig bezeichneten Entwöhnungsbehandlung im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens keine Möglichkeit zur Ablehnung der Rehabilitationsmaßnahme gehabt.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine fehlerhafte Anwendung; des § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. sowie der §§ 102 ff. i.V.m. der Übergangsvorschrift des Art II § 21 SGB 10 durch das LSG. Dessen Ansicht, sie (Beklagte) könne sich im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen nicht auf § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG nF berufen, sei unzutreffend und widerspreche dem Zweck der Norm. Sie unterstreiche das im Bereich der Rehabilitation der Rentenversicherungsträger geltende Sachleistungsprinzip. Der Rentenversicherungsträger solle die Rehabilitationsleistung und ihre wesentlichen Inhalte selbst bestimmen und nicht nur als Kostenträger finanzieren. Dieses Recht dürfe nicht im Wege der Kostenerstattung für vom Rentenversicherungsträger nicht selbst durchgeführte und überwachte Maßnahmen umgangen werden. Gerade dies habe durch die Einfügung des § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. vermieden werden sollen. Das habe für den Bereich der Suchtbehandlung besondere Bedeutung. Hier sei die Entwicklung allgemein wissenschaftlich anerkannter Therapiekonzepte und Verfahrensweisen noch nicht abgeschlossen. Deswegen richte sie (Beklagte) ihre Maßnahmen nach der Anlage 1 der SuchtV aus, deren Kriterien die günstigsten Erfolgsaussichten böten. Sie könne ihr Bestimmungsrecht nur dadurch ausüben, daß sie die von ihr belegten Einrichtungen selbst auswähle und nur in beschränkter Anzahl solche Einrichtungen in Anspruch nehme, auf deren Therapiekonzept sie Einfluß nehmen und dessen Effektivität in bezog auf die Gesamtbehandlung sie überprüfen könne. Die LNK gehöre nicht zu diesen Einrichtungen. Als Rechtsgrundlage des von der Klägerin zu 2) erhobenen Erstattungsanspruchs könnten nur die ab 1. Juli 1983 geltenden Regeln des Dritten Kapitels des SGB 10 und von ihnen speziell § 105 Abs. 1 SGB 10 in Betracht kommen. § 102 SGB 10 sei nicht einschlägig. Die Klägerin zu 2) habe nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Leistungen erbracht. Auch sei eine Vorleistung der Klägerin zu 2) ohne ihre (der Beklagten) vorherige Einschaltung nicht wegen einer besonderen Eilbedürftigkeit erforderlich gewesen. Die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGB 10 seien nicht erfüllt. Das folge aus § 5 Abs. 4 SuchtV. Danach könne der Krankenversicherungsträger in Ausnahmefällen eine im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an eine Entzugsbehandlung erforderliche Entwöhnungsbehandlung im Einvernehmen mit dem Rentenversicherungsträger einleiten. Mit dieser Regelung stehe die Ansicht des LSG, es komme nicht darauf an, ob die Klägerin zu 2) alles ihr Zumutbare getan habe, um sie (die Beklagte) umgehend von der Notwendigkeit der sofortigen Einleitung der Entwöhnungsbehandlung im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an die Entzugsbehandlung zu informieren, weil sie (Beklagte) auch bei früherer Kenntnis die Rehabilitationsmaßnahme für die Klägerin zu 1) nicht hätte ablehnen können, nicht in Einklang. Durch die Regelung der SuchtV seien die Leistungszuständigkeiten zwischen den Trägern der Kranken- und der Rentenversicherung eindeutig festgelegt worden. Der Abschluß der SuchtV gehe auf eine Anregung des Bundessozialgerichts (BSG) zurück. Dieses habe in drei Urteilen vom 15. Februar 1978 angesichts sich häufender Rechtsstreitigkeiten zwischen Trägern der Kranken- und der Rentenversicherung das Fehlen eindeutiger Abgrenzungskriterien für die Leistungszuständigkeit bei der Behandlung Abhängigkeitskranker bemängelt und deswegen eine einvernehmliche Regelung hierüber zwischen den beiden Versicherungszweigen für geboten erachtet. An die daraufhin abgeschlossene SuchtV seien die Kranken- und die Rentenversicherungsträger gebunden. Auf die darin enthaltenen Regelungen komme es auch im vorliegenden Falle entscheidend an. Das LSG habe deswegen nicht dahinstehen lassen dürfen, ob die Klägerin zu 2) bei Einleitung der Entwöhnungsbehandlung der Klägerin zu 1) im Einvernehmen mit ihr (der Beklagten) gehandelt habe. Die Verfahrensweise der Klägerin zu 2) habe klar gegen die SuchtV verstoßen. Nach ihrem eigenen Vorbringen hätte sie bereits im März 1982 Anlaß gehabt, sie (die Beklagte) unter Übersendung der vorliegenden Unterlagen von der Behandlung der Klägerin zu 1) in der LNK umgehend zu informieren. Davon habe sie (Beklagte) erstmals durch den förmlichen Rehabilitationsantrag der Klägerin zu 1) vom 29. Juli 1982 erfahren. Darin könne eine unverzügliche Unterrichtung nicht gesehen werden. Die in Kenntnis der Entwöhnungsbehandlung vorgenommene Begleichung der Rechnungen der LNK und Zahlung von Krankengeld an die Klägerin zu 1) sei daher allein auf Risiko der Klägerin zu 2) erfolgt. Schließlich sei die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs rechtsmißbräuchlich, wenn ein Leistungsträger in Kenntnis seiner Unzuständigkeit Leistungen erbringe und dann deren Erstattung vom zuständigen Leistungsträger verlange. Die Klägerin zu 2) habe entgegen den eindeutigen Regelungen der SuchtV und in Kenntnis der bereits begonnenen Entwöhnungsbehandlung der Klägerin zu 1) Leistungen erbracht.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinsand-Pfalz vom 26. Januar 1984 und des Sozialberichts Mainz vom 30. Juni 1983 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, nach den zur Ausfüllung des in § 13 Abs. 1 AVG eingeräumten Ermessens erlassenen Richtlinien der Beklagten sei deren Leistungspflicht eindeutig gegeben. Aufgrund einer mit Wirkung vom 1. Januar 1982 vorgenommenen Änderung der Richtlinien könne die Beklagte Rehabilitationsmaßnahmen auch in ihr nicht zur Verfügung stehenden Einrichtungen durchführen lassen, sofern dadurch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht durchbrochen würden. Danach habe die Rehabilitationsmaßnahme auch in der LNK durchgeführt werden können. Die Klägerin zu 1) habe diese Maßnahme nicht eigenmächtig begonnen. Nach ihrer Einweisung in die LNK sei dort fälschlicherweise angenommen worden, daß nach Wegfall ihrer (der Klägerin zu 2) Leistungspflicht der Sozialhilfeträger die weiteren Kosten übernehmen werde. Zumindest ihr gegenüber habe die Beklagte kein Leistungsverweigerungsrecht. Die Ablehnung der Kostenübernahme beruhe auf einer ermessensfehlerhaften Entscheidung, die sich dem Grunde nach nur auf eine kleinliche Auslegung der Antragsformalien stütze. Die Entscheidungskompetenz der Beklagten habe nicht vorsätzlich umgangen werden sollen. Allenfalls könne von einem unglücklichen Geschehensablauf ausgegangen werden. Ihr (der Klägerin zu 2) Erstattungsanspruch richte sich entgegen der Ansicht des LSG nach §§ 102 ff. SGB 10. Für ihn sei wesentlich, daß sie bei der vorläufigen Kostenübernahme das ihr in § 184a RVO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Unerheblich sei demgegenüber, ob die Beklagte als voraussichtlich vorrangig zuständiger Leistungsträger ihr Ermessen anders ausgeübt hätte.

Die Klägerin zu 1) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung; durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–) erteilt.

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig und in überwiegendem Umfange begründet.

Die von den Vorinstanzen ausgesprochene bzw. bestätigte Aufhebung des der Klägerin zu 1) erteilten Bescheides vom 11. August 1982 in der Gestalt des 6; Widerspruchsbescheides vom 15. November 1982 kann nur für die Zeit ab 29. Juli 1982 Bestand haben. Der Klägerin zu 2) gegenüber ist die Beklagte nicht erstattungspflichtig.

Hinsichtlich der von der Klägerin zu 1) erhobenen Ansprüche begegnet die prozessuale Behandlung ihrer Klage durch die Vorinstanzen Bedenken. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG am 30. Juni 1983 hat die Klägerin zu 1) beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 1982 aufzuheben. Das SG hat nach diesem Klageantrag erkannt und das LSG durch Zurückweisung der Berufung der Beklagten dieses Erkenntnis bestätigt. Beide Vordergerichte haben demnach die Klage der Klägerin zu 1) als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) angesehen. Das ist ersichtlich unzutreffend. Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG). Ihm ist es damit zwar verwehrt, bei seiner Entscheidung über das prozessuale Begehren des Klägers hinauszugehen. Jedoch ist dieses prozessuale Begehren nicht allein anhand des Wortlauts des Sachantrages festzustellen. Vielmehr ist dieser der Auslegung zugänglich (vgl. speziell für Rechtsstreitigkeiten um Leistungen zur Rehabilitation BSGE 45, 183, 184; BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 16 S. 38). Dabei ist von der für Anträge allgemein geltenden Erwägung auszugehen, daß derjenige, der zu einem bestimmten Sachverhalt beim Versicherungsträger Leistungen beantragt hat, im Zweifel die für ihn günstigsten Ansprüche geltend machen will. (vgl. Urteil des BSG vom 25. Oktober 1984 – 7 RAr 4/84 – m.w.N.). Unter Zugrundelegung dessen hat die Klägerin zu 1) entgegen der Ansicht der Vordergerichte ihrem eigentlichen Prozeßziel nach nicht lediglich eine reine Anfechtungsklage erhoben. Allein mit der Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 11. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 1982 wäre lediglich der Rechtszustand im Zeitpunkt der Antragstellung wiederhergestellt und damit der Klägerin zu 1) nicht gedient. Sie hat vielmehr bei verständiger Würdigung ihres prozessualen Begehrens neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide zusätzlich die Bewilligung einer Leistung zur Rehabilitation in Form einer Drogenlangzeittherapie bzw. des Ersatzes der dafür aufgewendeten Kosten begehrt. Auf derartige Leistungen besteht – worauf nachfolgend im einzelnen einzugehen sein wird – kein Rechtsanspruch. Ihre Gewährung steht vielmehr bei Erfüllung der versicherungs- und leistungsrechtlichen Voraussetzungen im Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Die Gewährung einer Ermessensleistung kann im allgemeinen gerichtlich nur durch die auf die Erteilung eines neuen Bescheides gerichtete Verpflichtungsklage geltend gemacht werden. Demgemäß hat es sich bei zutreffendem Verständnis des sachlichen Begehrens der Klägerin zu 1) bei deren Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) gehandelt (zur Zulässigkeit der Auslegung eines Anfechtungsantrages als Verpflichtungsklage vgl. BVerwG DVBl 1974, 291, 293).

Gleichwohl könnte der Senat im Falle einer (teilweisen) Unbegründetheit der Revision der Beklagten neben der dann zu bestätigenden Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte nicht noch zusätzlich zur Erteilung eines neuen Bescheides an die Klägerin zu 1) verurteilen. Dem steht das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelklägers (reformatio in peius) entgegen. Hiernach darf das Rechtsmittelgericht angesichts seiner Findung an das prozessuale Begehren des Rechtsmittelklägers in dem für diesen ungünstigsten Fall nur dessen Rechtsmittel zurückweisen. Nicht hingegen darf es die angefochtene Entscheidung zum Nachteil des Rechtsmittelklägers ändern, sofern nicht die Entscheidung auch von der Gegenseite oder einem beteiligten Dritten mit entgegengesetzter Begehrensrichtung angefochten worden ist (BSGE 53, 284, 287 = SozR 5550 § 15 Nr. 1 S. 3; Urteil des erkennenden Senats vom 22. Mai 1985 – 1 RA 31/84 –). Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Revision hat allein die Beklagte eingelegt. Im Falle einer Unbegründetheit dieses Rechtsmittels kann der Senat lediglich die von den Vorinstanzen ausgesprochene Aufhebung der angefochtenen Bescheide bestätigen. Hingegen ist es ihm dann verwehrt, über den Umfang der bisherigen Verurteilung hinausgehend die Beklagte auch zur Erteilung eines neuen Bescheides an die Klägerin zu 1) zu verpflichten.

In der Sache selbst ist die Revision der Beklagten zunächst teilweise insoweit begründet, als sie sich gegen die auf die Klage der Klägerin zu 1) ausgesprochene Aufhebung des Bescheides vom 11. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 1982 wendet. Diese Aufhebung kann mir für die Zeit ab 29. Juli 1982 Bestand haben. Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 28. Juli 1982 hingegen ist die Klage der Klägerin zu 1) abzuweisen.

Rechtsgrundlagen des Begehrens der Klägerin zu 1) auf Gewährung einer medizinischen Leistung zur Rehabilitation in Gestalt einer Drogenlangzeittherapie sind § 13 Abs. 1 AVG in der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung des 2. HStruktG, § 13 Abs. 1a AVG in der seither unveränderten Fassung des Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz – 20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl. I S. 1040) und § 14 AVG in der seither ebenfalls unveränderten Fassung des RehaAnglG. Bei medizinischen ebenso wie bei berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation bestimmt sich das maßgebende Recht nach dem Zeitpunkt, zu welchem die Rehabilitationsmaßnahme notwendig geworden ist (für die medizinische Rehabilitation vgl. insbesondere Urteil des erkennenden Senats in BSGE 45, 212, 214 f. = SozR 2200 § 182 Nr. 29 S. 50; seither ständige Rechtsprechung: vgl. zuletzt BSGE 55, 120, 122 = SozR 2200 § 1237 Nr. 19 S. 40 m.w.N.). Bei einer vom Versicherten selbst begonnenen Rehabilitation beurteilt sich das Förderungsbegehren spätestens nach dem zu Beginn der Maßnahme geltenden Recht (BSGE 54, 54, 56 f. = SozR 2200 § 1237 Nr. 18 S. 31). Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit (§ 163 SGG) für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil ist die von der Klägerin zu 1) durchgeführte Drogenlangzeittherapie am 2. April 1982 sowohl notwendig geworden als auch begonnen worden. Zu diesem Zeitpunkt haben § 13 Abs. 1 und 1a sowie § 14 AVG in den vorstehend genannten Fassungen gegolten.

Nach § 13 Abs. 1 AVG kann, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder wenn sie gemindert ist, die BfA Leistungen zur Rehabilitation erbringen, wenn die Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder wenn bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen der Eintritt von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit abgewendet werden kann (Satz 1). Der Umfang der Leistungen zur Rehabilitation richtet sich nach §§ 14 bis 14b AVG (Satz 4). Die BfA bestimmt im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Leistungen zur Rehabilitation sowie die Rehabilitationseinrichtung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach pflichtgemäßem Ermessen (Satz 9), Versicherter im Sinne des § 13 Abs. 1 AVG ist bei medizinischen Maßnahmen zur Rehabilitation u.a., für wen im Zeitpunkt der Antragstellung in den vorausgegangenen 24 Kalendermonaten mindestens für sechs Kalendermonate Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet worden sind (§ 13 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 AVG). Die medizinischen Leistungen zur Rehabilitation umfassen u.a. ärztliche Behandlung und Keilmittel einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie und Beschäftigungstherapie, vor allem in Kur- und Spezialeinrichtungen einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung (§ 14 Nrn. 1 und 3 AVG).

Die Klägerin zu 1) hat bei Beginn der Drogenlangzeittherapie am 2. April 1982 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 13 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 AVG) für die Bewilligung der beantragten medizinischen Leistungen zur Rehabilitation erkennbar erfüllt. Darüber herrscht unter den Beteiligten kein Streit. Dasselbe gilt bezüglich der Erfüllung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen. Zwischen den Beteiligten nicht streitig ist insbesondere, daß die von der Klägerin zu 1) durchgeführte Drogenlangzeittherapie nach ihrer insoweit maßgebenden Zweckrichtung eine Leistung zur Rehabilitation (vgl. hierzu vor allem die Urteile des erkennenden Senats in BSGE 48, 74, 76 f. = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S. 8 f. und in BSGE 50, 156, 158 f. = SozR 2200 § 1237 Nr. 15 S. 19 f.) und nach ihrem Gegenstand und der Art ihrer Durchführung eine medizinische Leistung zur Rehabilitation ist (dazu BSGE 50, 156, 159 = SozR 2200 § 1237 Nr. 15 S. 21 und dem im wesentlichen folgend BSGE 54, 54, 59 = SozR a.a.O. Nr. 18 S. 34).

Diese Erfüllung der versicherungsrechtlichen und leistungsrechtlichen Voraussetzungen begründet zugleich die Leistungszuständigkeit der Beklagten für die von der Klägerin zu 1) beantragte Leistung zur Rehabilitation. Das ergibt sich aus § 184a Satz 1 RVO in der hier maßgeblichen Fassung des RehaAnglG. Danach kann die Krankenkasse Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in Kur- oder Spezialeinrichtungen gewähren, wenn diese erforderlich ist, um eine Krankheit zu heilen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten, und wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 1305 Abs. 1 RVO, des § 84 Abs. 1 AVG und des § 97 Abs. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) oder nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) solche Leistungen nicht gewährt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 54, 54, 60 = SozR 2200 § 1237 Nr. 18 S. 36 m.w.N.; BSG SozR 2200 § 184a Nr. 5 S. 21) ist der Träger der Krankenversicherung für eine Leistung nach § 184a RVO nur subsidiär (sekundär) zuständig. Stellt die Behandlung in einer Kur- oder Spezialeinrichtung zugleich eine Leistung zur Rehabilitation dar, und sind die versicherungs- und leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Leistung erfüllt, so ist hierfür primär der Rentenversicherungsträger zuständig. Das muß auch im vorliegenden Fall gelten. Die von der Klägerin zu 1) durchgeführte Drogenlangzeittherapie stellt ersichtlich eine Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Kur- oder Spezialeinrichtung im Sinne des § 184a RVO dar. Das stellt selbst die Revision nicht in Abrede. Allerdings ist eine solche Behandlung von der Krankenhauspflege im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 RVO (hier maßgebend in der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung – Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz –KVEG– vom 22. Dezember 1981; BGBl. I S. 1578) zu unterscheiden. Diese Unterscheidung mag im Einzelfall relativ eindeutig zu treffen sein (vgl. z.B. für die Behandlung einer psychisch bedingten Sprachstörung BSGE 50, 47, 49 = SozR 2200 § 184a Nr. 3 S. 11). In anderen Fällen kann sie hin gegen erheblichen Schwierigkeiten begegnen (vgl. für Alkoholentziehungskuren BSGE 46, 41, 43 ff. = SozR a.a.O. Nr. 1 S. 3 ff und BSG SozR a.a.O. Nr. 5 S. 20; für Entzugsbehandlung bei Medikamentensucht BSGE 51, 44, 46 ff. = SozR a.a.O. Nr. 4 S. 15 ff.). Im Einblick darauf hat das BSG wiederholt eine Regelung über die Kostentragung und -aufteilung durch vertragliche Vereinbarungen der Sozialversicherungsträger für sachgerecht und vertretbar gehalten (vgl. insbesondere BSGE 46, 41, 46 = SozR a.a.O. Nr. 1 S. 6) und nach dem Abschluß der SuchtV diese als brauchbare Grundlage einer Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den Trägern der Kranken- und der Rentenversicherung herangezogen (BSGE 51, 44, 48 = SozR a.a.O. Nr. 4 S. 17; BSG SozR 2200 § 1239 Nr. 1 S. 4). Nach § 4 SuchtV ist bei Abhängigkeitskranken für die Gewährung der Entzugsbehandlung grundsätzlich der Krankenversicherungsträger und für die Gewährung der Entwöhnungsbehandlung der Rentenversicherungsträger zuständig, wenn die versicherungsrechtlichen und die medizinischen Voraussetzungen der § 1236 RVO, § 13 AVG, § 35 RKG erfüllt sind. Letzteres ist – wie bereits dargelegt – der Fall. Das begründet eine Leistungszuständigkeit der Beklagten für die von der Klägerin zu 1) am 2. April 1982 begonnene Drogenlangzeittherapie. Diese stellt eine Entwöhnungsbehandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 SuchtV und damit zugleich eine Behandlung in einer Kur- oder Spezialeinrichtung im Sinne des § 184a Satz 1 RVO dar. Dies wird von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen.

Ungeachtet ihrer somit bestehenden Leistungszuständigkeit ist die Beklagte der Klägerin zu 1) gegenüber nicht kraft eines Rechtsanspruchs zur Gewährung der beantragten medizinischen Leistung zur Rehabilitation verpflichtet. Sie „kann” vielmehr diese Leistung erbringen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 AVG) und hat somit nach ihrem Ermessen über einen darauf gerichteten Antrag zu befinden. Zwar ist – nicht nur im Rahmen, von Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern, sondern auch bezüglich der Rechtsbeziehungen des Versicherten zum Rentenversicherungsträger als Träger der Rehabilitation – in der Rechtsprechung des BSG wiederholt die Frage erörtert worden, ob nicht die Kann-Vorschrift des § 1236 Abs. 1 Satz 1 RVO (= § 13. Abs. 1 Satz 1 AVG) i.V.m. dem Gleichheitsgrundsatz und den von den Rentenversicherungsträgern erlassenen Ermessensrichtlinien weitgehend zu einer Mußvorschrift erstarkt sei. Hierfür spreche vor allem, daß der Grundsatz des Vorranges der Rehabilitation vor Rente (§ 7 RehaAnglG) als Sollvorschrift ausgestattet sei, daß auf die Rente selbst bei Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch bestehe und daß die Rentenversicherungsträger im Rahmen des RehaAnglG aufgrund einer Mußvorschrift (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 RehaAnglG) zur medizinischen Rehabilitation verpflichtet seien (so insbesondere BSGE 50, 47, 150 f. = SozR 2200 § 184a Nr. 3 S. 13 und Urteil vom 2. Oktober 1984 – 5b RJ 106/83 –). Demgegenüber hat der 11. Senat des BSG (BSGE 50, 149, 150 f. = SozR 2200 § 1236 Nr. 26 S. 52 f) unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 12. Dezember 1979 (BSG SozR a.a.O. Nr. 21 S. 45 f.) ausgeführt, zwar scheine in Zukunft die Entwicklung im Rehabilitationsrecht auf eine Erstarkung der Ermessensleistungen zum Rechtsanspruch hinauszulaufen, jedoch solle es gegenwärtig zumindest vorerst für den Bereich der Rentenversicherung bei der schwächeren Form der Ermessensleistung bleiben. Im Einklang damit hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausgesprochen, ungeachtet der Bindung; des Ermessens der Rentenversicherungsträger durch vielfach abgeänderte Richtlinien und trotz Bestrebens des Gesetzgebers nach Umwandlung der in § 13 AVG geregelten Ermessensleistungen in Leistungen mit Rechtsanspruch sehe die Vorschrift lediglich eine vom Ermessen des Versicherungsträgers abhängige Leistung vor, welche nicht schon letzt als eine eigentumsähnliche Rechtsposition des Versicherten angesehen werden könne (BVerfGE 63, 152, 174 = SozR 2200 § 1236 Nr. 39 S. 80 f.). Der Senat sieht sich dadurch in seiner Rechtsauffassung bekräftigt, daß jedenfalls gegenüber dem Versicherten selbst der Rentenversicherungsträger über die Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 Abs. 1 SGB 1) zu entscheiden hat.

Diese Ermessensentscheidung unterliegt im Rechtsstreit lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung daraufhin, ob der Rentenversicherungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG; vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 43 S. 96 f m.w.N.). Dabei darf das Gericht nicht eigene Ermessenserwägungen an die Stelle derjenigen des Rentenversicherungsträgers setzen. Seine Prüfung hat sich deswegen auf die Frage zu beschränken, ob die von dem Versicherungsträger selbst und ausdrücklich dargelegten Ermessenserwägungen den Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG überschreiten.

Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin zu 1) deren Antrag vom 29. Juli 1982 mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin zu 1) habe eine Heilbehandlungsmaßnahme begonnen, ohne vorher einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen bzw. nach der Antragstellung ihre (der Beklagten) Entscheidung abzuwarten. Sie habe daher nach § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. keine Möglichkeit und keine Verpflichtung, die beantragte Leistung zur Rehabilitation zu gewähren bzw. die Kosten einer vom Betreuten ohne ihre vorherige Zustimmung begonnenen Maßnahme zu übernehmen. Diese Ermessenserwägungen sind für die Zeit bis zum 28. Juli 1982 im Rahmen ihrer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit nicht zu beanstanden. Für die Zeit ab 29. Juli 1982 hingegen sind sie rechtsfehlerhaft.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sind alle Leistungen zur Rehabilitation einschließlich etwa begehrter geldlicher Zuschüsse final ausgerichtet. Sie dürfen deswegen grundsätzlich nur für eine zukünftige und nicht auch für eine zurückliegende Maßnahme begehrt und bewilligt werden. Lediglich dann, wenn der Versicherte nach der Antragstellung seine Rehabilitation ohne Zutun des Versicherungsträgers selbst betrieben hat, kann er noch im nachhinein einen Anspruch auf geldliche Förderung dieser Rehabilitation geltend machen (so für die berufliche Rehabilitation BSGE 48, 88, 89 = SozR 2200 § 1236 Nr. 14 S. 24; BSGE 48, 92, 94 = SozR a.a.O. Nr. 15 S. 29; BSG SozR a.a.O. Nr. 16 S. 37; BSGE 49, 268, 269 = SozR a.a.O. Nr. 24 S. 49). Hingegen hält sich der Versicherungsträger innerhalb der Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens, wenn er sich auf das Erfordernis einer vor Durchführung oder Beginn der Maßnahme notwendigen Antragstellung beruft (BSGE 54, 91, 92 = SozR a.a.O. Nr. 37 S. 70). Ergänzend dazu hat der 5b-Senat des BSG in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 2. Oktober 1984 – 5b RJ 106/83 – ausgesprochen, bei einer Drogensuchtbehandlung stehe es ohne eine vor deren Beginn mögliche Antragstellung nicht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, de-, m Versicherten die Kosten der von ihm selbst eingeleiteten Entziehungskur zu erstatten. Der förmlichen Antragstellung des Versicherten stehe aber der an den Versicherungsträger gerichtete Kostenübernahmeantrag einer karitativen Beratungsstelle für Suchtkranke, wenn die Einverständniserklärung; des Versicherten beigefügt und dessen Rehabilitationsbedürftigkeit dem Rehabilitationsträger bekannt sei, jedenfalls insofern gleich, als vom Eingang dieses Antrages an der Rehabilitationsträger nicht mehr geltend machen könne, Kosten für ohne seine vorherige Zustimmung begonnene und selbstgewählte Maßnahmen seien nach seinen Richtlinien nicht erstattungsfähig. lm vorliegenden Falle hat die Beklagte Kenntnis von der Rehabilitationsbedürftigkeit der Klägerin zu 1) erstmals durch deren Leistungsantrag vom 29. Juli 1982 erhalten. Dafür, daß sie hierüber von der Klägerin zu 1) oder von anderer Seite schon zu einem früheren Zeitpunkt unterrichtet worden ist, bieten die tatsächlichen Feststellungen des LSG keinen Anhalt. Damit läßt die Begründung für die Ablehnung des Antrages der Klägerin zu 1) insoweit, als sich diese Ablehnung auf die Zeit bis zum Tage vor Eingang des Antrages (28. Juli 1982) bezieht, einen Ermessensfehler nicht erkennen.

Für die Zeit ab 29. Juli 1982 kann dies nicht gelten. Für diese Zeit nach der Antragstellung durch die Klägerin zu 1) kann die Ermessenserwägung, daß Leistungen zur Rehabilitation zukunftsgerichtet und deswegen ohne vorherige Antragstellung nicht zu gewähren seien, nicht durchgreifen. Die Beklagte hat allerdings ihre ablehnende Entscheidung zusätzlich auf § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. und damit auf die weitere Erwägung gestützt, daß die Bewilligung der von der Klägerin zu 1) beantragten Leistung dieser Vorschrift und dem darin verankerten Recht des Rentenversicherungsträgers, Art, Umfang und Durchführung der Rehabilitation sowie die Rehabilitationseinrichtung selbst zu bestimmen, widersprechen würde. Das trifft grundsätzlich zu. Zwar ist dem Rentenversicherungsträger – entschieden allerdings nur im Rahmen von Erstattungsstreitigkeiten und in der Zeit vor Inkrafttreten des § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. – die Berufung darauf, daß eine Rehabilitationsmaßnahme nicht in seinen eigenen oder von ihm belegten Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt worden sei, wiederholt versagt worden (BSG SozR 3100 § 18c Nr. 9 S. 25; BSGE 51, 44, 49 = SozR 2200 § 184a Nr. 4 S. 19). Im übrigen jedoch ist ihm zugestanden worden, unter mehreren in ihren Wirkungen noch nicht ausreichend geklärten Therapien für eine Rehabilitation sich allgemein auf die Förderung derjenigen Therapien zu beschränken, die noch am meisten geeignet und gesichert erscheinen und außerdem in einem wirtschaftlich angemessenen Rahmen, bleiben (BSGE 54, 54, 61 = SozR 2200 § 1237 Nr. 18 S. 36 f.). Darüber hinaus hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 15. November 1983 (BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 43 S. 97 f.) entschieden, daß im Falle der Bewilligung einer langfristigen Drogenentwöhnungsbehandlung als medizinischer Maßnahme zur Rehabilitation nicht dem Versicherten die Bestimmung der in Anspruch zu nehmenden Rehabilitationseinrichtung zusteht. Vielmehr hat diese Bestimmung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens der Rentenversicherungsträger vorzunehmen.

Entgegen ihrer Ansicht kann die Beklagte ihre der Klägerin zu 1) gegenüber ablehnende Entscheidung für die Zeit ab Antragstellung am 29. Juli 1982 auf dieses Urteil nicht stützen. Der seinerzeit maßgebende Sachverhalt hat sein Gepräge dadurch erhalten, daß der damaligen Klägerin von der Beklagten eine Heilbehandlung in einer bestimmten Behandlungsstätte bewilligt worden ist, die Klägerin sich dann aber in eine andere Rehabilitationseinrichtung hat aufnehmen lassen und eine Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten seitens der Beklagten begehrt hat. Der vorliegende Fall ist anders gelagert: Die Klägerin zu 1) hat die Drogenlangzeittherapie in der LNK A. ohne vorherige Unterrichtung der Beklagten begonnen; die Beklagte hat deswegen notwendigerweise die in Anspruch zu nehmende Rehabilitationseinrichtung vor Beginn der Behandlung nicht bestimmt und nicht bestimmen können. Für einen annähernd vergleichbaren Fall – dort hatte allerdings der Versicherte eine Drogenlangzeittherapie erst nach der Antragstellung von sich aus begonnen – hat der 11. Senat des BSG in seinem Urteil vom 12. August 1982 (BSGE 54, 54, 62 = SozR 2200 § 1237 Nr. 18 S. 37 f.) ausgesprochen, dem Versicherten dürfe nicht bloß entgegengehalten werden, daß es so, wie er handeln wolle oder handele, nicht gehe. Unter den besonderen Umständen des gegebenen Falles hätte der Versicherungsträger vielmehr die Förderung der Maßnahme ermessensfehlerfrei nur ablehnen dürfen, wenn er dem Versicherten zugleich durch konkrete Hinweise den Weg aufgezeigt hätte, auf welchem der Versicherte gefahrlos und mit im Ergebnis voraussichtlich gleichem Erfolg in das vom Versicherungsträger vorgesehene System hätte überwechseln können. In dieselbe Richtung weist das bereits erwähnte Urteil vom 2. Oktober 1984 – 5b RJ 106/8 –. Dort hat der 15b-Senat in Fortführung seines Urteils vom 15. Oktober 1981 (BSGF 52, 239, 244 = SozR 2200 § 1236 Nr. 35 S. 67 zur beruflichen Rehabilitation) und unter Bezugnahme auf das Urteil des 11. Senats vom 12. August 1982 (a.a.O.) entschieden, der Versicherungsträger dürfe dann, wenn sich die Rehabilitation nicht in einer einmaligen Leistung erschöpfe, sondern im Zeitpunkt der verspäteten Antragstellung noch nicht abgeschlossen sei, den Antrag des Versicherten nicht als bloßes Kostenübernahmebegehren verstehen und ihn allein deswegen ablehnen, weil er sich an der Übernahme von Kosten für ohne seine vorherige Zustimmung begonnene oder durchgeführte Maßnahmen gehindert sehe. Allein auf eine Ablehnung der beantragten Maßnahme dürfe er sich nicht beschränken. Vielmehr habe er den Antrag vom Zeitpunkt seines Einganges an als auf ein aktuelles Rehabilitationsbegehren gerichtet anzusehen und, sofern er im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens für den Versicherten eine andere als die von diesem selbst begonnene Behandlung vorsehen wolle, zu erwägen, ob das Rehabilitationsziel nicht mit anderen Mitteln erreicht werden könne.

Der erkennende Senat macht sich diese Rechtsauffassung zu eigen. Sie trägt dem Wesen der Rehabilitation als einer zukunftsgerichteten Leistung im allgemeinen und dem von der Beklagten nachdrücklich hervorgehobenen Bestimmtangsrecht des Rentenversicherungsträgers (§ 13 Abs. 1 Satz 5 AVG nF) im besonderen Rechnung. Wenn dem Rentenversicherungsträger ausdrücklich positiv die Bestimmung von Art, Umfang und Durchführung der Leistungen zur Rehabilitation sowie der Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen aufgetragen ist, so stellt die bloß, negative Ablehnung einer vom Versicherten selbst begonnenen Rehabilitationsmaßnahme für die Zeit nach Kenntnis der Rehabilitationsbedürftigkeit nicht eine vom Zweck der Ermächtigung entsprechende Ausübung des Ermessens dar (§ 39 Abs. 1 SGB 1). Diese Ermächtigung schließt zwar die Versagung einer Rehabilitationsmaßnahme in der vom Versicherten selbst gewählten Einrichtung nicht aus. Darin darf sich das Verwaltungshandeln des Versicherungsträgers jedoch nicht erschöpfen. Er hat vielmehr darüber hinaus seinerseits aktiv zu werden und gemäß der ihm durch § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. erteilten Ermächtigung unverzüglich zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Leistungen zur Rehabilitation er dem Versicherten gewähren kann und will und welche Rehabilitationseinrichtungen dafür in Betracht kommen. An solchen Aktivitäten hat es die Beklagte in der Zeit nach Eingang des Rehabilitationsantrages der Klägerin zu 1) am 29. Juli 1982 fehlen lassen und sich auch für diese Zeit auf die Ablehnung des Antrages beschränkt. Damit hat sie das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Das muß für die Zeit ab 29. Juli 1982 zur Bestätigung der von den Vorinstanzen ausgesprochenen Aufhebung der angefochtenen Bescheide führen. Eine darüber hinausgehende Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Klägerin zu 1) ist dem Senat aus den bereits erörterten prozessualen Gründen verwehrt.

Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Erstattung der Kosten der am 2. April 1982 begonnenen Rehabilitationsmaßnahme der Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 2) wendet, ist ihre Revision in vollem Umfange begründet. Die Klägerin zu 2) kann eine Kostenerstattung nicht beanspruchen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich der von der Klägerin zu 2) erhobene Erstattungsanspruch nach den seit dem 1. Juli 1983 geltenden Vorschriften der §§ 102 ff. SGB 10. Das ergibt sich aus der Überleitungsvorschrift des Art II § 21 SGB 10. Danach sind bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Unter „Verfahren” in diesem Sinne ist auch – oder möglicherweise sogar nur (vgl. speziell dazu BSG SozR 1300 § 102 Nr. 1 S. 2 sowie Urteile vom 15. November 1984 – 7 RAr 52/84 – und vom 14. März 1981 – 7 Rar 61/84 –) – das gerichtliche Verfahren zu verstehen. Demzufolge entspricht es einer inzwischen gesicherten und ständigen Rechtsprechung des BSG, daß vor dem 1. Juli 1983 erhobene Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander, welche noch nach dem 30. Juni 1982 Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sind, bei der gerichtlichen Entscheidung nach §§ 102 ff SGB 10 zu beurteilen sind (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 22. Mai 1985 – 1 RA 33/84 – und – 1 RA 45/84 – unter Bezugnahme auf das Urteil vom 30. Januar 1985 – 1/4 RJ 107/83 – m.w.N.).

Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs der Klägerin zu 2) ist nicht – wie diese nach ihrer Revisionserwiderung vom 22. Juni 1984 (S. 5) zu meinen scheint – § 102 Abs. 1 SCB 10. Hiernach ist, wenn ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat, der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. Der Senat braucht nicht auf die Frage einzugehen, ob der Leistungsträger, der – wie im Rehabilitationsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung – Leistungen lediglich nach seinem Ermessen gewähren kann, „zur Leistung verpflichtet” im Sinne des § 102 Abs. 1 SCB 10 ist. Ein auf diese Vorschrift gestützter Erstattungsanspruch der Klägerin zu 2) besteht schon aus einem anderen Grunde nicht. Sie hat der Klägerin zu 1) nicht „aufgrund gesetzlicher Vorschriften” vorläufig Sozialleistungen erbracht. Wie der Senat bereits entschieden hat, muß im Rahmen des § 102 Abs. 1 SGB 10 der erstattungsbegehrende Leistungsträger aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung vorläufige Leistungen erbracht haben. Die Vorschrift erfaßt nicht den Fall einer freiwilligen Vorleistung ohne eine dafür vorhandene Rechtsgrundlage und bietet eine solche ebenso wenig für den Fall, daß der erstattungsbegehrende Sozialleistungsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit zur Erbringung vorläufiger Leistungen geleistet hat. Im Bereich der medizinischen Rehabilitation besteht eine ausdrücklich normierte Vorleistungspflicht der Träger der gesetzlichen Krankenkassen nicht. Sie läßt sich insbesondere nicht aus der Regelung; des § 43 Abs. 1 SGB 1 über die Vorleistungspflicht des zuerst angegangenen Leistungsträgers herleiten. Dieser Regelung geht § 6 Abs. 2 RehaAnglG als Spezialvorschrift vor. Danach (Satz 1 Nr. 1) sind in Fällen medizinischer Maßnahmen zur Rehabilitation die Rentenversicherungsträger vorleistungspflichtig (vgl. dazu eingehend Urteil vom 22. Mai 1985 – 1 RA 33/84 –). Die Klägerin zu 2) hat somit nicht aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung Vorleistungen zugunsten der Klägerin zu 1) erbracht und kann die Beklagte nicht nach § 102 Abs. 1 SGB 10 auf Erstattung in Anspruch nehmen.

Als Rechtsgrundlage hierfür kommt allein § 105 SGB 10 in Betracht. Danach (Abs. 1 Satz 1) ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne daß die Voraussetzungen des § 102. Abs. 1 SGB 10 vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Wie bereits in Zusammenhang mit dem von vier Klägerin zu 1) erhobenen Anspruch ausgeführt, ist für die von ihr am 2. April 1982 begonnene Drogenlangzeittherapie gemäß § 184a Satz 1 RVO eine Leistungszuständigkeit der Beklagten gesehen. Somit ist diese der zuständige und zugleich die Klägerin zu 2) der unzuständige Leistungsträger im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB 10. Insoweit sind dessen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der Klägerin zu 2) erfüllt.

Gleichwohl besteht ein solcher Erstattungsanspruch nicht. Dabei erfordert der vorliegende Rechtsstreit keine Erörterung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger dem erstattungsbegehrenden Leistungsträger Ermessenserwägungen entgegenhalten kann (vgl. dazu für die Zeit vor Inkrafttreten der §§ 102 ff. SGB 10 u.a. BSGE 50, 47, 49 f. = SozR 2200 § 184a Nr. 3 S. 11 f.; BSGE 51, 44, 49 = SozR a.a.O. Nr. 4 S. 18 f.; BSGE 52, 117, 122 f = SozR 2200 § 1237a Nr. 18 S. 51 f.; BSG SozR 2200 § 184a Nr. 5 S. 21 und 23; für die Zeit nach Inkrafttreten der §§ 102 ff. SGB 10 Urteil des BSG vom 14. Mai 1985 – 4a RJ 13/84 –). Ein Erstattungsanspruch der Klägerin zu 2) ist schon aus einem anderen und rechtslogisch vorrangigen Grund nicht gegeben. Ihr Erstattungsbegehren widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Zu § 81b BVG in seiner bis zum 30. Juni 1983 geltenden Fassung hat das BSG in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, der darin normierte Rechtsgedanke des internen Leistungsausgleichs zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern dürfe nicht dazu herangezogen werden, um seitens der Versorgungsverwaltung die Abwälzung von Leistungen zu fordern, welche angesichts einer klaren Sach- und Rechtslage auf einem von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechenden Verwaltungshandeln beruhe (BSG SozR 3100 § 81b Nr. 2 S. 5; Nr. 9 S. 39 f.; Nr. 10 S. 43). Ob diese Rechtsprechung nach Inkrafttreten der §§ 102 ff. SGB 10 auch auf § 105 SGB 10 übertragen werden kann, ist umstritten (bejahend Kommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, § 105 SGB 10, Stand 1. Juli 1983, Anm. 2; Gerlach DOK 1983, 393, 403; verneinend Schellhorn in v. Maydell/Schellhorn, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten, GK – SGB X 3, 1984, § 105, Rdz 22; Stüwe SdL 1983, 94, 106). Der Senat braucht zu dieser Streitfrage nicht Stellung zu nehmen. Jedenfalls ist zu beachten, daß die Leistungsträger bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem SGB zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind (§ 86 SGB 10). Das schließt die Verpflichtung ein, bei widerstreitenden gegenseitigen Interessen auch die Belange des anderen Versicherungsträgers angemessen zu berücksichtigen (Urteil des BSG vom 13. September 1984 – 4 RJ 37/83 –). Diese Verpflichtung ist auch im Rahmen des Erstattungsrechts im allgemeinen (Schellhorn, a.a.O., Vorbem vor §§ 102-114, Rdz 24-26; Laufer/Noch DAngVers 1983, 255, 258) und bei Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs des unzuständigen Leistungsträgers nach § 105 SGB 10 im besonderen zu beachten. Zwar ist ein solcher Anspruch grundsätzlich verschuldensunabhängig und somit ein Verschulden des unzuständigen Leistungsträgers im allgemeinen unerheblich (Schellhorn, a.a.O., § 105, Rdz 20; Engelmann hei Schroeder-Printzen u.a., Sozialgesetzbuch – SGB X –, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten, Kommentar und Ergänzungsband, 1984, § 105, Anm. 2.3; Dederer DRV 1983, 566, 571; Langenheim DRV 1983, 578, 585; Gerlach a.a.O.). Der Erstattungsanspruch kann jedoch im Einzelfall nach dem übergreifenden Grundsatz von Treu und Glauben entweder schon dem Grund nach ausgeschlossen oder jedenfalls der Höhe nach begrenzt sein. Ob dies bereits dann zu gelten hat, wenn ein Leistungsträger in Kenntnis seiner Unzuständigkeit dem Berechtigten Leistungen erbracht hat und nunmehr von dem zuständigen Leistungsträger Erstattung begehrt (so Gerlach, a.a.O.: Lekon, Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, 1983, 321, 326), kann hier auf sich beruhen. Der Erstattungsanspruch ist jedenfalls zumindest dann ausgeschlossen, wenn der erstattungsbegehrende Leistungsträger sich bei Gewährung der Leistungen an den Berechtigten bewußt über seine Unzuständigkeit hinweggesetzt und seine Leistung offensichtlich entgegen der Sach- und Rechtslage erbracht (Stüwe, a.a.O.; Gerlach, a.a.O.) oder wenn er in sonstiger Weise vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Rechtsnormen oder gegen schutzwürdige Interessen anderer verstoßen hat (Schellhorn, a.a.O., § 105, Rdz 21). Unter diesen Voraussetzungen wäre es rechtsmißbräuchlich, die Leistungen auf den an sich zuständigen Leistungsträger abwälzen zu wollen.

Das muß auch für den von der Klägerin zu 2) erhobenen Erstattungsanspruch gelten. Bereits aus dem Gesetz (§ 13 Abs. 1 Satz 5 AVG nF) geht unmißverständlich hervor, daß im Falle seiner Zuständigkeit für Leistungen zur Rehabilitation dem Rentenversicherungsträger die Bestimmung der gebotenen Leistungen und vier Rehabilitationseinrichtung obliegt und zusteht. Speziell für die Entwöhnungsbehandlung Abhängigkeitskranker wird dies durch SuchtV bestätigt. Danach leitet der Krankenversicherungsträger, wenn der Antrag auf stationäre Maßnahmen bei ihm gestellt worden ist und er den Rentenversicherungsträger für zuständig hält, die Antragsunterlagen umgehend an den Rentenversicherungsträger weiter (Abs. 2). Selbst wenn in Ausnahmefällen aus zwingenden medizinischen Gründen die sofortige Einleitung einer Entzugsbehandlung erforderlich ist, kann der Krankenversicherungsträger eine im unmittelbaren zeitlichen Anschluß daran erforderliche Entwöhnungsbehandlung nur im Einvernehmen mit dem Rentenversicherungsträger unter vorläufiger Kostenzusage einleiten (Abs. 4 Satz 1). Für den Fall, daß der für die Gewährung der Entwöhnungsbehandlung eines Drogenabhängigen zuständige Leistungsträger nicht sogleich ermittelt werden kann, ist in der „Empfehlungsvereinbarung über die Zusammenarbeit und das Verfahren bei der Gewährung vorläufiger Leistungen für stationäre Entwöhnungsbehandlungen Drogenabhängiger – Vereinbarung Vorleistung/Drogen” vom 22. Oktober 1981 (ErsK 1982, 147; im folgenden: VorlV) eine die SuchtV ergänzende Vereinbarung getroffen worden. Danach treten mit vorläufigen Leistungen entweder die für den Wohnort des Drogenabhängigen zuständige LVA oder, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der letzte Beitrag zur Rentenversicherung der Angestellten oder zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet worden ist, die BfA oder die Bundesknappschaft mit vorläufigen Leistungen ein (§ 2 VorlV). Der den Antrag entgegennehmende Sozialleistungsträger hat den Antrag unverzüglich an den vorleistungspflichtigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten. Dieser leitet sodann unter vorläufiger Kostenzusage die Entwöhnungsbehandlung unverzüglich ein (§ 3 Abs. 1 VorlV).

Die Klägerin zu 2) hat ihren hieraus resultierenden Verpflichtungen zuwidergehandelt. Erstmals durch den unter ihrer Mitwirkung gestellten Antrag der Klägerin zu 1) vom 29. Juli 1982 hat die Beklagte Kenntnis von der am 2. April 1982 begonnenen Entwöhnungsbehandlung erhalten. Dabei hätte für die Klägerin zu 2) schon zu einem früheren Zeitpunkt Anlaß und Möglichkeit bestanden, entsprechend ihren Verpflichtungen (§ 5 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 SuchtV, 3 Abs. 1 Satz 1 VorlV) die Beklagte von dem Erfordernis bzw. der Einleitung der Entwöhnungsbehandlung zu unterrichten. Bereits im Kostenübernahmeantrag der LNK vom 15. März 1982 ist als Beruf der Klägerin zu 1) „Versicherungskaufmann” angegeben und damit ein konkreter Anhaltspunkt für die Zugehörigkeit der Klägerin zu 1) zur Angestelltenversicherung aufgezeigt worden. Gleichwohl hat die Klägerin zu 2) nichts zur weiteren Aufklärung der Versicherungszugehörigkeit der Klägerin zu 1) und zur Weiterleitung des Kostenübernahmeantrages gemäß § 3 Abs. 1 VorlV unternommen. Dasselbe gilt für die Zeit nach Erhalt der vertrauensärztlichen Gutachten vom 2. und 16. Dezember 1981, am 30. April 1982 und einer Kopie des Bewilligungsbescheides des Arbeitsamts M. vom 25. Februar 1982 am 2. Juni 1982, obgleich in diesem ausdrücklich die Zugehörigkeit der Klägerin zu 1) zur „Rentenversicherung der Angestellten” erwähnt worden ist. Darauf, daß in der LNK irrtümlich eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers für die Entwöhnungsbehandlung der Klägerin zu 1) angenommen worden ist, kann sich die Klägerin zu 2) nicht berufen. Ihr selbst als dem zuerst angegangenen obliegt die Feststellung, des zuständigen Leistungsträgers jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Sachverhalt konkrete Anhaltspunkte für eine solche anderweitige Zuständigkeit vorhanden sind.

Durch das pflichtwidrige Verhalten der Klägerin zu 2) hat die Beklagte von der am 2. April 1982 begonnenen Entwöhnungsbehandlung erst durch den Antrag der Klägerin zu 1) vom 20. Juli 1982 und somit fast vier Monate nach Aufnahme der Behandlung Kenntnis erhalten. Jedenfalls für diesen Zeitraum hat sie entgegen dem ihr aus § 13 Abs. 1 Satz 5 AVG n.F. zustehenden Bestimmungsrecht die Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr auf Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hin beeinflussen können. Dasselbe müßte für der nachfolgenden Zeitraum unter der – im Tatsächlichen allerdings nicht festgestellten – Voraussetzung gelten, daß die Entwöhnungsbehandlung im Hinblick auf ihre bis dahin zurückgelegte Dauer nur um den Preis einer Gefährdung des bereits erreichten Therapieerfolges in der LNK abgebrochen und in einer von der Beklagten bestimmten Rehabilitationseinrichtung fortgesetzt werden könnte. Unter Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte muß die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs seitens der Klägerin zu 2) als dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechend angesehen werden. Das führt zur Abweisung der Erstattungsklage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 263

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