Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahnprothetische Versorgung als Teil der zahnärztlichen Behandlung. zahnärztliche Behandlung und Versorgung mit Zahnersatz als Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der zeitliche Geltungsbereich einer Norm, die (zahn-) medizinische Rehabilitation durch den Träger der RV vorsieht, richtet sich grundsätzlich danach, wann die (zahn-) medizinische Rehabilitation aus den in der Rehabilitationsnorm genannten Gründen (hier: AVG § 13 Abs 1 aF = RVO § 1236 Abs 1 aF) geboten war.

Offen bleibt, ob anderes gilt, wenn die Maßnahme der (zahn-) medizinischen Rehabilitation erst nach dem Inkrafttreten späteren neuen Rechts beginnen kann.

2. Für eine fortgeschrittene behandlungsbedürftige Parodontose hat der Träger der gesetzlichen KV zahnärztliche Behandlung als Sachleistung der Krankenhilfe nach RVO § 182 Abs 1 Nr 1 zu gewähren.

3. Soweit ein Träger der KV Krankenhilfe nach RVO § 182 Abs 1 zu gewähren hat, scheidet eine "Leistungszuständigkeit" des Trägers der RV als Träger der (zahn-) medizinischen Rehabilitation aus.

4. Zu der Frage, ob einem erwachsenen Parodontose-Kranken "kieferorthopädische Behandlung" und Zahnersatz (einschließlich Versorgung mit Kronen und Brücken) durch den Träger der KV als Krankenhilfe (Sachleistung) zu gewähren ist oder ob der Träger der RV hierzu einen Kostenzuschuß als Rehabilitationsmaßnahme gewähren kann.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die AVG §§ 13, 14 (= RVO §§ 1236, 1237) in der bis zum 30.9.1974 geltenden Fassung sowie die zu diesen Vorschriften ergangenen Richtlinien der Verwaltung bleiben auch nach diesem Zeitpunkt anwendbar für solche Leistungen zur Rehabilitation, die wegen einer vor dem 1.10.1974 eingetretenen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geboten sind.

2. Besteht bei der Parodontopathie Anspruch auf zahnärztliche Behandlung als Sachleistung im Rahmen der Krankenpflege (RVO § 182 Abs 1 Nr 1), so wird dadurch die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für eine gleichartige Leistung grundsätzlich ausgeschlossen.

3. Für eine zahnprothetische Versorgung als integrierenden Teil einer im übrigen als Sachleistung zu gewährenden zahnärztlichen Gesamtbehandlung kann in der Krankenversicherung - trotz der für Zahnersatz bestehenden gesetzlichen Sonderregelung als Zuschußleistung (RVO § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d iVm § 182c) - ausnahmsweise ein Anspruch auf Sachleistung entstehen.

4. Verbleibt nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bei der zahnärztlichen Behandlung und Versorgung mit Zahnersatz ein von der Krankenkasse nicht gedeckter Teil, so kommt insoweit eine Teilleistung des Rentenversicherungsträgers in Betracht, sofern durch die Maßnahme die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann.

5. Einer Leistung des Rentenversicherungsträgers zur zahnärztlichen Behandlung und Versorgung mit Zahnersatz steht nicht entgegen, daß die zu den AVG §§ 13, 14 (= RVO §§ 1236, 1237) ergangenen Richtlinien eine Antragstellung vor Durchführung der medizinischen Maßnahmen vorsehen.

 

Normenkette

AVG § 13 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1236 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 14 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1237 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 182 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1924-12-15

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.06.1976; Aktenzeichen S 3 An 20/76)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 1976 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Kläger Zuschüsse zu den Kosten einer zahnärztlichen Behandlung - einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz - zu gewähren hat.

Der 1924 geborene Kläger, Waldhornist im Symphonieorchester der Landeshauptstadt Düsseldorf (D) und bei der Betriebskrankenkasse (BKK) dieser Stadt krankenversichert, begab sich im Jahre 1973 als Privatpatient in zahnärztliche Behandlung. Zahnarzt Dr. S-B (S) stellte eine fortgeschrittene parodontische Erkrankung mit erheblichem Verlust des Kieferstützgewebes fest. Nachdem Dr. S einen Behandlungsplan mit Kostenvoranschlag aufgestellt hatte, sagte die BKK im Dezember 1973 eine Kostenbeteiligung zu. In der Zeit von März 1973 bis Juni 1975 behandelte Dr. S den Kläger unter anderem in der Weise, daß er die Zähne in den Zahnbogen einordnete, die Zahnfleisch- und Knochentaschen chirurgisch beseitigte, die Restzähne im Oberkiefer durch Schienung stabilisierte und durch - zunächst wiederholte provisorische, dann endgültige - prothetische Versorgung (einschließlich Kronen und Brücken) ein funktionsfähiges Kauflächenrelief im Ober- und Unterkiefer wieder aufbaute. Im September 1975 stellte Dr. S dem Kläger - getrennt für Prothetik und die anderen, zum Teil als "kieferorthopädische Behandlung" bezeichnete Leistungen - 22.370,- DM in Rechnung. Hieran beteiligte sich die BKK mit 6.189,87 DM.

Ebenfalls im September 1975 beantragte der Kläger bei der Beklagten, die restlichen Kosten zu übernehmen, da es bei ihm wegen seines Bläserberufes um die Berufsfähigkeit gehe. Dies lehnte die Beklagte mit den beiden streitigen Bescheiden vom 14. (betreffend den Zahnersatz) und vom 27. Oktober 1975 (betreffend die "kieferorthopädische Behandlung") in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. und 12. Februar 1976 ab: Sie, Beklagte, habe ihre Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen zum Zahnersatz ab 1. Januar 1975 aufgehoben; die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei durch die Zahnerkrankung im übrigen weder gefährdet noch gemindert.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen hat das Sozialgericht (SG) nach Verbindung im angefochtenen Urteil vom 28. Juni 1976 abgewiesen. Das Gericht ist der Auffassung, die Beklagte könne den vom Kläger beantragten Zuschuß allenfalls als Rehabilitationsleistung nach § 13 Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) gewähren; er stehe also im Ermessen der Beklagten. Mit der Ablehnung des Antrags habe die Beklagte nicht ermessensfehlerhaft gehandelt. Der Zahnersatz sei durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) zur Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen geworden; nur hinsichtlich der Höhe hätten diese noch ein Ermessen (Hinweis auf §§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d, 182 c der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Zahnersatzleistungen und auch die kieferorthopädische Behandlung seien somit aus dem Aufgabenbereich der Rentenversicherungsträger herausgenommen (Hinweis auf § 14 AVG idF des RehaAnglG). Es sei auch nicht ermessensmißbräuchlich, wenn die Beklagte nach Einführung der Zuschüsse für zahnärztliche Behandlung als Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung ihre Zuschußgewährung einstelle, weil hierdurch Doppelleistungen vermieden würden. Dabei sei unerheblich, daß der Krankenversicherungsschutz ungenügend sei; ebensowenig sei erheblich, daß der Kläger den Zahnersatz zur Berufsausübung benötige.

Das SG hat die Sprungrevision zugelassen, nachdem die Beklagte hierzu zugestimmt hatte (Beschluß vom 13. Dezember 1976).

Der Kläger hat die Revision eingelegt. Er bringt vor, unstreitig hätten schon vor Inkrafttreten des RehaAnglG sowohl die gesetzlichen Krankenkassen als auch die Rentenversicherungsträger nebeneinander für Zahnersatz Beihilfen gewährt. Keinesfalls habe das RehaAnglG insoweit eine Verschlechterung bringen wollen. Weder dieses Gesetz noch das Sozialgesetzbuch (SGB) verbiete eine Kumulierung der Leistungen der Sozialversicherungsträger; das Gegenteil sei der Fall (Hinweis auf §§ 1, 4, 23 des Allgemeinen Teils des SGB; § 22 RehaAnglG; §§ 14, 84 AVG). Das sei auch die Auffassung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA), einer Reihe von Instanzgerichten und des Schrifttums. Die rechtliche Reichweite der von der Beklagten erlassenen einschlägigen Richtlinien und deren Aufhebung habe das SG weit überschätzt. Im übrigen hätten Mitglieder der Deutschen Orchestervereinigung gemäß einer amtlichen Verlautbarung der Beklagten Anträge auf Leistungen zum Zahnersatz "innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß der Behandlung" zu stellen. Die Beiladung der BKK der Landeshauptstadt D, deren weitergehende Leistungspflicht hilfsweise ebenfalls geprüft werden müsse, erscheine erforderlich.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Bescheide der Beklagten vom 14. und 27. Oktober 1975 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. und 12. Februar 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts zu erteilen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie betont, sie habe mit ihrer Entscheidung, Beihilfen zum Zahnersatz künftig einzustellen, die neue Gewichtsverteilung im Leistungsbereich der Kranken- und Rentenversicherung durch das RehaAnglG beachtet. Beihilfen zum Zahnersatz seien heute ganz primär den Trägern der Krankenversicherung aufgetragen. Zu Unrecht meine der Kläger, er habe seinen Antrag auf Beihilfe zum Zahnersatz erst im Oktober 1975 stellen können. Ihre, der Beklagten, Richtlinien schrieben vor, daß der Antrag vor Ausführung der Arbeiten gestellt werden müsse. Was die kieferorthopädische Behandlung betreffe, so hätten diese nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Sie, Beklagte, habe ihre Beihilfen zur kieferorthopädischen Behandlung demzufolge bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1974 eingestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Sprungrevision führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz.

Nach § 13 Abs 1 AVG (= § 1236 RVO) in der bis zum Inkrafttreten des RehaAnglG am 1. Oktober 1974 geltenden Fassung (aF) kann die Beklagte in dem in § 14 AVG (= § 1237 RVO) bezeichneten Umfang Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge von Krankheiten oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die Maßnahmen nach § 13 AVG erstrecken sich ua auf Heilbehandlung (§ 14 Abs 1 AVG). Die Beklagte selbst hat schlüssig eingeräumt, daß sie in Durchführung dieser Vorschriften grundsätzlich auch Zuschüsse zu einer zahnärztlichen Behandlung einschließlich der Kosten für Zahnersatz gewähren kann (vgl § 11 der Rahmengrundsätze der BfA für die Gewährung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Versicherten und Rentnern bei allgemeinen Erkrankungen, DAngV 1967, 32; ferner Richtlinien über die Bewilligung von Zahnersatzbeihilfen für Versicherte der Angestelltenversicherung sowie Zahnersatz-Richtlinien für Angestelltenversicherte, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, aufgehoben mit Wirkung erst vom 1. Januar 1975 bzw 1. Oktober 1974, DAngV 1974, 450). Was nun den zeitlichen Anwendungsbereich der §§ 13, 14 AVG aF betrifft, so hat der erkennende Senat in dem Urteil vom 31. August 1977 - 1 RA 47/76 - bereits entschieden, daß diese Vorschriften - soweit im Einzelfall nicht später in Kraft gesetztes neues Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt - auch nach dem 30. September 1974 anwendbar bleiben, wenn die Ereignisse oder Umstände, die in bezug auf die begehrte Leistung der Rehabilitation den Anspruch des Versicherten auf Ausübung fehlerfreien Ermessens durch die Beklagte begründen (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), bereits vor dem 1. Oktober 1974 vorgelegen haben. Der Umstand, der - vergleichbar dem Versicherungsansprüche begründenden "Versicherungsfall" - eine Rehabilitationsmaßnahme der Beklagten in Form der Gewährung einer Beihilfe zur zahnärztlichen Behandlung (einschließlich prothetischer Versorgung) auslösen kann, kann allein darin liegen, daß es für die Beklagte aus den Gründen des § 13 Abs 1 AVG geboten ist, die beantragte zahnärztliche Behandlung durchzuführen. Auf die Rechnungsstellung durch den Zahnarzt kommt es dagegen nicht an; dieser Zeitpunkt richtet sich nach dem Belieben des Zahnarztes und wäre daher rein zufällig; außerdem fällt die Rechnungsstellung regelmäßig in eine Zeit, zu der die Behandlung bereits erfolgreich abgeschlossen ist, dh eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten im Sinne des § 13 Abs 1 aaO gar nicht mehr vorliegt. An dieser Stelle wird auch klar, daß in einem Fall der vorliegenden Art "eigentliche" Maßnahme der Rehabilitation nicht die Gewährung des Kostenzuschusses ist, sondern die zahnärztliche Behandlung (einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz). Da die Beklagte diese zahnärztliche Behandlung im Rahmen der hier anzuwendenden Vorschriften nicht als Sachleistung (voll) zu gewähren hat, vertritt der Kostenzuschuß allein zum Teil die eigentliche Rehabilitationsmaßnahme (zum Problem der Kostenzuschüsse als Maßnahmen einer teilweisen Rehabilitation vgl im übrigen den erkennenden Senat aaO). An die Gebotenheit der (zahn-) medizinischen Behandlung aus den Gründen des § 13 Abs 1 AVG, § 1236 Abs 1 RVO ist daher für die Bestimmung des zeitlichen Geltungsbereichs aller Normen anzuknüpfen, die eine sogenannte medizinische Rehabilitation durch den Träger der Rentenversicherung vorsehen. Ob anderes ausnahmsweise gelten könnte, wenn die Rehabilitationsmaßnahme erst nach dem späteren Inkrafttreten neuen Rechts beginnen kann, kann bei dem konkret zu prüfenden Sachverhalt dahinstehen. Daß ein Kostenzuschuß nur gewährt werden kann, wenn Kosten tatsächlich entstanden, dh die (zahn-) medizinische Maßnahme auch tatsächlich durchgeführt worden ist, liegt im übrigen auf der Hand.

Im vorliegenden Fall war eine zahnärztliche Behandlung von der Art, wie sie Dr. S durchgeführt hat, spätestens schon im Jahre 1973 erforderlich und geboten; tatsächlich ist sie auch bereits im März 1973 eingeleitet worden. Dies gilt grundsätzlich auch für die Versorgung mit dem Zahnersatz; nach den - knappen - Feststellungen des SG kann kein begründeter Zweifel daran bestehen, daß es zur endgültigen Versorgung mit dem Zahnersatz erst im Jahre 1975 nur deswegen gekommen ist, weil laut Behandlungsplan des Dr. S vom Juli 1973 die schrittweise abzuwickelnden anderen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen (Parodontosebehandlung, chirurgische Maßnahmen usw) zunächst hatten zu Ende gebracht werden müssen; es handelt sich insoweit um den letzten Teil einer planmäßigen zahnmedizinischen Gesamtbehandlung.

Rechtsgrundlage für das Leistungsbegehren des Klägers waren demnach im vorliegenden Fall die §§ 13, 14 AVG aF. Die Vorschriften des RehaAnglG, auf die das SG seine Entscheidung ausschließlich stützt, sind dagegen unanwendbar.

Hieraus folgt weiter, daß sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, sie habe ihre Richtlinien über die Gewährung von Zahnersatz ab 1. Januar 1975 aufgehoben. Diese haben zwar keine normative Kraft im engeren Sinn; immerhin bindet sich die Verwaltung durch sie selbst, aber naturgemäß immer nur im Rahmen der Vorschriften, deren Anwendung zu erleichtern sie gerade geschaffen sind (vgl hierzu zB BSG in DOK 1973, 230). Soweit der zeitliche Geltungsbereich einer Vorschrift reicht, müssen daher auch die zu ihr erlassenen Verwaltungsrichtlinien anwendbar sein. Die Anwendung der §§ 13 und 14 AVG sowie der hierzu ergangenen Richtlinien der Beklagten auf den Fall des Klägers werden nicht dadurch ausgeschlossen, daß - wie das SG meint - zu Zuschüssen einer gesetzlichen Krankenkasse Zuschüsse eines anderen Leistungsträgers nicht kumulierend hinzutreten können. Zum einen nehmen die Richtlinien der Beklagten selbst eine solche Kumulierung in Kauf (vgl zB § 19 Abs 4 der Rahmengrundsätze aaO). Zum anderen hat der erkennende Senat in der bereits mehrfach erwähnten Entscheidung vom 31. August 1977 gerade entschieden, daß nach der Zweckbestimmung von Rehabilitationsleistungen vorsehenden Normen eine Kumulierung von Zuschüssen, also von mehreren Leistungen einer nur teilweisen Rehabilitation bis zur Höhe der vollen Rehabilitation erlaubt und erwünscht ist.

Schließlich steht einer Beihilfe der Beklagten zur zahnärztlichen Behandlung und Versorgung nicht der Umstand entgegen, daß ihre Richtlinien eine Antragstellung vor Durchführung der zahnmedizinischen Maßnahmen vorsehen. Es kann dahinstehen, inwieweit ein Verstoß gegen in Verwaltungsrichtlinien aufgestellte formelle Erfordernisse überhaupt zu einer Leistungsverweigerung schlechthin berechtigen können; nach dem vom Kläger in Ablichtung vorgelegten Schreiben der BfA an die Deutsche Orchestervereinigung e. V. vom 11. Dezember 1973 - 8030 - Allgemeines/73 haben die Mitglieder der genannten Vereinigung den Antrag auf Leistungen auf Zahnersatz nach § 13 AVG "innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß der Behandlung" zu stellen. Insoweit sind die ursprünglichen Richtlinien modifiziert und überholt.

Nach alledem stützen die vom SG angeführten Gründe seine ablehnende Entscheidung nicht.

Indessen erlauben die vom SG festgestellten Tatsachen gleichwohl noch keine abschließende Entscheidung in der Sache. Möglicherweise liegt der Fall im Tatsächlichen so, daß die Beklagte trotz der soeben dargestellten Rechtslage Zuschüsse nicht zu gewähren braucht, weil die BKK der Landeshauptstadt D - jedenfalls zu einem wesentlichen Teil - die zahnärztliche Versorgung des Klägers nach § 182 Abs 1 Nr 1 RVO als Sachleistung zu gewähren hat mit der Folge, daß jegliche Leistungszuständigkeit der Beklagten entfällt. Das ergeben die nachfolgenden Überlegungen:

Nach dem vom SG vorgelegten Sachverhalt war Anlaß der 1973 aufgenommenen und erst 1975 abgeschlossenen zahnärztlichen Behandlung des Klägers eine fortgeschrittene parodontische Erkrankung mit erheblichem Verlust des Kieferstützgewebes. Die Parodontose (Pa), genauer Parodontopathie, stellt eine Sammelbezeichnung für alle chronischen krankhaften Prozesse des - auch knöchernen - Zahnhalteapparats (Parodontium) dar, die teils entzündlich, teils degenerativ (dystrophisch und atrophisch), teils in Mischformen auftreten (vgl zB Wannenmacher in DMW 1966, 967; ferner Fröhlich in ZM 1965, 780 und 835); Hauptsymptom der Pa ist die Lockerung und - schließlich - der Ausfall der Zähne. Durch sie gehen mehr Zähne verloren als durch die Zahnfäulnis (Karies; vgl H. und K. Dreyer, DOK 1965, 576). Der Bekämpfung der Pa widmet sich insbesondere auch die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie, die Richtlinien für die systematische Befunderhebung und Behandlung der Parodontopathien herausgegeben hat (abgedruckt zB in ZM 1974, 699). Nachdem die Kassenärzte bereits in den Dreißigerjahren zunächst mit der Reichswehr, später mit dem Verband der Angestelltenersatzkassen Verträge über eine systematische Behandlung der Pa abgeschlossen hatten (vgl ZM 1974, 687; Fröhlich, ZM 1965, 835), in der Folge andere gesetzliche Krankenkassen entsprechende Regelungen für ihren Mitgliederkreis getroffen hatten (vgl zB H. und K. Dreyer, aaO), haben die Bundesverbände der gesetzlichen Krankenkassen - ausschließlich derjenigen der Ersatzkassen - im Jahre 1974 durch eine entsprechende Änderung des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z) idF vom 26. Juni 1973 die Pa endgültig als Krankheit anerkannt, die sie zur Gewährung von zahnärztlicher Behandlung im Sinne des § 182 Abs 1 Nr 1 RVO verpflichtet (vgl Abschnitt A II Nr 1 und 2 der Änderungsvereinbarung zum BMV-Z vom 27. Mai 1974, abgedruckt zB in ZM 1974, 689). Wenngleich diese Änderungsvereinbarung - zum Zwecke allein der Honorierung der Zahnärzte durch die Krankenkassen - erst am 1. Juli 1974 in Kraft getreten ist (Abschnitt G aaO), bedarf es dennoch keiner Begründung, daß die Pa nicht erst zum 1. Juli 1974 Krankheit im Sinne der RVO geworden sein kann; sie muß dies naturgemäß schon vorher gewesen sein. Das belegt auch Nr I 7 des Gemeinsamen Rundschreibens der Bundesverbände der Orts-, Betriebs-, Innungs- und Landwirtschaftlichen Krankenkassen vom 1. Juli 1974 ua zur systematischen Behandlung von Parodontopathien, wonach auch die am 1. Juli 1974 bereits laufenden Behandlungsfälle erfaßt werden.

Ist aber die Pa eine Krankheit, für die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Mitgliedern nach § 182 Abs 1 Nr 1 RVO Krankenhilfe zu gewähren haben, so muß davon ausgegangen werden, daß die BKK der Landeshauptstadt D dem Kläger für die Pa-Behandlung nicht nur einen Kostenzuschuß, sondern voll zahnärztliche Behandlung als Krankenhilfe hätte gewähren müssen. Dies gilt jedenfalls für die "eigentliche" Pa-Behandlung; wieweit dies auch gelten könnte, als Dr. S dem Kläger auch "kieferorthopädische Behandlung" und Versorgung mit Zahnersatz zuteil hat werden lassen, mag vorerst dahinstehen. Neben einem Sachleistungsanspruch gegen eine gesetzliche Krankenkasse auf Pa-Behandlung kann dem Versicherten kein Anspruch auf Kostenbeteiligung gegenüber einem Rentenversicherungsträger in der Eigenschaft als Träger der medizinischen Rehabilitation zustehen.

Jeder zahnärztlichen Behandlung einer fortgeschrittenen Pa wohnt ein gewisser Grad auch von Rehabilitation inne; grundsätzlich wird jede schwere Pa die Erwerbsfähigkeit des Versicherten mindern oder doch gefährden, so daß die zahnärztliche Behandlung regelmäßig auch geeignet ist, die Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 13 AVG aF zu bessern oder wiederherzustellen (vgl dazu auch Tiedt, Rehabilitation durch die Rentenversicherung/hg v. VDR/Heft 33, 3). Im besonderen Maße wird dies für einen als Bläser in einem Symphonieorchester tätigen Musiker gelten dürfen. Das bedeutet jedoch nicht, daß neben der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährenden zahnärztlichen Behandlung noch eine "Zuständigkeit" des Rentenversicherungsträgers als Träger der medizinischen Rehabilitation bestehen könnte. Gesetzeskonstruktiv folgt dies aus § 16 Satz 1 AVG (= § 1239 Satz 1 RVO) alter wie neuer Fassung: Ist nämlich zum Zwecke der medizinischen Rehabilitation Heilbehandlung notwendig und ist zugleich durch einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Krankenhilfe zu gewähren, so kann der Rentenversicherungsträger nach dieser Vorschrift "anstelle des Trägers der Krankenversicherung" im Benehmen mit diesem die medizinischen Leistungen übernehmen. Die Formulierung des Gesetzes läßt keinen begründeten Zweifel, daß der Träger der Krankenversicherung in einer grundsätzlich eine Leistungszuständigkeit des Rentenversicherungsträgers ausschließenden "Alleinzuständigkeit" dem Versicherten Heilbehandlung als Sachleistung voll zu gewähren hat. Nach der Vorstellung des Gesetzes besteht mithin grundsätzlich keinerlei Zuständigkeit eines Rentenversicherungsträgers für eine medizinische Rehabilitation, soweit gleichartige medizinische Leistungen von einem Krankenversicherungsträger im Rahmen der Krankenhilfe (§ 182 RVO) zu erbringen sind. In der Amtlichen Begründung zum RehaAnglG heißt es demgemäß bei dem neugefaßten § 1239 RVO nF, daß "im übrigen die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Rentenversicherung und Krankenversicherung auch nach deren Einbeziehung in den Kreis der Rehabilitationsträger unberührt (bleibt)" (vgl Jung/Preuß, Rehabilitation, 2. Aufl, 256). Das gleiche folgt aus der Überlegung, daß sich der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nicht der nach § 182 Abs 1 Nr 1 RVO obliegenden Pflicht, seinen Versicherten die gebotene zahnärztliche Behandlung als Sachleistung zu gewähren, unter Hinweis auf eine "Zuständigkeit" auch des Trägers der Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation entziehen kann. Hierzu bedürfte er vielmehr einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Auch der BMA hat in einem Schreiben vom 17. Juli 1975 (zitiert bei Tiedt, aaO, S. 4) ausgeführt, es sei selbst durch das RehaAnglG "nicht beabsichtigt, das Verhältnis der Kranken- und Rentenversicherung sowie die Abgrenzung ihrer Aufgaben im Rahmen der Sozialversicherung zu verändern". Zum gleichen Ergebnis führt endlich auch die einfache Überlegung, daß für medizinische Rehabilitationsleistungen kein Raum bleibt, soweit ein Krankenversicherungsträger ohne Rücksicht auf eine mögliche Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers verpflichtet ist, die medizinische Maßnahme unverzüglich und uneingeschränkt als Sachleistung zu erbringen.

Schließt aber die Leistungszuständigkeit des Trägers der Krankenversicherung zur Gewährung von zahnärztlicher Pa-Behandlung als Sachleistung nach § 182 Abs 1 Nr 1 RVO eine Zuständigkeit des Trägers der Rentenversicherung zu einer gleichartigen Leistung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation aus, so hat auch die Beklagte - ohne daß irgendwelche Ermessensfragen zu prüfen wären - dem Kläger grundsätzlich keinen Kostenzuschuß zu gewähren; Voraussetzung ist freilich, daß die von Zahnarzt Dr. S erbrachten Leistungen zur Bekämpfung einer Pa überhaupt notwendig waren.

An diesem Ergebnis kann auch nichts der Umstand geändert haben, daß sich der Kläger von Dr. S als Privatpatient hat behandeln lassen. Es steht jedem Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse grundsätzlich frei, einen Zahnarzt als Privatpatient aufzusuchen und dadurch auf den Sachleistungsanspruch gegenüber seiner gesetzlichen Krankenkasse zu verzichten. Daß sich an seinem grundsätzlich gegebenen Rechtsanspruch auf die Sachleistung bestimmte Rechtsfolgen - hier Ausschuß einer Zuständigkeit der Beklagten - knüpfen, vermag auch eine privatärztliche Behandlung nicht zu verhindern.

Eine andere Frage ist es, ob dem Kläger nicht noch über den bewilligten Kostenbeitrag hinaus weitere Ansprüche gegen die BKK der Landeshauptstadt D zustehen. Der Anregung des Klägers, zu diesem Zweck diese BKK beizuladen, kann der Senat im Hinblick auf § 168 SGG nicht entsprechen. Indessen wird das SG nach der mit dieser Entscheidung - aus unten noch darzulegenden Gründen - ausgesprochenen Zurückverweisung der Sache sowohl die Frage der weitergehenden Ansprüche gegen die BKK als auch, im Zusammenhang damit, die Beiladung dieser Kasse zu prüfen haben (§ 75 SGG). Dabei wird das SG davon ausgehen dürfen, daß weitergehende Ansprüche des Klägers gegen die BKK - sei es im Betrag der mit den Ärzten abzurechnenden Sätze, sei es in voller Höhe der Behandlungskosten - nur in Frage kommen können, soweit es die Kasse dem Kläger gegenüber ausdrücklich oder schlüssig abgelehnt haben sollte, ihm Pa-Behandlung als Sachleistung kostenfrei zu gewähren und der Kläger nur aus diesem Grunde genötigt war, Dr. S als Privatpatient in Anspruch zu nehmen.

Indessen bedarf es zur Anwendung der soeben dargestellten Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall noch der Klärung, wieweit die dem Kläger von Dr. S in Rechnung gestellte zahnärztliche Behandlung überhaupt Pa-Behandlung war. Sicher ist allein, daß ein wesentlicher Teil der Behandlung durch Dr. S eine solche Behandlung war. Den Rechnungen des Zahnarztes ist aber auch zu entnehmen, daß er eine "kieferorthopädische Behandlung" und eine Versorgung mit Zahnersatz durchgeführt hat. Wieweit diese Behandlungen (zugleich) Pa-Behandlung gewesen sein können, ist ungeklärt. Was im einzelnen die von Dr. S vorgenommene kieferorthopädische Behandlung betrifft, so liegt auf der Hand, daß es sich hierbei nicht um eine kieferorthopädische Maßnahme im engeren, im landläufigen Sinne gehandelt haben kann. In diesem engeren Sinn wird sowohl im zahnmedizinischen Schrifttum wie in der Rechtsprechung des BSG nur eine Behandlung verstanden, durch die bei einem Kind oder bei einem Jugendlichen bis etwa zum Zahnwechsel im Falle der Zahnfehlstellung infolge einer Kieferanomalie das weitere Wachstum des Kiefers durch feste oder herausnehmbare Apparate günstig beeinflußt wird (vgl zB Nr IV 11 Abs 2 Satz 2 und 18 der ergänzten Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche kassenärztliche Versorgung - BAnz Nr 167 vom 6. September 1972 -, wo eine Abweichung der Zahnstellung und des Bisses allein der "Jugendlichen" erwähnt ist und ein kieferorthopädisches Einschreiten "möglichst mit Abschluß des Zahnwechsels" gefordert wird, das nur in besonderen Ausnahmefällen "auch noch nach Abschluß des Zahnwechsels bzw der Einstellung der zweiten Molaren" geboten erscheinen könne; vgl auch Schmuth, ZM 1962, 61 ff; Kirsch, Die Begutachtung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, 396 ff; die vom BSG zur Kieferorthopädie entschiedenen Fälle betreffen ebenfalls ausschließlich Kinder oder Jugendliche, vgl BSGE 35, 10 = SozR Nr 52 zu § 182 RVO; SozR Nr 56 aaO; SozR 2200 § 182 Nr 11). Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, daß gerade auch bei einem erwachsenen Pa-Kranken zahnärztliche Maßnahmen erforderlich werden, die sich in einem weiteren Sinne dem Begriff der Kieferorthopädie unterordnen lassen. Die bereits oben erwähnten Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie für die systematische Behandlung der Pa erwähnen in Abschnitt III Nr 5 als Behandlungsmaßnahme ausdrücklich "kieferorthopädische Maßnahmen, zB Rückführung gewanderter Zähne, Schließen von Diastemata, Schaffung günstiger Voraussetzungen für die prothetische Behandlung".

Mithin bedarf es vorliegend der Klärung, ob die von Dr. S in Rechnung gestellte "kieferorthopädische" Behandlung integrierender Bestandteil der zahnärztlich gebotenen Behandlung der Pa des Klägers war; bejahendenfalls hätte der Kläger auch insoweit Anspruch gegen die BKK auf zahnärztliche Behandlung; im Falle der Verneinung kommt dagegen ein Zuschuß der Beklagten als weitere Teilleistung einer (zahn-) medizinischen Rehabilitation durch die Beklagte nach den oben dargestellten Grundsätzen in Betracht.

Weitere Voraussetzung ist dann freilich, daß der Kläger durch die Erkrankung des Zahnbettes in seiner Erwerbstätigkeit gemindert oder zumindest gefährdet und die von Dr. S durchgeführte Behandlung geeignet war, seine Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 13 AVG zu erhalten, wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen.

Zur Klärung aller dieser tatsächlichen Fragen muß ein zahnmedizinischer Sachverständiger mit besonderem Fachwissen auf dem Gebiet der Parodontologie gehört werden. Zu diesem Zweck war mithin das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Was nun schließlich die Versorgung des Klägers mit Zahnersatz (einschließlich Kronen und Brücken) betrifft, so besteht insoweit gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sowohl nach dem bis zum Inkrafttreten des RehaAnglG geltenden Recht (vgl BSGE 22, 67, 68 = SozR Nr 4 zum RAM-Erlaß über Krankenversicherung vom 2. November 1943; BSGE 35, 105, 107 = SozR Nr 55 zu § 182 RVO; BSG SozR 2200 § 182 Nr 11) als ausdrücklich auch nach § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d RVO idF des RehaAnglG nur ein Anspruch auf Kostenzuschüsse, wobei freilich auch die Übernahme der vollen Kosten ausdrücklich in Betracht kommt. In bezug auf den Zahnersatz käme also eine zusätzliche Kostenbeteiligung seitens der Beklagten als Träger der medizinischen Rehabilitation durchaus in Frage. Abschließend kann der Senat indessen auch dies nicht entscheiden. Zum einen fehlt auch hier - wie schon bei der "Kieferorthopädie" - eine Feststellung des SG über eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Zahnlosigkeit und über die Gebotenheit einer zahnprothetischen Versorgung als Maßnahme der zahnmedizinischen Rehabilitation. Zum anderen war nach dem Behandlungsplan des Zahnarztes Dr. S schon vom Juli 1973 der Zahnersatz letzter Schritt der Behandlung der beim Kläger vorliegenden Pa. Nach der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG (Urteil vom 11. November 1975 in SozR 2200 § 182 Nr 11) kann aber dann, wenn die zahnprothetische Versorgung integrierender Teil einer sonst als Sachleistung zu gewährenden zahnärztlichen Gesamtbehandlung ist, möglicherweise ein Anspruch auch bezüglich der Zahnprothetik als Sachleistung entstehen. Freilich wird dies angesichts der für den Zahnersatz bestehenden gesetzlichen Sonderregelung nur ausnahmsweise und in engen Grenzen möglich sein. Da nach Abschnitt III C Nr 1 c und 4 der bereits mehrfach erwähnten Pa-Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie prothetische Maßnahmen Teil der Pa-Behandlung sein können (vgl dazu auch Michel in ZM 1965, 1203, 1204), ist diese Frage unter Anhörung eines zahnärztlichen Sachverständigen ebenfalls noch zu klären. Sollte die Möglichkeit einer Einbeziehung der Zahnprothetik in den Kreis der von der BKK zu gewährenden Sachleistung ausscheiden, so wird das SG auf einen entsprechenden Hilfsantrag des Klägers zur Verurteilung der - noch beizuladenden - BKK zu einer zusätzlichen Leistung auch zu prüfen haben, inwieweit diese nach pflichtgemäßem Ermessen die Kosten der prothetischen Behandlung in höherem Maße, ggf in vollem Umfange zu übernehmen hätte. Bei voller Kostenübernahme läge eine Vollleistung des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung vor, neben der eine gesetzliche Leistungszuständigkeit des Rentenversicherungsträgers im Rahmen der medizinischen Rehabilitation naturgemäß ebenfalls nicht in Frage käme.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen und der Kostenausspruch der abschließenden Entscheidung in der Sache vorzubehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1651640

BSGE, 212

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