Rn 27

Leistung und Gegenleistung müssen nach dem Wortlaut der Norm gleichwertig sein. Fehlt die Gleichwertigkeit, liegt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor. Der Wert von Leistung und Gegenleistung beurteilt sich – ebenso wie die Gläubigerbenachteiligung als allgemeine Voraussetzung der Insolvenzanfechtung – allein nach objektiven Kriterien; subjektive Vorstellungen der Vertragspartner von der Gleichwertigkeit sind unbeachtlich.[102] Auch Liebhaberinteressen, die in den Marktpreis keinen Eingang finden, sind unbeachtlich.[103] Maßgebend ist mithin in erster Linie der "Normalverkaufspreis", d.h. der für (die Leistung oder Gegenleistung) am Markt erzielbare Preis. Eine erschwerte Verwertbarkeit kann sich daher wertmindernd auswirken.[104] Befriedigungstauglich muss die Gegenleistung hingegen nicht sein, um als gleichwertig zu gelten.[105] Vielmehr kann die Leistung aus dem Vermögen des Schuldners auch durch die Überlassung von Gegenständen zur Miete, durch Werk- oder Dienstleistungen ausgeglichen werden.[106] Sanierungsbemühungen können daher auch dann eine gleichwertige Gegenleistung sein, wenn diese gescheitert sind.[107] Anders ist die Rechtslage aber dann, wenn die Sanierungsbemühungen objektiv wertlos sind (siehe auch unten Rn. 34).[108] So kann beispielsweise auf der Grundlage (zuvor bereits eingeholter) Gutachten der Schuldner selbst den Insolvenzantrag stellen, ohne erneut einen anwaltlichen Berater hinzuziehen.[109]

 

Rn 28

Unberücksichtigt bleiben bei dem Wertvergleich "sonstige" Vorteile als die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, die dem Schuldnervermögen und damit letztlich den Insolvenzgläubigern zu Gute kommen.[110] Die im Schadensersatzrecht geltenden Grundsätze der Vorteilsanrechnung können nicht zur Begründung eines Bargeschäfts in das Anfechtungsrecht mit seiner unterschiedlichen Zielsetzung übertragen werden.[111] Keinen Eingang in die Wertberechnung der Gegenleistung findet etwa der Umstand, dass durch diese der Betrieb des Schuldners aufrecht erhalten bleibt. Besichert eine Konzerntochter einen der Muttergesellschaft gewährten Bankkredit, kommt als Gegenleistung ebenfalls nicht irgendein, sondern nur ein konkreter wirtschaftlicher (bzw. verkehrsüblicher) Nutzen in Betracht.[112]

[102] BGH NZI 2002, 311 (313) [BGH 07.03.2002 - IX ZR 223/01]; Uhlenbruck-Hirte, § 142 Rn. 7; FK-Dauernheim, § 142 Rn. 2; HK-Kreft, § 142 Rn. 7; Smid-Zeuner, § 142 Rn. 2; Ehricke, in: Bork (Hrsg.), Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 4 Rn. 41; Zeuner, Rn. 53.
[103] MünchKomm-Kirchhof, § 142 Rn. 9.
[104] MünchKomm-Kirchhof, § 142 Rn. 9.
[105] Schmidt-Rogge, § 142 Rn. 12; FK-Dauernheim, § 142 Rn. 2; MünchKomm-Kirchhof, § 142 Rn. 9.
[106] BGHZ 166, 125 (139); OLG Stuttgart ZInsO 2006, 275 (276); MünchKomm-Kirchhof, § 142 Rn. 9.
[110] Kübler/Prütting-Paulus, § 142 Rn. 16; Braun-Riggert, § 142 Rn. 19.
[111] BGH NJW 1986, 1496 [BGH 30.01.1986 - IX ZR 79/85] (1498 m.w.N.).
[112] MünchKomm-Kirchhof, § 142 Rn. 9a.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge