Rn 19

In Anlehnung an die Rechtsprechung zu den beinahe wortgleich formulierten § 125 Abs. 1 Satz 2 und § 1 Abs. 5 S. 3 KSchG liegt eine wesentliche Änderung vor, wenn der Insolvenzverwalter einen Beschluss zur Betriebsstilllegung, auf den im Verfahren nach § 126 die Betriebsbedingtheit der Kündigung gestützt wurde, widerruft, weil er doch noch einen Betriebserwerber gefunden hat.[26] Ferner kann eine wesentliche Änderung auch dann gegeben sein, wenn sozial schutzwürdigere Arbeitnehmer ihre Arbeitsverhältnisse durch Eigenkündigungen beendet haben und dies Auswirkungen auf die Sozialauswahl hinsichtlich der übrigen Arbeitnehmer hat.

 

Rn 20

Fraglich ist, was gilt, wenn sich herausstellt, dass weniger Arbeitnehmer als zunächst gedacht entlassen werden müssen. Dass dies immer eine wesentliche Änderung der Sachlage darstelle, kann in dieser Allgemeinheit nicht gesagt werden.[27] Richtig ist vielmehr, dass sich die Sachlage nur dann wesentlich geändert hat, wenn sich die Zahl der zur Kündigung vorgesehenen Arbeitnehmer erheblich, also mehr als nur geringfügig, verringert hat.[28] Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, ist eine Frage des Einzelfalls, wobei als Orientierung die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG herangezogen werden können. So genügt es für die Annahme einer wesentlichen Änderung der Sachlage noch nicht, wenn von 47 Filialen nicht – wie beabsichtigt – 24, sondern lediglich 22 geschlossen werden.[29]

 

Rn 21

Ebenfalls keine wesentliche Veränderung der Sachlage liegt vor, wenn ein Arbeitsplatz frei geworden ist, auf dem ein zu kündigender Arbeitnehmer beschäftigt werden kann.[30]

[27] So allerdings HK-InsO/Linck, 10. Aufl. 2020, § 127 Rn. 8; Kübler/Prütting/Bork/Schöne, InsO, 82. Lfg. 2019, § 127 Rn. 28.
[30] BAG 23.10.2008, 2 AZR 163/07, juris, Rn. 50.

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